Seewölfe - Piraten der Weltmeere 372. Burt Frederick. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Burt Frederick
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397693
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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-769-3

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Burt Frederick

Die Nacht der langen Messer

      Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       1.

      „Es ist ein Strafgericht“, sagte der Mann mit bebender Stimme. Er bekreuzigte sich und legte den Arm wieder fest um die Schultern seiner Frau, die unablässig ihre Gebete murmelte. „Havanna ist dem Untergang geweiht. Diese Stadt war schon immer ein Sündenpfuhl. Es ist der Wille des Herrn, ihn zu vernichten. Wir können nichts dagegen tun.“

      Die beiden fast erwachsenen Söhne des Ehepaares standen bei den Fenstern des verdunkelten Raumes und spähten auf die Gassen hinunter.

      „Vater, verzeih, aber du redest Unsinn.“ Der ältere Junge sagte es kopfschüttelnd, ohne den Blick zu wenden. „Eine Horde von Galgenstricken ist über die Stadt hergefallen. Und jetzt kriecht das lichtscheue Gesindel aus allen Ecken und Winkeln und verbündet sich mit den Kerlen. Das ist doch kein Zufall oder Schicksal oder so was.“

      „Der Wille des Herrn schon gar nicht“, fügte der jüngere Sohn energisch hinzu.

      Die Frau unterbrach ihr monotones Gemurmel.

      „Schweigt!“ rief sie mit tränenerstickter Stimme. „Ihr habt kein Recht, die Worte eures Vaters anzuzweifeln. Beten solltet ihr! Betet, daß wir verschont werden.“

      „Pah!“ rief der ältere Sohn verächtlich. „Das hilft uns auch nicht weiter. Die Bürger sind sowieso alle viel zu feige. Wir sollten hinausgehen und uns gemeinsam verteidigen. Aber es gibt ja keine Einigkeit. Und zu zweit können wir es beim besten Willen nicht schaf…“

      „O verdammt, sieh dir das an!“ unterbrach ihn sein jüngerer Bruder aufgeregt.

      Doch auch ohne seinen Hinweis wäre es nicht zu übersehen und vor allem nicht zu überhören gewesen.

      Eine neue Horde von verdreckten und zerlumpten Kerlen wogte mit wildem Gejohle und schrillen Lauten der Vorfreude heran. Einige trugen Fackeln, und der flackernde Schein warf gespenstische Schatten auf ihre wilden Gesichter.

      Jene indessen, die in der Mitte des Pulks voranstürmten, trugen einen Schaluppenmast. In ihren Mienen lag Triumph, herrührend aus der Erkenntnis, daß sie mit ihrer Idee alle anderen ausstechen würden, daß ihrer Grausamkeit keine Grenzen mehr gesetzt waren und ihre Beute reicher sein würde als die ihrer Kumpane im übrigen Hafengebiet.

      Der Lärm der Marodeure und Galgenvögel war allgegenwärtig und pflanzte sich immer weiter stadteinwärts fort. Nachdem sie sich in den Kneipen Mut angetrunken und alles kurz und klein geschlagen hatten, waren die entfesselten Horden aufgebrochen, um die Bürgerhäuser auszuplündern.

      Die Bedrohung, die jetzt heranwalzte, übertraf alle bisherigen Schrecken.

      Havanna würde in dieser Nacht zum 13. März des Jahres 1594 in Flammen aufgehen. Das Verderben schien unabwendbar zu sein.

      Die beiden Jungen, die fast schon Männer waren, sperrten erschrocken den Mund auf, während sie hinausstarrten. Sie achteten nicht mehr auf ihren Vater und ihre Mutter, die sich umschlungen hielten wie Kinder und das Verhängnis in ohnmächtiger Tatenlosigkeit erwarteten.

      „Ist dir klar, was die mit dem Mast anstellen werden?“ flüsterte der ältere Sohn.

