Seewölfe Paket 10. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394999
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war alles vorbei.

      Sinona winkte den Profos zu sich, um den sich eine Handvoll Leute geschart hatte.

      „Niemand verläßt das Schiff, Profos! In der Nähe des Riffs wimmelt es von Haien. Keiner hat die Chance, den Strand lebend zu erreichen. Bringen Sie das den Leuten bei, denn noch ist unser Schiff nicht auseinandergefallen.“

      „Si, Senor Capitano“, murmelte der Profos. Er und die anderen hatten das Drama ebenfalls gesehen, und jetzt wurde aus den rauhen Gesellen plötzlich ein friedfertiger Haufen.

      Immer noch rollten harte Brecher heran, die sich vor den Korallen schäumend brachen und gegen das Wrack rannten. Aber das Unwetter verzog sich, es hörte auf zu regnen, und auch die zuckenden Blitze wurden seltener.

      Sinona wußte, daß für das Schiff keine Hoffnung mehr bestand, aber der größter Teil der Mannschaft würde überleben, und außerdem würde in kurzer Zeit ein weiterer Spanier hier aufkreuzen. Dann sah alles ganz anders aus. Sie konnten auf die „Patria“ umsteigen und ihre Arbeit gemeinsam fortsetzen.

      Er ließ Rum verteilen, wanderte auf und ab und wartete darauf, daß sich der Sturm legen würde und sie das Beiboot abfieren konnten. Tatsächlich ließ der Sturm etwas nach, und auch die dunkle Wolke verzog sich langsam.

      Doch dann gab es noch eine Überraschung.

      Als keiner mehr damit gerechnet hatte, rollte eine Woge heran. Sie war viermal höher als die anderen und hatte auch keine Schaumkrone, aber sie war schnell und sah aus wie eine gläserne Walze, die fast lautlos rollte.

      Vor dem Korallenriff wurde der unter Wasser mitlaufende Teil gestoppt, und der harte Brechungseffekt begann.

      Die große Welle bäumte sich auf, und erst jetzt begann sie schaurig voller Zorn und Empörung wie ein wildes Tier zu brüllen. Auf ihrem glatten Kamm entstand ein schneeweißer Streifen, der sich in sich selbst überschlug.

      Mit höllischer Kraft jagte das Ungetüm heran und schob einen heißen Luftstau vor sich her, der über die „Kap Hoorn“ fauchte.

      Dann folgte ein schmetternder Schlag.

      Jeder hielt sich fest, so gut er konnte, und jeder atmete noch schnell einmal ein, um genügend Luft zu haben, wenn das salzige Wasser sie überflutete.

      Gleich darauf war es soweit. Eine Wand aus gischtendem, brausendem Wasser überrollte die Galeone, hob sie hoch, brachte sie wieder in die waagerechte Lage, schrammte sie hart über die Korallen und riß sie dem Strand entgegen.

      Das gab der „Kap Hoorn“ den Rest. Wie von Furien getrieben, lief sie auf den Strand, setzte hart auf und legte sich auf die Seite.

      Die Welle aber verlief sich, und der restliche Sog zog die Galeone wieder ein Stück zurück.

      Dort blieb sie endgültig liegen, zerstört, zerfetzt und tödlich verwundet.

      Sie würde nie mehr segeln, sie hatte ihre Seele ausgehaucht.

      Eins der Beiboote brauchten sie ebenfalls nicht mehr abzufieren. Es wurde total zerschmettert.

      7.

      Auf dem Wrack konnte sich niemand mehr auf den Beinen halten. Alles war kurz und klein geschlagen worden, an jeder Stelle standen zerfetzte Planken heraus.

      Sinona scheuchte die Männer an den Strand und war beunruhigt, daß es nur noch so wenige waren.

      „Sie nehmen einen Mann mit, Profos!“ befahl er. „Suchen Sie alle Räume ab. Wenn Sie Verletzte finden, bringen Sie die Männer an den Strand.“

      „Was tun wir mit den Toten?“ fragte der Profos.

      „Darum kümmern wir uns morgen. Wir beziehen vorerst die Hütten der Eingeborenen, das bietet sich geradezu an. Da haben wir vorerst Unterkünfte.“

      Der Profos verschwand, um die Räume abzusuchen.

