Seewölfe Paket 15. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397730
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ließ Ferris Tucker nach achtern rufen und befahl auch Carberry zu sich.

      „Die beiden Fischerboote, die die Piraten in Schlepp hatten, sind verschwunden“, begann er, als alle in seiner Kammer versammelt waren. „Das kann nur heißen, daß sie Hilfe holen und uns dann mit vereinten Kräften angreifen wollen. Ich habe da eine Idee, aber dazu will ich von dir, Ferris, wissen, ob du die genaue Lage des Fischerdorfes kennst. Was meinst du, auf welcher Höhe es sich befindet?“

      Hasard selbst hatte schon darüber nachgedacht. Sie hatten fast die ganze Nacht marschieren müssen, um von dort zur Bucht von Sillon de Talbert zurückzugelangen, aber sie hatten viele Buchten umgehen müssen, so daß sehr schwer auszurechnen war, wie viele Meilen sie in Luftlinie zurückgelegt hatten.

      „Wir müßten eigentlich schon daran vorbei sein“, sagte Ferris Tucker Hasard nickte. Auch er glaubte es. Mit dem achterlichen Wind hatten sie in den paar Stunden eine ziemlich große Strecke zurückgelegt.

      Er beugte sich über die Seekarte, die er vor sich auf seinem Tisch liegen hatte, und wies mit dem Finger auf eine Stelle an der Küste.

      „Hier ungefähr müßte unsere Position sein“, sagte er. „Das stimmt auch mit meinen Vermutungen betreffs der ausgesetzten Fischerboote überein. Wahrscheinlich ist ihr Ziel Lannion. Dort werden sie Piraten kennen, die ihnen helfen könnten.“

      „Willst du Lannion angreifen?“ fragte Ben Brighton überrascht.

      Hasard schüttelte den Kopf.

      „Nicht angreifen“, sagte er, „aber ich hätte zu gern gewußt, was wir von dort zu erwarten haben. Außerdem denke ich an die armen Hunde im Fischerdorf, die ihre sämtlichen Boote verloren haben. Jeder von euch weiß, welche Katastrophe das für das Dorf bedeutet.“

      „Ah“, sagte Ferris Tucker, „du willst unsere beiden Boote, die wir von den Piraten erbeutet haben, ins Fischerdorf zurückbringen und von dort aus über Land nach Lannion …“

      Der Seewolf lächelte.

      „Du hast es erfaßt; Ferris“, sagte er. „Aber du wirst diesmal nicht dabei sein, weil wir dich hier brauchen. Wir müssen endlich unseren Bugspriet wieder in Ordnung bringen.“

      „Du solltest aber Leute schicken, die die Fischer schon kennen“, sagte Dan O’Flynn. „Ich melde mich freiwillig.“

      Der Seewolf nickte.

      „Du pullst eins der Boote mit drei anderen an Land“, sagte er. „Das zweite Boot übernimmt Ed. Seht zu, daß ihr unter den Fischern Helfer findet, die euch nach Lannion führen. Sagt ihnen, daß sie sich dort zwei weitere ihrer Boote zurückholen können. Damit wäre ihr Dorf vorerst vor dem Verhungern bewahrt.“

      „Dann müßten wir aber an der Küste zurückkreuzen“, sagte Carberry. „Du wirst die beiden Piratenschiffe aus den Augen verlieren.“

      Der Seewolf schüttelte den Kopf.

      „Hat noch niemand von euch bemerkt, daß die Kerle in den letzten Stunden versuchen, Katz und Maus mit uns zu spielen? Sie wollten nichts anderes, als uns hier vor der Küste festnageln, bis ihre Verstärkung heran ist. Sie werden ganz schön überrascht sein, wenn wir uns absetzen und plötzlich nicht mehr hinter ihnen sind. Vor dem morgigen Tag kann keine Hilfe für sie dasein, und bis dahin müßtet auch ihr an Bord zurücksein. Wir werden morgen früh beim ersten Licht des Tages wieder zur Stelle sein, um euch aufzunehmen. Die Fischer werden euch sicher hinausfahren.“

      „Und wenn sie ihre Boote nicht wieder riskieren wollen?“ fragte Ben Brighton.

      „Du kennst die Bretonen nicht“, erwiderte Hasard. „Wenn du ihnen hilfst, sind sie jederzeit auch für dich da.“

      „Hoffen wir, daß es typische Bretonen sind“, murmelte Ben.

      Die anderen grinsten sich an.

      „Die weitere Frage ist, was Easton Terry dazu sagen wird, wenn du befiehlst, die Verfolgung der Piraten abzubrechen“, meinte Dan O’Flynn.

