„Danke, nein. Aber sonst geht’s dir gut, wie?“
„Ja, prächtig.“
„Und den anderen auch?“ fragte Hasard.
„Sicher, Sir“, antwortete Mac und zeigte klar.
„Na, dann wollen wir mal.“ Der Seewolf deutete auf die Jolle, die am Ufer lag. „Wir setzen über, Freunde, und es gibt noch ein hübsches Stück Arbeit, bis wir unsere Ladung an Bord haben.“
„Hurra!“ brüllten die Männer auf den Schiffen. „Ein dreifaches Hurra für den Seewolf! Hurra, hurra, hur-ra!“
Jan Ranse allerdings begann genau in diesem Augenblick, unruhig zu werden. Er ließ die Arme sinken und sagte zu Piet Straaten, der neben ihm auf dem Achterdeck der „San Lorenzo“ stand: „Verdammt noch mal, wo sind Fred und Mel?“
„Na, die werden schon noch aufkreuzen.“
„Denen wird doch wohl nichts passiert sein …“
„Mal nicht den Teufel an die Wand“, sagte Piet. „Warum sollte ausgerechnet ihnen etwas passiert sein?“
Da tauchten auch Fred Finley und Mel Ferrow auf dem Uferstreifen auf. Sie lachten und grölten und winkten den Kameraden fröhlich zu. Jan Ranse und die anderen atmeten auf. Jan enterte in die bereitliegende Jolle ab und ließ sich zum Ufer pullen, um seinen Kapitän, den Seewolf und die anderen sofort zu begrüßen.
Wenige Minuten später enterte Hasard an Bord der „Estrella de Málaga“ auf und ließ den Sturm der Begrüßung über sich ergehen. Bei ihm waren Ribault, Dan und Carberry. Die Jolle wurde um die mitgebrachten Kisten, Truhen und Säcke geleichtert, dann legte sie wieder ab, und Mac Pellew und Bob Grey pullten zurück ans Ufer, um die nächste „Fuhre“ zu holen.
Ben Brighton schüttelte seinem Kapitän die Hand, dann sagte er: „Wir haben uns natürlich ziemlich gesorgt. Immerhin sind fast zwei Monate vergangen, seit ihr aufgebrochen seid.“
„Ja“, sagte Hasard. „Und ich wünsche euch allen nachträglich, ein schönes neues Jahr.“
„Gleichfalls!“ schrien die Männer.
„Potosi ist vorbei“, sagte der Seewolf. „Es war ein voller Erfolg, ich werde darüber noch genau berichten. Auch der Rückmarsch ins Tal von Tacna hat reibungslos geklappt.“
„Es ist keiner von euch verletzt worden?“ fragte Araua.
Hasard zog sie zu sich heran und drückte sie kurz an sich, dann begrüßte er die Zwillinge und schüttelte nacheinander allen Männern einzeln die Hand.
„Fred hat sich unterwegs den Knöchel gebrochen“, entgegnete er. „Noch bevor wir Potosi erreicht hatten. Wir haben ihn deshalb bei einer Indiofamilie zurücklassen müssen, die sich aufopfernd um ihn bemüht hat. Der Fuß ist wieder geheilt. Wir haben Fred abgeholt, uns bei der Familie bedankt und sind weitergezogen.“
„Und das eine kann ich euch versichern“, sagte Carberry grimmig. „Ich bin heilfroh, daß wir diesen Fettsack Don Ramon nicht mehr mit uns rumschleppen müssen. Der war für uns wie ein Klotz am Bein.“
„Der Provinzgouverneur?“ fragte Ben.
„Ja“, erwiderte Hasard. „Wir haben ihn als Geisel aus Potosi mitgenommen. Er wird dorthin nie wieder zurückkehren, er ist seines Amtes enthoben worden. Damit ist er genug gestraft.“
„Wo habt ihr ihn zurückgelassen?“ wollte Big Old Shane wissen.
„Auf dem Altiplano“, erwiderte der Seewolf. „Ich habe mich nicht befugt gefühlt, über ihn zu urteilen und zu richten. Darum habe ich ihm eine Chance zum Überleben gegeben. Er hat eine Muskete, eine Pistole, ein Messer, ein wenig Munition, Proviant und Trinkwasser bei sich. Soll er sich allein durchschlagen. Seine Rolle hat er, wie schon gesagt, ohnehin ausgespielt. Er hat versagt.“
„Hast du bemerkt, wie es inzwischen oben im Tacna-Tal aussieht?“ fragte Ferris Tucker.
