Seewölfe Paket 15. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397730
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nicht näher als bis auf einen Yard an ihn heran. Sie versuchten, ihn mit Säbeln und Degen aufzuspießen, aber er war schneller als sie und prellte ihnen mit der Pike ihre Waffen ein ums andere Mal aus den Händen.

      Ferris Tucker stieß einen röhrenden Schrei aus, als ihn etwas hart in den Kniekehlen traf. Er wollte auf den Beinen bleiben, aber seine Muskeln gehorchten ihm nicht mehr. Mit rudernden Armen brach er in die Knie. Seine linke Hand zuckte vor und griff in die Hemdbrust eines Piraten, der sich zu dicht an ihn herangewagt hatte. Wütend stemmte er den Kerl hoch und warf ihn gegen den Mann mit der Muskete, doch der wich mit einer geschickten Körperdrehung aus.

      Ferris warf sich zur Seite und überrollte sich am Boden. Zweige von Büschen peitschten sein Gesicht, aber davon verspürte er nichts. Er konzentrierte sich ganz auf den Schmerz in seinen Kniekehlen, und als er soweit war, sich wieder zu erheben, sah er den Schatten des Mannes mit dem dunkelroten Hut über sich.

      Instinktiv wollte er die Arme hochreißen, um seinen Kopf zu schützen, doch da traf ihn der Musketenkolben mit voller Wucht an der Schläfe.

      Ferris Tucker hörte die Engel im Himmel singen. Wunderschöne bunte Kreise tanzten vor seinen Augen. Er fühlte sich leicht. Schmerzen verspürte er nicht mehr. Irgend jemand hob ihn auf, dann wurde er von einem schwarzen Wirbel gepackt, der die bunten Kreise verblassen ließ. Er hatte das Gefühl, in ein tiefes, schwarzes Loch zu stürzen.

      Niemand von den anderen hatte Ferris Tucker ins Gebüsch stürzen sehen. Jeder war mit seinen Gegnern vollauf beschäftigt.

      Matt Davies hatte sich zu Dan durchgeschlagen, und zusammen heizten sie den Piraten ein, daß denen heiß wie in der Hölle wurde. Jetzt wagten sie sich auch nicht mehr mit Säbeln und Degen an die beiden heran.

      „Los, zu Hasard hinüber!“ brüllte Matt und hieb mit seinem Haken, der seinen Gegnern eine höllische Furcht einjagte, wie wild um sich.

      Dan sah, daß Hasard mit dem Grauhaarigen rang. Er hatte gedacht, daß nur alte Leute graue Haare hatten, aber der Kerl mit der dunklen Haut schien die Kraft eines Bären zu haben, da er Hasard immer noch widerstand.

      Als sie den Seewolf erreichten, wandte sich der Grauhaarige plötzlich zur Flucht. Finnegan und Stenmark, die sich etwas abseits gegen eine Übermacht von sechs Piraten bravourös geschlagen hatten, liefen heran.

      „Sie hauen ab!“ brüllte Halibut, der aus einem Gebüsch auftauchte. Fast schien es, als hätte sich der Kerl versteckt. Neben ihm tauchte Stoker auf, dessen Gesicht blutverschmiert war. Es sah aus, als hätte ihn ein Säbelhieb quer übers Gesicht getroffen, doch als er mit der Hand über seine faltige Stirn fuhr, um sich das Blut wegzuwischen, das ihm in die Augen lief, sahen die anderen, daß nur seine Augenbraue aufgeplatzt war.

      Es wurde still. Ab und zu waren die Geräusche von brechenden Zweigen und schlagenden Ästen noch zu vernehmen, doch dann stand nur noch das heftige Atmen der Seewölfe in der schwülen Waldluft.

      Hasard blickte sich um. Der Waldboden war zerwühlt, als hätte hier eine Horde Wildschweine gehaust. Dann fiel sein Blick auf den leblosen Bingham, und mit schweren Schritten ging er auf den Mann zu.

      Er beugte sich bei ihm nieder und drehte ihn vorsichtig auf den Rükken.

      Leere Augen blickten an ihm vorbei zu den Wipfeln der Bäume. Das Blut auf seiner Brust begann schon zu gerinnen.

      Hasard drückte ihm die Lider über die Augäpfel und erhob sich mit zusammengekniffenen Lippen. Er fragte sich, ob er den Kampf hätte vermeiden können, wenn er eher bemerkt hätte, daß sie der flüchtende Mann in eine Falle locken wollte.

      Er schüttelte den Kopf. Sie waren davon ausgegangen, daß die Piraten nur völlig unzureichend bewaffnet sein konnten. Diese Annahme war völlig falsch gewesen. Die Piraten hatten genügend Schuß- und Stichwaffen gehabt, daß es sogar noch wesentlich schlimmer für sie hätte ausgehen können. Es war ein Wunder, daß sich die Kerle so plötzlich zurückgezogen hatten.