      „Für wie dumm hältst du mich?“ entgegnete sein Bruder dumpf. „Sie werden das Ding als Rammbock benutzen. Aber unsere Tür ist verbarrikadiert. Dagegen können sie nichts …“

      „Du Narr! Die lächerlichen Tische und Stühle fegen sie weg wie nichts.“

      Der jüngere Sohn schwieg. In seinem glatten Kindergesicht waren die Lippen nur noch ein blutleerer Strich.

      Unten in der Gasse schwoll der Lärm an. Die Kerle verharrten wie eine Flutwelle, die von einem plötzlichen Hindernis aufgehalten wurde. Jene, die den Schaluppenmast trugen, schwenkten herum. Die anderen wichen grölend beiseite, rempelten sich gegenseitig an, hieben sich auf die Schultern oder lagen sich kumpelhaft in den Armen und setzten Flaschen an den Mund.

      Einige hatten sich mit Perlenketten und anderem Schmuck behängt. Einer stand mitten im Gewühl und spielte mit Silbermünzen, die er fortwährend in die Luft warf wie ein Jongleur, von einer Hand zur anderen. Die beiden Jungen sahen, wie sich Blicke nach oben richteten. Fäuste wurden geschüttelt, wüste Verwünschungen gebrüllt.

      Unwillkürlich wichen die Jungen vom Fenster zurück. Aber sie überwanden ihren Schreck.

      „Los“, sagte der ältere, „jetzt gibt es nur noch eins, was wir tun können. Oder bist du zu feige?“

      „Nein!“ rief der jüngere protestierend. Und er folgte seinem Bruder zur Tür, die ins Treppenhaus führte.

      Der Vater erwachte aus seiner Lethargie.

      „Hiergeblieben!“ überschrie er das Gebetgemurmel seiner Frau. „Wollt ihr wohl hierbleiben!“

      Aber die Söhne hörten nicht auf ihn. Er sank wieder in sich zusammen und unternahm keinen weiteren Versuch, sie an ihrem Vorhaben zu hindern.

      Durch den Hausflur dröhnte der erste Rammstoß, als die beiden Jungen den uralten Blunderbuss holten. Im kleinen Raum unter der Treppe luden sie die Waffe mit bebenden Händen.

      Das Gegröle der Horde brandete gegen die Fassade, die Mauersteine schienen jetzt zerbrechlich und spendeten keinen Schutz mehr. Im nächsten Moment krachte der Schaluppenmast erneut gegen das Türholz. Das berstende Geräusch, das diesmal entstand, ging den Jungen durch Mark und Bein. Etwas polterte. Einer der Stühle, die sie zusammen mit den Tischen ineinander verkeilt hatten, mußte umgestürzt sein. Gegen ein paar Kerle, die mit ihren Schultern versucht hätten, die Tür aufzubrechen, wäre diese Barrikade wirksam gewesen. Aber gegen den Mast, der den Umfang einer jungen Pinie hatte?

      „Schnell!“ flüsterte der Ältere, der das Gewehr mit der trichterförmigen Mündung jetzt in beiden Händen hielt. „Die Kerze!“

      Sein Bruder wußte Bescheid. Er huschte, mit dem flackernden Licht los, barg die Flamme hinter der Handfläche und stellte die Kerze in der Mitte des Korridors auf. Sie hatten diesen schlimmen Ernstfall nicht erwartet. Aber sie hatten in ihren jugendlich beherzten Köpfen doch erwogen, was sie notfalls unternehmen konnten. Wenn sie innerlich auch vor Furcht bebten, so waren sie doch fest entschlossen, ihren Abwehrplan in die Tat umzusetzen. Sie würden der wilden Meute Widerstand leisten und sich nicht verkriechen, wie ihre Eltern und all die anderen Bürger das taten.

      Der Jüngere hastete zurück, als der dritte Rammstoß erfolgte.

      Diesmal