Big Ideas. Das Film-Buch. John Farndon

himmlischer Sünder (1943) Die Frau im Hermelin (1948)

      ES IST HEISS HIER AM OFEN

      OSSESSIONE – VON LIEBE BESESSEN / 1943

       IM KONTEXT

      GENRE

       Film noir, Romanze

      REGIE

       Luchino Visconti

      DREHBUCH

       Luchino Visconti, Mario Alicata, Guiseppe De Santis, Gianni Puccini (Drehbuch); James M. Cain (Roman)

      STARS

       Clara Calamai, Massimo Girotti, Juan de Landa

      FRÜHER

      1935 Visconti beginnt seine Filmkarriere als Regieassistent bei Jean Renoirs Drama Toni.

      SPÄTER

      1946 Tay Garnetts Wenn der Postmann zweimal klingelt ist die erste US-Adaption des Romans mit Lana Turner und John Garfield.

      1981 Die zweite US-Version ist mit Jack Nicholson und Jessica Lange besetzt.

      Als Luchino Viscontis Regie-Erstling in Italien erschien, missbilligte ihn das faschistische Regime. Außerdem gab es Urheberrechtsprobleme. Trotz allem hat Viscontis unautorisierte Adaption von James M. Cains Kriminalroman von 1934 Wenn der Postmann zweimal klingelt die Zeiten ebenso überdauert wie die späteren Hollywood-Versionen.

       Studie der Eifersucht

      Vor seinen üppigen, melodramatischen späteren Werken wie Sehnsucht (1954), die Visconti berühmt machten, schuf der Regisseur Ossessione. Der Film ist geprägt von seiner Zeit als Assistent des französischen Regisseurs Jean Renoir, der ihm Cains Buch erstmals in die Hand gedrückt hatte. Er wurde als erster neorealistischer italienischer Film gepriesen, der in der sengenden Hitze des Po-Deltas die Lebenswirklichkeit hautnah einfängt.

      Ossessione ist ein Krimi, doch Visconti zeigt vor allem Verzweiflung und Eifersucht. Beide Hauptfiguren stecken fest: die eine in einer Ehe, die andere auf der Straße. Kein Protagonist ist eindeutig Held oder Heldin. Der Landstreicher Gino (Massimo Girotti) ist heruntergekommen und pleite, die schöne, ausgenutzte Giovanna (Clara Calamai), verheiratet mit dem schmuddeligen Gastwirt Giuseppe (Juan de Landa), spielt nie die Femme fatale. In Viscontis Augen ist Giovanna keine Verführerin und Gino kein Bösewicht. Es ist der Druck des Kapitalismus, der die Arbeiterklasse irreleitet. Diese Sicht verärgerte die Faschisten derart, dass die Zensur die Masterkopie zerstörte. Zum Glück besaß Visconti eine zweite.

      »Ein Film, der nach Latrine stinkt.«

      Gaetano Polverelli Mussolinis Kulturminister

      Ebenfalls sehenswert: Wenn der Postmann zweimal klingelt (1946) Fahrraddiebe (1948) Der Leopard (1963) Tod in Venedig (1971)

      WIE EINZIGARTIG UNSCHULDIG ICH HEUTE MORGEN AUSSEHE

      LAURA / 1944

       IM KONTEXT

      GENRE

       Film noir, Romanze

      REGIE

       Otto Preminger

      DREHBUCH

       Jay Dratler, Samuel Hoffenstein, Elizabeth Reinhardt (Drehbuch); Vera Caspary (Roman)

      STARS

       Gene Tierney, Dana Andrews, Clifton Webb

      FRÜHER

      1940 Tierney hat ihr Leinwanddebüt in Fritz Langs Rache für Jesse James.

      SPÄTER

      1955 Premingers Der Mann mit dem goldenen Arm handelt von Drogensucht, einem von mehreren kontroversen Themen seiner Filme.

      1959 In Anatomie eines Mordes zeigt Preminger Vergewaltigung offener als je zuvor in einer Hollywoodproduktion.

      Laura ist der Inbegriff des Film noir, dennoch sieht man ihn am besten als abgewandelte Romanze. Otto Preminger präsentiert eine Dreiecksgeschichte mit Mord. Der New Yorker Detective Mark McPherson (Dana Andrews) verliebt sich in die Titelfigur (Gene Tierney), die schöne Angestellte einer Werbeagentur, die zu Beginn des Films offenbar an ihrer Wohnungstür niedergeschossen wird. McPhersons Nachforschungen fährt alle Elemente einer Detektivgeschichte auf – Lauras unberechenbaren Playboy-Schönling, ihre heuchlerische Tante und ihren übertrieben beschützerischen besten Freund – doch Preminger verleiht dem Film eine seltsame traumartige Qualität. Laura selbst untergräbt die Femme-fatale-Formel: Tierney spielt sie als unwissentliche Sirene, ihres Zaubers unbewusst.

      Das geistreiche Drehbuch des Films überzeugt bis heute und das Hauptthema der schwelgerischen Filmmusik wurde zu einem Jazzstandard.

      Autor Waldo Lydecker (Clifton Webb, Mitte) und Playboy Shelby Carpenter (Vincent Price) sind zwei der Verdächtigen in Lauras Leben.

      Ebenfalls sehenswert: Todsünde (1945) Die Killer (1946) Goldenes Gift (1947) Anatomie eines Mordes (1959)