Seewölfe Paket 29. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399970
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      Hasard junior räusperte sich. „Hat sie vielleicht zufällig eine Nase?“

      „Natürlich hat sie eine – dämliche Frage!“

      „Dünn, dick, gekrümmt, gerade?“ fragte Hasard junior beharrlich.

      „Weiß ich nicht“, sagte Old Donegal muffig.

      Mac wußte es auch nicht.

      „Aha“, sagte jetzt der Profos und grinste wieder. „Wie ihr Busen aussieht, wißt ihr ziemlich genau, aber von ihrem Gesicht habt ihr keine Ahnung – mithin wart ihr also doch abgelenkt.“

      Die beiden Bauchtanz-Beschauer schwiegen verdrossen.

      Philip fragte: „Könntet ihr denn den Liliputaner beschreiben?“

      „Der war klein“, sagte Mac sofort.

      „Hätte ich mir fast gedacht“, sagte Philip trocken.

      Mac biß sich auf die Lippen – er hatte begriffen, daß seine Antwort nicht sehr geistreich gewesen war.

      Old Donegal sagte: „Der Gnom hatte im Verhältnis zu seiner Zwergenhaftigkeit einen ziemlich großen Kopf mit vorragender Stirn und breiter, eingesunkener Nase sowie abstehenden Ohren.“

      „Und krumme Beine“, sagte Mac.

      „Aha“, sagte Philip und wechselte einen Blick mit seinem Bruder. Dann fragte er: „Gab’s einen Unterschied zwischen den beiden Riesenkerlen, die vor euch auftauchten? Granddad sprach davon, seiner habe eine Glatze gehabt.“

      „Meiner war zwar auch ganz kahl“, sagte Mac, „aber in Schädelmitte hatte er einen geflochtenen langen schwarzen Zopf.“

      „Woher wißt ihr, daß die Bauchtänzerin Fatima heißt?“ fragte jetzt Hasard junior.

      „Weil der Gnom sie ansagte oder so ansprach“, erwiderte Old Donegal. „Könnt ihr mir mal verraten, was die ganze Fragerei soll?“

      „Weil wir was vermuten“, sagte Hasard junior geheimnisvoll.

       2.

      Die Zwillinge hatten eisern geschwiegen und nicht verraten, was sie vermuteten. Das Palaver war noch eine ganze Weile weitergegangen, und die beiden bestohlenen Landgänger hatten zum Schaden auch noch den Spott geerntet, am meisten allerdings der grämliche Mac Pellew wegen seines „magischen Kontakts“, den er angeblich zu Fatima, der Blume von Istanbul, hergestellt hatte.

      Philip Hasard Killigrew hatte herzlich gelacht, als er die Geschichte hörte, und seine Arwenacks gewarnt, beim Landgang schärfer aufzupassen. Am Binnenhafen traf man auf ein ziemlich gemischtes Volk und mußte immer damit rechnen, ausgenommen zu werden.

      Im übrigen würden sie noch zwei, drei Tage am Goldenen Horn bleiben – die Stadt war viel zu interessant, um sie unbeachtet zu lassen. Sie machten also sozusagen Urlaub vor ihrer Weiterfahrt ins Mittelmeer. Nach dem Verlust ihrer „Santa Barbara“ auf dem oberen Tigris, dem Marsch zum Schwarzen Meer und der Suche nach einer Durchfahrt zum Mittelmeer hatten sie sich ein paar faule Tage auch verdient.

      Am Spätnachmittag des nächsten Tages meldeten sich Hasard und Philip – wie sich das gehörte – beim Profos von Bord. Der staunte nicht schlecht, denn die beiden Junioren hatten sich türkisch gewandet und waren kaum von den Einheimischen zu unterscheiden. Allenfalls fiel das intensive Blau ihrer Augen auf, das durch die Bräune ihrer Gesichter noch gesteigert wurde. Aber wenn es dunkler wurde, würde das nicht mehr so deutlich sichtbar sein.

      „Aha, Tarnung, eh?“ fragte der Profos wohlwollend.

      „So ist es, Sir“, erwiderte Hasard junior.