      Sinona ließ Musketen, Pistolen und ein paar Fässer mit Pulver zusammentragen. Aber die meisten Fässer waren angeschlagen, und Seewasser hatte den Inhalt unbrauchbar werden lassen.

      Der Mond schien jetzt wieder, die rauhe See hatte sich beruhigt bis auf die Brandung, die immer noch über die Korallen rollte und sich schäumend am Strand brach.

      „Sind das alle Männer, Profos?“ fragte der Capitano entsetzt, als er das halbe Dutzend Verwundeter sah.

      „Ja, viele sind tot, über Bord gegangen oder verschwunden. Vielleicht finden sich im Laufe der Nacht noch einige ein. Insgesamt dürften wir höchstens noch fünfzig Leute sein, vermutlich aber ein paar weniger.“

      „Und Sie haben überall nachgesehen?“ vergewisserte sich Sinona eindringlich.

      „Überall, Senor.“ Der angeschlagene Profos hob müde die breiten Schultern.

      Am Strand fanden sie im Sand liegend einen weiteren Mann. Es war Fusté, der erste Offizier.

      In Sinonas Gesicht zuckte es, als er den Mann sah.

      „Sehen Sie nach, ob er noch lebt“, sagte er.

      „Bewußtlos“, stellte der Profos fest. „Ich bringe ihn in eine der Hütten.“

      Sinona gab keine Antwort. Er sah den Verletzten auch nicht an, als der stöhnte und etwas murmelte.

      Er gab dem Ersten die alleinige Schuld an dem ganzen Unglück, denn nur durch seinen navigatorischen Fehler waren sie vom Kurs abgekommen und hatten die richtige Insel verfehlt. Bei Tagesanbruch hätten sie die tödliche Korallenbank sicherlich gesehen und wären nicht aufgelaufen.

      Es lag also an der Zeit, die sie durch Fusté versäumt hatten, sinnierte er.

      Das Wrack lag wie ein großes Gespenst am Strand. Immer noch ächzte und stöhnte das gemarterte Holz, immer noch knackten Planken, knisterte es bedrohlich.

      Sinona sah sich nach allen Seiten um. Er hatte sich zwei Pistolen in den Hosenbund gesteckt und schärfte den Männern noch einmal ein, nach Insulanern Ausschau zu halten.

      „Wenn sie uns jetzt angreifen, können wir uns kaum zur Wehr setzen“, sagte er. „Sie können uns aus dem Hinterhalt abknallen wie die Hasen. Kontrolliert eure Pistolen, sonst sind wir erledigt.“

      So sehr sie auch Ausschau hielten, von den Insulanern ließ sich keiner blikken.

      Die ersten Männer verschwanden in den Hütten, aßen gierig alles, was sie vorfanden und legten sich dann auf die Matten.

      Aber der Profos trieb sie wieder ins Freie.

      „Erst wird gearbeitet!“ schrie er. „Und dann gepennt und nicht umgekehrt. Wir holen das vom Schiff, was noch zu gebrauchen ist. Tobt noch einmal so ein Unwetter heute nacht, dann sind wir sogar die Trümmer von dem Wrack los. Los, ihr faulen Hunde, raus mit euch, sonst erlebt ihr die Hölle!“

      Murrend gingen die meisten an die Arbeit. Sie waren immer noch ausgepumpt und verängstigt von dem eben ausgestandenen Schrecken, dazu saß ihnen die Angst vor den Insulanern in den Knochen, die jeden Augenblick aus dem Hinterhalt auftauchen und zuschlagen konnten.

      Sinona ließ Wachen aufstellen, und dann wurde geschuftet.

      „Glaubt ja nicht, daß ihr euch von nun an ausruhen könnt“, sagte er. „Wir haben zwar kein Schiff mehr, aber wir haben noch die Geräte, und damit werden wir gleich anfangen zu arbeiten. Bis die ‚Patria‘ hier ist, haben wir sämtliche Brotfrüchte ausgegraben.“

      Er ließ die Verletzten provisorisch behandeln und trieb die Leute zur Eile an.

      Erst viel später durften sich die ersten Männer ausruhen und in die Hütten legen. Dann, kurz vor dem Morgengrauen, wurden sie wieder hochgepurrt.

      Der erste Blick galt ihrem Schiff, aber das war längst kein Schiff mehr, nur noch ein trauriger Holzhaufen lag auf dem Sand.

      Der Anblick war schrecklich genug.

      Am