Seewölfe - Piraten der Weltmeere 268. Fred McMason. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred McMason
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954396641
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Piratenseglern, der von Benghasi ausgelaufen war und an Maltas Küsten ein bißchen räubern wollte.

      Ali ließ auf die Feluke zuhalten, und auch der Segler änderte leicht den Kurs.

      Drüben hatte man Uluch Ali erkannt und war erstaunt, daß er mit neun anderen Männern in einem Beiboot hockte. Uluch Ali in einem Beiboot!

      Die Kerle glotzten sich die Augen aus, aber als Ali mit seinen Kerlen an Bord enterte und sie sein finsteres und blutverkrustetes Gesicht sahen, da wagte nicht einmal der Kapitän des Piratenschiffes eine voreilige Frage zu stellen, denn er kannte Alis sonniges Gemüt.

      So, wie der alte Haudegen jetzt aussah, war er durchaus in der Lage, noch vor Anbruch der Dunkelheit die ersten dummen Frager über Bord werfen zu lassen.

      Das Beiboot wurde an Bord genommen, Ali stellte sich aufs Achterdeck des Feluke und sah den Kapitän an.

      „Du segelst jetzt nach Tripolis, verstanden?“

      Dem schlitzohrigen Banditen war es eine Ehre, Uluch Ali an Bord zu haben, und so vollführte er einen Kratzfuß und nickte schnell.

      „Was immer ihr befehlt, o Erhabener, es wird in meinem unwürdigen Leben eine ewige Freude sein. Seid willkommen an Bord, o Herr. Ihr habt stets einen unterwürfigen Diener vor euch.“

      „Das würde ich dir auch raten“, sagte Ali finster.

      „Ihr seid verletzt, Erhabener“, stellte der Kapitän fest, um Ali ein bißchen aus der Reserve zu locken. Vielleicht sagte er dann, was passiert war.

      „Ja, ein Streifschuß“, teilte Ali gnädig mit. „Aber das ist nicht weiter schlimm. Wie heißt der Bulle dort vorn an Deck?“ fragte er und zeigte auf einen blatternarbigen Kerl mit riesigen Fäusten und einem Gesicht, das so aussah, als hätte er mindestens hundert Menschenleben auf dem Gewissen.

      „Das ist Mutlaq, Erhabener. Ein dummer Kerl.“

      „Aber sehr kräftig, was?“

      „Außergewöhnlich kräftig, Erhabener.“

      Fast wohlwollend blickte Ali nun den Kapitän an.

      „Er kann auch kräftig zuschlagen, wie?“

      „Ungewöhnlich kräftig, Erhabener.“

      „Das ist schön. Ich habe da neun Feiglinge mitgebracht. Räudige Schakale, die daran schuld sind, daß mein Flaggschiff gekapert wurde. Ich denke, Mutlaq kann sie mal ein bißchen durchdreschen. Ruf ihn her!“

      Der Grobschlächtige erschien dümmlich grinsend unter vielen Verbeugungen auf dem Achterdeck. Vor Uluch Ali warf er sich auf die Knie und blickte aus stupiden Augen wie ein kranker Hund zu ihm auf.

      „Gib ihm ein Goldstück, Kapitän!“ befahl Ali.

      Der Grobschlächtige erhielt ein Goldstück, verbeugte sich wieder grinsend und fiel über seine eigenen Füße.

      „Nimm dir eine Peitsche oder einen Knüppel“, sagte Ali wohlwollend. „Wir werden etwa übermorgen in Tripolis sein. Bis dahin will ich von diesen neun räudigen Ratten keinen einzigen mehr stehend an Deck sehen. Du wirst sie ordentlich durchpritschen, einen nach dem anderen, und wenn du nicht kräftig genug zuschlägst, dann werde ich dir zeigen, wie geschlagen wird. Und jetzt hau ab! Schlag die Kerle aber nicht tot. Sie sollen nur bestraft werden.“

      Mutlaq fiel wieder auf die Knie, bedankte sich überschwenglich und befolgte unverzüglich Alis Befehl.

      Bald darauf ertönte das Gebrüll der „neuen räudigen Ratten“, so laut über das Deck, daß sich die anderen Schnapphähne entsetzt verkrochen. Der Bulle schnappte sich einen nach dem anderen und drosch ihn mit der Peitsche durch, bis der Mann wimmernd zusammenbrach.

