Seewölfe - Piraten der Weltmeere 263. Frank Moorfield. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frank Moorfield
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395996
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eben, du Schlaukopf“, gab Bob Grey zurück. „Hast du vielleicht während unserer ganzen Nilreise gepennt? Hier wimmelt’s doch überall von Türken, seit sie das Land beherrschen. Und da haben sie natürlich ihre Badesitten eingeführt.“

      „Gegen ein erfrischendes Bad hätte ich ja auch nichts einzuwenden“, meinte Dan O’Flynn, „aber die Türken bevorzugen, soviel ich weiß, elend heiße Schwitzbäder. Und schwitzen kann ich auch so schon genug.“

      Arwenack, der Schimpanse, begann laut zu keckem, als wolle er Dans Worte bestätigen.

      Auch Gary Andrews blickte skeptisch drein.

      „Ja, eigentlich reicht die Hitze auch so schon“, sagte er. „Außerdem soll die Sache für Fremde nicht ganz ungefährlich sein …“

      „Du hast wohl Bammel, dich nackt in einen Badezuber zu setzen und von zarten Frauenhänden abschrubben zu lassen, wie?“ unterbrach ihn Bob Grey.

      „Das nicht gerade“, erwiderte Gary Andrews, „aber ich habe mal von einem Seemann gehört, der nach dem Schwitzbad vergeblich versucht hat, seine Kleider samt seinem Geld wiederzufinden. Und als er dann Stunk anfing, haben ihn die Kameltreiber, nackt wie Adam im Paradies, aus dem Haus gejagt. Und auf so was bin ich nicht gerade scharf.“

      „Das wäre ja auch ein Ding“, sagte Bob Grey, „wenn unser magerer Fockmastgast nackt durch die Basare von Alexandria wandeln würde! Huch – da würden die Ladys ihre Schleier sinken lassen und die Augen aufreißen.“

      „Oder vor Entsetzen laut aufschreien und davonlaufen“, erklärte Dan O’Flynn augenzwinkernd.

      Daß die vier Männer nicht weitergegangen waren, wertete der zahnlose Alte wohl als Zeichen der Unschlüssigkeit. Deshalb verstärkte er seine Bemühungen ganz beträchtlich. Er humpelte heran, zupfte die Seewölfe an den Hemdsärmeln und deutete immer wieder auf den Eingang des Hamams.

      Noch wußten sie nicht so recht, wie sie sich verhalten sollten, doch dann wurde ihnen die Entscheidung plötzlich sehr erleichtert.

      In dem Torbogen, den man blau angestrichen und mit irgendwelchen Koransprüchen bepinselt hatte, erschien, wohl durch das Geschrei des Alten angelockt, ein weibliches Wesen. Ihr Körper war von oben bis unten in ein weißrotes Gewand gehüllt. Vor dem Gesicht trug die Frau einen Schleier, der nur die Augen frei ließ.

      Das war zwar für die Seewölfe ein längst gewohnter Anblick. Doch was sie in Erstaunen versetzte, waren die Körperformen der Schönen, die sich deutlich durch das Tuch abzeichneten.

      Der hagere Gary Andrews schluckte.

      „Heiliger Bimbam“, stammelte er, „die Lady wiegt mindestens zweihundert Pfund!“

      „Sie erinnert mich an eins dieser Nilpferde, die wir gesehen haben“, sagte Bob Grey andächtig. „Aber im Orient liebt man eben schwergewichtige Frauen, das weiß man doch selbst bei uns in Old England.“

      „Eben!“ sagte Dan O’Flynn. „Aber wie steht’s? Wollten wir uns nicht die Stadt ansehen, oder habt ihr Rübenschweine das vielleicht schon vergessen, was, wie? Kaum taucht ein Rockzipfel auf, da gafft ihr schon wie ausgehungerte Hunde in dieselbe Richtung!“

      Die Männer lachten über den Tonfall Edwin Carberrys, den Dan O’Flynn gelungen nachgeahmt hatte.

      Gary Andrews, der seine Fassung inzwischen zurückgewonnen hatte, kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

      „Du hast recht“, murmelte er, „es wird besser sein, wenn wir verschwinden, sonst hat die Dralle am Ende auch noch einen Besenstil bei der Hand und verhilft uns zu blühenden Veilchen.“ Er spielte damit auf ein Erlebnis Edwin Carberrys in Kairo an, über das die Männer noch heute lachten.

      Dan O’Flynn, Gary Andrews sowie Batuti und Bob Grey setzten sich, sehr zum Ärger des zahnlosen Alten, wieder in Bewegung.

