Gomez war beliebt, denn er hielt in der Proviantlast und in seiner Kombüse gute Ordnung und ungewohnte Sauberkeit. Sein Tee, die Suppen und der Brei waren stets gut gewürzt und immer heiß. Er war, verglichen mit vielen anderen, ein guter Koch. Seit zwei langen Überfahrten besorgte er das leibliche Wohl der „Nobleza“-Crew. Aber nicht einmal beim Kochen und Kesselputzen trennte er sich von seinem breiten, gut eingeölten Ledergürtel mit der massigen, abgewetzten Gürtelschnalle.
„Ist gut. Ich putze nur noch die Becher aus.“
Er winkte durch die Öffnung des Niederganges aufs Deck hinauf. Seit er vom Schwelbrand gehört und den Rauch gesehen hatte, kontrollierte er Glut, Flammen und Asche besonders gründlich. Lobo Gomez wusch sorgfältig die Becher, spülte sie in Süßwasser und stülpte sie über die hölzernen Nägel, damit sie schneller trockneten. Der Tee war fertig. Er kippte ein genau bemessenes Maß braunen Zucker in den summenden Kessel und rührte mit dem Holzlöffel um.
In den einzelnen Fächern des Gürtels, innen und in weichem Leder genäht, steckten funkelnde Goldstücke, eines neben dem anderen, das Ersparte von vielen Jahren. Was Gomez für sein eigenes Leben brauchte, hatte er mit Kupfer oder Silbergeld bezahlen können.
Stets dann, wenn er versucht war, sich etwas zu gönnen, dachte er an den weißgekalkten Turm mit den ausgeblichenen Segeln, die sich um eine knarrende Mittelachse drehten – und wie im Inneren des Bauwerks auf dem Mancha-Hügel das Korn gemahlen wurde. In den Nächten würde er durch die Luken, durch die Fenster natürlich, die Sterne sehen. Er hoffte, daß Ysabel noch nicht verheiratet war, denn vor Jahren hatten sie sich versprochen, zusammenzubleiben.
Für das Gold, von dem er sich selbst im Schlaf nicht trennen konnte, würde er dem alten Miguel die Mühle abkaufen. Da gab es schon einen Vertrag. Nach dieser Überfahrt würde er, Gomez, abmustern und in die Mancha zurückkehren. Daß der Konvoi der Schatzgaleonen nach Irland befohlen worden war, stimmte ihn unglücklich, aber auch diese Verzögerung würde er durchstehen wie so vieles andere in seinem Leben. In der Karibik hatte er, mit wenig Geld, eine gute und gesunde Zeit genossen.
Seine Gedanken, die immer mehr zu farbigen Träumen wurden, je weiter sich die Schatzgaleonen von den Küsten der Karibik entfernten, wurden wieder einmal unterbrochen.
„Gomez! Backen und Banken!“
Das war die Stimme des Kapitäns. Gomez schüttelte den Kopf, brüllte seine Antwort und klapperte mit Kesseln und Bechern. Ein Mann der Crew nach dem anderen enterte den Niedergang ab und empfing seinen Becher, den Löffel und die Muck. Gomez teilte jedem Seemann die Portion zu. Die Offiziere und der Kapitän erhielten größere Portionen, dazu einen Krug voll Wein und saubere Tücher für die Hände.
„Riecht wieder mal gut, Lobo.“
„Schmeckt auch gut, Salas“, erwiderte der Koch grinsend. „Oder nicht?“
Kapitän Santillan wußte, daß die Stimmung seiner Kerle unter anderem auch vom guten Essen abhing. Innerhalb vernünftiger Grenzen hatte er Gomez stets freie Hand gelassen. Auch Santillan schätzte keine Würmer im Salzfleisch oder im Schiffszwieback. Als letzter setzte sich der kleine Koch selbst auf eine Mehlkiste und aß in guter Ruhe.
Wieder war ein Tag vergangen.
Abermals war er vierundzwanzig Stunden seiner Mühle und dem Leben an Land nähergelangt. Er war zufrieden, aber in einem Winkel seiner Gedanken kauerte bösartig die schwarze Spinne seiner Furcht.
Wie endete diese Überfahrt?
Niemand konnte es sagen. Das Schicksal blieb unergründlich. Die „Nobleza“ stampfte und gierte mit achterlichem Wind weiter nach Norden, und was der nächste Tag brachte, wußten nicht einmal die Kapitäne.
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