      „Schläge läutern die Seele“, sagte Ali gönnerhaft. „Sie sind ein gutes Mittel, Feiglinge erstarken zu lassen. Das hat schon der Prophet Mohammed verkündet.“

      „Ja, Erhabener“, murmelte der Kapitän, der laut schreien mußte, um überhaupt verstanden zu werden, denn bei dem Gebrüll vom Vordeck wurde jedes andere Geräusch übertönt.

      Ali sah wohlwollend zu, bis auch der letzte der neun Feiglinge unter den Schlägen zusammenbrach und sich auf die Planken streckte. Zwischen den hingemähten Kerlen aber stand grinsend der Riese Mutlaq, die Peitsche in der Hand und lauerte darauf, daß sich einer bewegte. Dikke Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, und er blickte beifallheischend zum Achterdeck.

      „Ein guter Mann“, sagte Ali. „Gesund, sehr kräftig und stark. Du solltest ihn zum Steuermann befördern, Kapitän. Er hat mir sehr gefallen.“

      „Ja, Erhabener. Darf ich bemerken, daß er sehr dumm ist?“

      „Natürlich darfst du das bemerken, Kapitän.“

      „Er ist dümmer als leeres Maisstroh, Erhabener.“

      „Ja, so sieht er auch aus.“

      „Er – er ist der dümmste Hund, den ich kenne, Erhabener.“

      „Vergiß nicht, ihm zum Steuermann zu befördern“, riet Ali. „Und jetzt zeige mir meine Kammer, ich will mich ausruhen.“

      Also wurde der dümmste Hund, den der Kapitän kannte, zum Steuermann befördert.

      Die Feluke segelte weiter, Kurs Tripolis, und der neuernannte Steuermann stand zum Leidwesen des Kapitäns die ganze Nacht wie aus Stein gehauen auf dem Achterdeck und kniff vor Aufregung kein Auge zu.

      Auch am anderen Morgen stand er noch so da, und so hatte Ali wieder einen treuen Diener, der ihm mit hündischer Ergebenheit gehorchte und bedenkenlos sein Leben für ihn gegeben hätte.

      Und zu Alis morgendlicher Belustigung: Nach einem reichhaltigen Essen pritschte er die neun Feiglinge noch einmal kräftig durch.

      Noch einen Tag später, am elften Juni, lief die Feluke in den Hafen von Tripolis ein, und hier entwickelte Uluch Ali eine Hektik, die alles in Aufruhr brachte.

      Auch hier hatte er, wie in Benghasi, eine prunkvolle Residenz und fungierte ganz offiziell als Statthalter der Türken. Das gab ihm eine unvorstellbare Macht. Dank seines Amtes war er in der Lage, alles zu beherrschen, was ihm gefiel. Er verfügte über eine genügend kampfstarke Flotte, die es ihm erlaubte, das Mittelmeer abriegeln zu können, und nichts anderes hatte Uluch Ali jetzt vor.

      Sein Haß galt nur den Seewölfen. Aber er wollte sie lebendig haben, und das betonte er immer wieder.

      Zunächst schickte er Kamelreiter nach Tunis. Sie hatten den strikten Befehl erhalten, alle an der nordafrikanischen Küste stehenden Schiffe zusammenzuziehen, um das westliche Mittelmeer abzuriegeln.

      Damit begann die Jagd auf die Seewölfe, die logischerweise versuchen würden, zum Atlantik durchzubrechen.

      Den Oberbefehl über diese Aktion erhielt Selim Shanoun, ein Mann, der Uluch Alis absolutes Vertrauen genoß.

      Damit waren die Fronten abgesteckt, die Jagd begann.

      Uluch Ali selbst begab sich an Bord einer Galeere, die mit europäischen Rudersklaven besetzt war und die in Tripolis seeklar gemacht wurde.

      Der Statthalter der Türken wollte keine Zeit mehr verlieren, und so lief die Galeere noch am selben Tag aus und verließ Tripolis.

      Ihr Kurs war die Straße von Tunis.

      2.

      Am sechzehnten Juni wurde Selim Shanoun durch die Kamelreiter aus seiner beschaulichen Ruhe gerissen.

      Ein Vertrauter Uluch Alis fand ihn im Maurischen Park, wo Selim behaglich türkischen Kaffee schlürfte. Der Kaffee war heiß, schwarz und übersüßt und hätte jedem anderen den Schweiß aus den Poren getrieben.

      Im Maurischen Park gab es ein Schwimmbecken, Dattelpalmen, Mittagsblumen und Melissensträucher, die einen betäubenden Duft verströmten. Um diese Jahreszeit standen sie in voller Blüte.