      Hasards Züge verhärteten sich.

      „Er hat meine Befehle widerspruchslos zu befolgen“, erwiderte er.

      Sie erhoben sich und gingen zurück an Deck. Carberry und Dan suchten sich ihre Männer zusammen. Carberry wollte Stenmark, Batuti und Blacky mitnehmen, Dan hatte sich Matt Davies, Jack Finnegan und Paddy Rogers ausgesucht.

      Dann warteten alle gespannt darauf, was Easton Terry zu den Signalen sagen würde, die Sam Roskill zur „Fidelity“ hinübergab.

      Die erste Antwort war: „Warum?“

      Die Männer grinsten sich an, als der Seewolf nur ein einziges Wort zurücksignalisieren ließ: „Befehl.“

      Das schien zu genügen. Kurz nach der „Hornet“ fuhr auch die „Fidelity“ eine Halse und begann, gegen den ablandigen Wind zu kreuzen. Manch grinsender Blick flog zur „Fidelity“ hinüber, wußte doch jeder, daß Easton Terry in diesem Augenblick vor Wut bald zerplatzen mußte.

      Der Nebel bereitete Hasard Sorgen. Er wurde immer dichter. Die Piraten hatten die Umkehr der beiden englischen Galeonen nicht beobachten können, dessen war sich Hasard sicher. Einen kurzen Moment dachte er daran, daß die Piraten verschwinden könnten, doch er glaubte nicht daran. Die schwere Niederlage mußte an ihrem Stolz fressen und wenn sie es nicht am nächsten Tag mit Verstärkung versuchen würden, sie ein zweitesmal in ein Gefecht zu verwickeln, dann mußten Hasard und Terry eben noch ein paar Tage vor der Küste kreuzen und den Lockvogel spielen. Irgendwann würden sie schon wieder anbeißen.

      Bald hörten sie das Donnern der Brandung, das vom Wind zu ihnen herübergetragen wurde.

      Der Seewolf befahl, die beiden Boote zu verholen, damit Carberry und Dan sie übernehmen konnten.

      Dann stießen die Männer ihre Boote mit den Riemen vom Rumpf der „Hornet“ ab und pullten auf Land zu.

      Easton Terry ließ signalisieren, was das alles zu bedeuten hätte, und wieder war Hasards einzige Antwort: „Befehl!“

      „Du reizt ihn bis aufs Blut“, meinte Ben Brighton. „Hoffentlich dreht er nicht durch und unternimmt etwas auf eigene Faust.“

      „Er wird sich hüten“, erwiderte der Seewolf hart. „Es stirbt sich schlecht an der Rah mit einem Strick um den Hals.“

      Ben Brighton schwieg. Er schaute Hasard von der Seite an. So hart und unnachgiebig hatte er ihn lange nicht mehr gesehen. Es mußte bei ihrem Landgang einige Reibereien gegeben haben.

      Ben schüttelte leicht den Kopf. Hoffentlich geht das alles gut, dachte er.

      Sie hatten Glück, daß der Nebel unter der Küste lange nicht so dicht war wie weiter draußen auf der See. Die Sonne brach sogar durch die aufgerissene Wolkendecke.

      Schon die zweite Bucht, die sie anliefen, war die richtige. Carberry und Dan erkannten die Häuser und den kleinen Platz etwas oberhalb des breiten Strandes. Sie sahen, daß immer mehr Menschen aus den Häusern auftauchten und den beiden Booten entgegenstarrten. Viele der Männer waren bewaffnet.

      Ein bißchen mulmig war ihnen schon zumute, als die Kiele ihrer beiden Boote über den Strand schurrten und mit einem Ruck gebremst wurden.

      Doch dann erkannten einige der Fischer die Engländer, die am gestrigen Tag in ihrem Dorf gewesen waren. Sie hielten die anderen zurück und redeten heftig auf sie ein.

      Carberry schickte Jack Finnegan vor, der von ihnen am besten Französisch sprach, und der erklärte den Fischern mit kurzen Worten, was inzwischen geschehen war.

      Ihre Enttäuschung, daß drei ihrer Boote zerstört worden waren, schien nicht besonders groß zu sein. Wahrscheinlich hatten sie nicht erwartet, auch nur eins von ihnen wiederzusehen.

      Als Finnegan ihnen dann von ihrem Plan erzählte, die Piraten in Lannion zu belauschen und ihnen dabei auch noch die anderen beiden Boote wieder abzunehmen, waren die Fischer mit Begeisterung bei der Sache.