„Natürlich. Ihr habt perfekte Arbeit geleistet.“ Hasard ließ seinen Blick über die Decks und über das Rigg wandern. Auch die Karavelle war tadellos in Schuß, und nicht anders sah es drüben an Bord der Galeone aus. Gefaulenzt hatten die Arwenacks und die Vengeurs weiß Gott nicht. „Wir haben bei den Padres Zwischenstation eingelegt, und auch Pater Aloysius war verständlicherweise froh, wieder zu Hause zu sein. Er ist uns übrigens ein ausgezeichneter Führer gewesen.“
Carberry lachte. „Und auch sonst ist er in Ordnung. Wie der zuhauen kann – das hätte ich nie gedacht!“
„Wir haben die Maultiere oben zurückgelassen“, sagte der Seewolf. „Das letzte Stück haben wir unsere Beute also selber tragen müssen.“
„Schwerarbeit“, sagte Dan. „Aber die Hauptsache ist ja, daß es sich gelohnt hat.“
„Hat es das denn?“ fragte Shane grinsend.
Kurz darauf nahmen die Männer die Beute in Augenschein – Silberbarren und Silbermünzen, die aus der Casa de la Moneda mitgenommen worden waren. Wieder jubelten die Männer. Der Schlag gegen die Silberstadt war ein unerhörter Erfolg – die Spanier würden sich nicht so schnell davon erholen.
Die neue Ladung Silberbarren wurde in den Rümpfen der „Estrella de Málaga“ und der „San Lorenzo“ untergebracht. Hasard hatte unterdessen genügend Zeit, die „Estrella“ einer ausgiebigen Inspektion zu unterziehen. Er suchte auch die Kapitänskammer auf, zog sich um und kehrte anschließend auf das Achterdeck zurück.
„Alle Achtung“, sagte er zu Ben und den anderen. „Ihr habt das Schiff ja total überholt.“
„Und die ‚San Lorenzo‘ auch“, entgegnete Ben nicht ohne Stolz. „Wir haben beide Schiffe sogar gekrängt, um den Muschelbewuchs an den Rümpfen zu beseitigen.“
„Ausgezeichnet“, sagte Hasard. „Ben, heute abend wird tüchtig gefeiert. Die Vengeurs kommen zu uns herüber, das habe ich mit Jean schon vereinbart.“
„Ja“, sagte Ribault. „Und Jan bringt einige Flaschen mit dem besten Rum mit. Zieht euch also warm an.“
„Das brauchen wir nicht, der Rum heizt von innen auf“, sagte Carberry. „Mal sehen, wer am längsten durchhält, wenn wir um die Wette laufen.“
„Was ist mit unserem Gefangenen?“ fragte Hasard plötzlich.
„Er lebt nicht mehr“, erwiderte Ben und wurde rasch ernst. „Er versuchte zu fliehen. Um ein Haar wäre es ihm gelungen. Ich verheimliche nicht, daß wir zu dem Zeitpunkt ein wenig unachtsam waren. Aber wir verfolgten ihn, und Plymmie biß ihm die Kehle durch.“
„Es ist besser so“, sagte Hasard. „Er wäre uns sonst auch zur Last gefallen wie Don Ramon de Cubillo. Es hätte uns wenig genutzt, Carrero irgendwo auszusetzen. Er wäre uns auch von dort aus noch gefährlich geworden.“
Shane stieß einen grimmigen Laut aus. „Der Hund war giftiger als ein Sack voll Schlangen. Er hat empfangen, was er verdiente.“
„Es gibt noch sehr viel zu erzählen“, sagte Ben. „Wir waren auch in Arica.“
„So?“ sagte Hasard überrascht.
„Und dort hat es mächtig gekracht und geraucht, wie ich annehme?“ fragte Dan lachend.
„So ist es“, bestätigte Ferris Tucker. „Aber darüber müssen wir noch ausführlich berichten.“
„Nachher“, sagte der Seewolf. „Jetzt laßt uns unsere Sachen verstauen. Dann essen wir – und anschließend wird gefeiert.“
Arwenack war inzwischen auch erschienen. Er ließ „seinen“ Dan nicht mehr los. Er umarmte ihn, stieß schnatternde und keckernde Laute aus und war völlig aus dem Häuschen.
Batuti grinste. „Mann, o Mann“, sagte er. „Da könnte ich ja fast eifersüchtig werden.“
„Dann