„Das ist richtig.“
„Eben, und das würde uns binden. Wir wären dann keine Korsaren mehr. Gewiß, wir würden gegen die Piraten im Mittelmeer kämpfen. Aber wir könnten nicht mehr gegen die Spanier vorgehen, wie wir uns das vorstellen.“
„Was haben Sie vor, Hasard?“ erkundigte de la Vallette sich ruhig.
„Unsere Herzen schlagen nach wie vor für England, Sir, wenn wir dort auch niederträchtig behandelt worden sind. Aber alle Intrigen, so glaube ich, gingen nicht von der Königin, sondern von den Hofschranzen, Emporkömmlingen, Intriganten und Neidern aus. Wir kämpfen nach wie vor für Englands Sache. Man nennt mich den Bastard, und wahrhaftig, ich bin weder ein richtiger Engländer noch Spanier noch Deutscher. Aber drüben in Cornwall bin ich aufgewachsen – dort hat meine Wiege gestanden, wenn Sie so wollen. Es wird Krieg zwischen England und Spanien geben, Sir, und wir Männer der ‚Isabella‘ wollen zumindest zum massiven Widerstand gegen eine Invasion beitragen.“
Die Miene des Großmeisters war ernst, aber sie spiegelte keine abweisenden Empfindungen.
„Ich verstehe Sie, Hasard“, erwiderte er.
„Dafür bin ich Ihnen aufrichtig verbunden, Sir.“
„Sie werden in die Karibik zurückkehren, nicht wahr?“
„So bald wie möglich.“
„Es ist gut, diese Dinge zu klären, bevor Mißverständnisse entstehen – und daraus fatale Schritte.“
Hasard räusperte sich. „Ein Seewolf ist eine seltsame Kreatur. Nicht gerade vogelfrei, nein – ganz bestimmt nicht. Aber doch ungebunden und selbständig in seinen Entscheidungen.“ Er drehte sich seiner Crew zu, diesen zwanzig hartgesottenen, in hundert Schlachten erprobten Männern. „Ist jemand anderer Meinung als ich? Bitte, ihr habt die Wahl. Ihr wißt, daß ich keinen zwinge, bei mir zu bleiben.“
Keiner trat vor.
Wieder hatte sich Schweigen ausgebreitet, doch diesmal hatte es beinahe etwas Beklemmendes an sich.
Jean de la Vallette-Parisot löste die Spannung, indem er lächelte und sagte: „Großartig, wie diese Mannschaft hinter Ihnen steht, Philip Hasard Killigrew. Ich beglückwünsche Sie zu dieser Crew. Und ich spreche Ihnen meinen Segen aus. Möge Gott Sie auf all Ihren Fahrten begleiten. Ich bedaure, daß Sie nicht die Nachfolge Ihres Vaters Godefroy von Manteuffel antreten, sehe aber ein, daß Sie nichts, aber auch gar nichts halten kann und darf. Nur eins sollen Sie noch wissen: Was immer geschieht, hier auf Malta, beim Orden der Kavaliere, finden Sie stets Zuflucht und brüderliche Freundschaft. Wir werden nie vergessen, daß Sie und Ihre Männer die Insel vor einem vernichtenden Schlag der Gegner bewahrt haben.“
Hasard wollte etwas erwidern, aber in diesem Augenblick wurde von außen gegen die Doppeltür geklopft. Die Wache öffnete – Henrik Argout, der Hafenkapitän, betrat den Thronsaal.
„Verzeihung, Hoheit“, sagte er zu de la Vallette. „Ich will nur die Heimkehr der Schiffe melden, die heute von Sizilien zurückerwartet wurden. Sie haben sich unseren zwei Galeassen und vier Galeonen angeschlossen und suchen den Schauplatz des Gefechts nach Überlebenden ab.“ Er blickte zu Hasard. „Meine Güte, mit welchem Tempo Sie diese Piratenschiffe zum Sinken gebracht haben! Dabei hatten Sie nur drei Schiffe, Killigrew.“
„Das war keine Frage der zahlenmäßigen Stärke“, erwiderte Hasard. „Wir haben die Überrumpelungstaktik angewandt. Ich bin nur heilfroh, daß keiner meiner Männer und auch von den zwölf Maltesern niemand verwundet worden ist.“
Argout lachte. „Die Aradschys haben die Abreibung ihres Lebens erhalten. Barud hat sich nach Nordwesten verzogen, als säßen ihm sämtliche Teufel der Hölle im Nacken. Unsere Flotte hat von einer Verfolgung abgesehen.“
„Ja“, sagte Hasard. „Vorerst haben die Piraten die Nase voll. Und Humun Aradschy und Lorusso? Sind sie gefunden worden?“
„Soviel ich weiß, noch nicht. Aber sicherlich befinden sie sich unter den Schwerverletzten oder gar unter den Toten, die in der See treiben“, erwiderte Henrik Argout.
Hasard hätte ihm gern Glauben geschenkt.
Dennoch hatte er ein ungutes Gefühl.
Und seine Ahnungen trogen ihn selten.
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