      Vier von ihnen waren auf der Strecke geblieben. Der eine, den Halibut in den Rücken geschossen hatte, und drei andere, die in die Kugeln der Seewölfe gelaufen waren, als sie versucht hatten, diese in den Büschen zu überrennen.

      „Jemand verwundet?“ fragte er mit belegter Stimme.

      Dan O’Flynn tauchte neben ihm auf und wies auf Hasards rechten Oberarm.

      „Dich hat es erwischt“, sagte er.

      Hasard winkte ab. „Nur eine Fleischwunde. Das ist nicht so schlimm.“ Die Wunde schmerzte höllisch, aber das brauchte er niemandem unter die Nase zu binden.

      „He, Ferris!“ rief Stenmark. Der Schwede war etwas abseits in die Büsche gegangen, wo er zuletzt den Zimmermann gesehen hatte. Als er nichts fand, drehte er sich zu den anderen um. „Wer hat Ferris zuletzt gesehen?“

      Sie schauten sich betroffen an, und Hasard hetzte zu Stenmark hinüber.

      „Er hat zuerst Seite an Seite mit mir gekämpft, aber dann hatten wir beide mit unseren Gegnern genug zu tun“, sagte er atemlos.

      Stenmark bückte sich und hob ein Messer auf, das im Gebüsch gelegenhatte.

      „Das gehört Ferris!“ stieß er hervor. „Verflucht, wenn die Kerle ihn nicht ermordet haben, haben sie ihn entführt!“

      Ehe sie alle verdaut hatten, was Stenmark vermutete, drangen wieder Geräusche an ihre Ohren.

      „Sie kommen zurück!“ zischte Halibut und wollte wieder in einem Busch verschwinden.

      Matt Davies packte ihn, indem er ihm den Haken seiner rechten Handprothese durch den Hemdkragen fädelte, und riß ihn hoch.

      „Diesmal wird richtig gekämpft, Bürschchen!“ knurrte er. „Und nicht nur dem fliehenden Gegner in den Rücken geschossen, verstanden?“

      Halibut heulte auf und zappelte mit den Beinen, aber Matt gab ihm mit der anderen Hand was aufs Maul, und der Bursche wurde schnell stumm.

      Die Leute, die sich ihnen näherten, nahmen keine Rücksicht darauf, daß man sie schon von weitem hören konnte. Die Anspannung wich von Hasard. Das waren nicht die Piraten. Das konnte nur Easton Terry mit seiner Gruppe sein.

      Wenig später bestätigte sich Hasards Vermutung.

      Terry brach an der Spitze seiner achtköpfigen Mannschaft durch die Büsche und stampfte auf die Lichtung. Als er die drei toten Piraten sah, stockte sein Schritt. Er blieb stehen und warf den Kopf hoch. Dicht hinter ihm hielten Reeves und Mulligan. Ed Carberry, Shane und Blacky bildeten offensichtlich die Nachhut, wie es Terrys Leute in Hasards Gruppe getan hatten.

      Terrys und Hasards Blicke kreuzten sich. Das übliche abfällige Lächeln stand in seinem Gesicht.

      „He!“ rief er herüber. „Ich dachte, Sie wollten die Piraten lebend haben, Mister Killigrew!“

      Er trat auf die Lichtung heraus und beugte sich über die Piraten. Seine Stirn zog sich in Falten, als er sah, daß sie Pistolen bei sich trugen. Dann richtete er sich wieder auf und wartete, bis die Männer von Hasards Gruppe zu ihm auf die Lichtung getreten waren.

      „Wo sind denn nun die Gefangenen?“ fragte er zynisch. „Nach dem Geballere, das uns angelockt hat, müssen Sie sich ja gegen eine Übermacht von hundert Piraten verteidigt haben.“

      „Das ist vielleicht etwas übertrieben“, erwiderte Hasard kalt, „aber mehr als zwei Dutzend waren es auf jeden Fall. Und sie waren nicht wehrlos, wie wir angenommen hatten, sondern führten mehr Schußwaffen mit sich als wir.“

      Halibut schob sich an Hasard vorbei und sagte hastig: „Es hat Bingham erwischt, Sir. Und einer von seinen Leuten“, er wies auf Hasard, „hat sich von Piraten entführen lassen.“

      Das Lächeln auf Easton Terrys Gesicht war wie weggewischt. Seine grauen Augen schienen Hasard zu durchbohren. Er schob sein kantiges Kinn vor, preßte die Lippen aufeinander und ging an Hasard vorbei auf das Gebüsch zu, hinter dem der tote Bingham lag. Ohne sich zu bücken, starrte er auf den Leichnam hinunter, dann drehte er