      „Darf man fragen, wohin die Gentlemen ihre Schritte zu lenken gedenken?“

      „Och“, sagte Philip, „mal sehen. Was Besonderes haben wir eigentlich nicht vor.“

      „Ein bißchen bummeln“, ergänzte Bruder Hasard.

      „Soso, ein bißchen bummeln.“ Der Profos räusperte sich. „Ähem – ähem! Ich warnige euch vor – ähem – schlechten Weibern!“ Er sagte „warnige“, der Profos, weil er das für eine Steigerung von „warnen“ hielt.

      Die Zwillinge wußten das, aber deswegen zogen sie nicht die Augenbrauen hoch.

      „Sir?“ fragten sie unisono.

      „Ähem.“ Der Profos hatte es momentan in der Kehle. „Schlechte Weiber sind Lotterweiber, verstanden?“

      „Aye, Sir. Und woran erkennt man die?“ fragte Philip mit ernstem Gesicht, das auch sein Bruderherz aufgesetzt hatte.

      Zur Abwechslung hustete jetzt der Profos, und seine Gesichtsfarbe wurde etwas dunkler.

      „Ähem!“ brachte er nach dem Husten heraus. „Lotterweiber sind solche, die euch Liebe verkaufen wollen, klar? Und die können – ähem – ansteckende Krankheiten haben …“

      „Aye, Sir“, sagte Hasard junior, „zum Beispiel die Französische Krankheit. Aber Phil und ich haben nicht die Absicht, zu solchen Frauen zu gehen.“

      „Nicht? Soso – ähem, aha!“ Der Profos war sich absolut im unklaren darüber, ob ihn diese beiden Kerle überhaupt ernst nahmen – ganz abgesehen davon, daß sie bestens Bescheid wußten, jawohl, die wußten haargenau, was Lotterweiber waren, diese Spitzbuben! Ah, das war das Stichwort.

      „Wollt ihr etwa klauen gehen?“ fuhr er sie an.

      „Wir doch nicht, Sir“, sagte Hasard junior prompt. „Haben wir das nötig?“

      „Schießt an Land“, sagte der Profos ein bißchen geschafft. „Wenn ihr bis zehn Uhr nicht zurück an Bord seid, soll euch der Teufel holen!“

      „Zehn Uhr heute abend oder morgen vormittag?“ fragte Philip grinsend.

      „Zehn Uhr heute abend!“ donnerte der Profos. „Als ich so alt war wie ihr jetzt, durfte ich überhaupt noch nicht an Land!“

      „Das waren auch noch andere Zeiten, Sir“, sagte Philip. „Stell dir mal vor, was du alles versäumt hast!“

      „Den ganzen schönen Rum“, sagte Hasard junior.

      „Und die Keilereien in Plymsons ‚Bloody Mary‘ in Plymouth“, fügte Philip hinzu.

      Carberry wurde nervös.

      „War da nicht auch mal eine gewisse Kellnerin namens Maggy in der ‚Bloody Mary‘?“ fragte Hasard junior gedankenvoll.

      Der Profos zuckte etwas zusammen und sagte hastig: „Wolltet ihr nicht an Land, was, wie?“

      „Das wollten wir, Sir“, sagte Philip, „aber wir dachten, du wolltest mit uns ein bißchen plaudern, und da ist es ungehörig, nicht Rede und Antwort zu stehen.“

      „Unschicklich ist das“, bestätigte Hasard junior. „Ist sonst noch etwas, Mister Carberry, Sir?“

      „Nein, nein – äh, der Kapitän ist mit eurem Landgang einverstanden?“

      „Aye, Sir“, erwiderte Hasard junior, „er sagte nur, wir sollten uns bei dir von Bord melden, was wir hiermit gehorsamst noch einmal tun.“

      „In Ordnung, danke.“ Der Profos hielt rechten Zeigefinger und Mittelfinger an die Schläfe und zirkelte einen Gruß.

      Die beiden Jungen grüßten genauso, straff und gerade und bereits ein wenig größer als der Profos. Sie würden so groß wie ihr Vater werden, das stand mal fest. In der Breite der Schultern hatten sie auch zugelegt.

      Sie wandten sich der Stelling zu, doch da pochte Old Donegals Holzbein über das Deck.

      „Ihr wollt an Land?“ fragte er barsch.

      „Aye, Sir.“

      „In