      „Gut, daß wir die Sprache nicht verstehen“, meinte Dan. „Das, was der Alte soeben aufgezählt hat, waren bestimmt nicht die Wohltaten, die Allah denjenigen erweist, die in seiner Gunst stehen.“

      Wenig später stießen die vier Seewölfe samt Arwenack, dem Schimpansen, auf einen weiträumigen Marktplatz. Die Luft, die das Menschengewimmel überlagerte, wurde von Gerüchen vielfältiger Art beherrscht. Stellenweise duftete es angenehm nach Gewürzen, aber oft stank es auch fürchterlich nach verdorbenem Fisch oder Kamelmist.

      Staunend bahnten sich die Männer einen Weg durch das Gelände. Hier konnte man tatsächlich alles kaufen, was des Menschen Herz begehrte. Außer vielen Obst- und Gemüsesorten gab es Fleisch, Fisch, Brot sowie Stoffe und jede Menge Gewürze. Auch an Vieh mangelte es nicht. Schafe, Ziegen, Pferde und Kamele konnte man genauso erfeilschen wie einen Korb voller Datteln.

      „Eigentlich könnte mein Magen ganz gut was vertragen“, stellte Gary Andrews fest und warf einen begehrlichen Blick auf ein riesiges Tuch, auf dem der Händler frisches, duftendes Fladenbrot, Aisch Beladi genannt, ausgebreitet hatte. Daneben gab es noch eine Menge anderer Dinge, auf die sie der Ägypter sogleich mit vielen Worten hinwies.

      „Daß ausgerechnet du hagerer Kerl so verfressen bist!“ wunderte sich Dan O’Flynn. „Gerade da, wo andere Leute ihren Magen haben, ist bei dir sowieso nur ein Loch.“

      „Hör auf zu stänkern“, erwiderte Gary Andrews und rieb sich den Bauch, der kaum vorhanden war. „Ich habe auf jeden Fall einen ziemlichen Kohldampf, und deshalb kaufe ich mir was von dem Zeug da. Es riecht jedenfalls ganz appetitlich.“

      Da die Zwillingssöhne des Seewolfs, die meist als Dolmetscher dienten, nicht mit von der Partie waren und man sich sprachlich nur sehr schwer verständigen konnte, hob Gary Andrews wagemutig den Zeigefinger und deutete mit einer unmißverständlichen Geste auf das dunkle Fladenbrot.

      Doch wie das Schicksal es wollte, lief in genau diesem Augenblick eine Ziege hinter den Brotfladen vorbei, um das Gemüse, das der Händler feilbot, anzuknabbern.

      Der Kaufmann, ein kleiner, dicker Mann, der eine schmuddelige Djelaba trug und einen prächtigen Turban auf dem Kopf balancierte, folgte mit seinen kleinen, listigen Augen dem Zeigefinger des „Giaurs“ und registrierte augenblicklich dessen Wunsch. Er nannte sofort einen Preis, und Gary Andrews, der ihn nicht verstand, nickte gottergeben. Das Geschäft wurde durch Handschlag besiegelt, und die Piaster wechselten, sehr zur Freude des Händlers, den Besitzer.

      Einen Augenblick später kriegte der Fockmastgast der versandeten „Isabella VIII“ einen leichten Schock. Seine Augen wurden immer größer und runder, als er sah, wie der Händler, statt nach dem frischen, duftenden Fladenbrot zu greifen, die Ziege an dem dünnen Strick packte, der um ihren Hals geschlungen war. Und dann präsentierte man ihm, was er gekauft hatte.

      Es handelte sich um eine prächtige, ausgewachsene Ziege mit gekrümmten Hörnern und einem kecken Bart. Und das Vieh schien sich sogar noch über den Besitzerwechsel zu freuen, jedenfalls wackelte es zutraulich mit dem kurzen Schwanz.

      Nur Arwenack, der Schimpanse, schien dieser Kreatur nicht zu trauen. Er fletschte die Zähne, trommelte sich auf die Brust und begann laut zu keckern.

      Erst das brüllende Gelächter seiner Kameraden holte Gary Andrews in die Wirklichkeit zurück.

      „Aber – aber …“ stammelte er entgeistert, „ich wollte doch nur ein Stück Brot. Was soll ich denn mit der Ziege? Der Kerl hat mich doch glatt übers Ohr gehauen!“

      Bob Grey japste nach Luft.

      „Gratuliere zum Ziegenbesitz, lieber Gary“, stieß er hervor. „Das Vieh stand genau hinter dem Brot, als du mit dem Finger darauf gezeigt hast. Vielleicht hat der Händler deine Geste nicht richtig verstanden. Jedenfalls ist das Geschäft durch Handschlag besiegelt worden, und du hast die Ziege auch bezahlt. Nimm’s leicht. Vielleicht kriegst du von irgendwo noch eine Pütz her, dann kannst du das Meckertier wenigstens melken. Milch soll ja gesünder sein als Rum.“

      „Nix melken“, meldete sich Batuti, der Gambianeger, zu Wort und ließ beim Lachen eine Reihe perlweißer Zähne