Seewölfe Paket 30. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881043
Скачать книгу
dir Seriosität und große Würde.“

      „Dann sind wir eben zwei Beichtväter. In Cádiz laufen genügend herum, da bin ich ganz sicher.“

      Hasard blickte zur Küste. Die große Kathedrale von Cádiz war bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen.

      Eine Meile vom Land entfernt sahen sie ein paar Fischerboote, die in der Dünung schaukelten. Hasard segelte in weitem Abstand an ihnen vorbei. Aber die Fischer schenkten ihnen keine Beachtung. Sie hievten gerade ein Netz an Bord, in dem sich zappelnde silbrige Fischleiber befanden.

      „Sehr ruhig und beschaulich“, stellte der Kutscher fest. „Mit der Jolle werden wir ganz sicher kein Aufsehen erregen.“

      Cádiz lag auf einem Kalkfelsen im gleichnamigen Golf und war durch eine schmale, aber sehr lange Landzunge mit dem Festland verbunden.

      Im Hafen herrschte an diesem Vormittag ein unglaubliches Gewimmel. Die Fischerboote waren kaum zu zählen, aber auch Galeonen lagen dort, Schaluppen und eine größere Karavelle.

      Über die Piers wurden Lasten geschleppt. Kleine Boote wurden beladen, die ihre Fracht hinüber nach Rota brachten. Hasard hörte leise Glockenschläge.

      „Ein eigenartiges Gefühl, direkt in die Arme der Dons zu segeln“, sagte er leise.

      „Wir waren zweimal in der Höhle des Löwen, und niemand hat uns gefressen“, meinte der Kutscher. „Aller guten Dinge sind drei.“

      Bevor sie in den Hafen einliefen, warf Hasard einen langen Blick zurück. Von der Schebecke war nichts zu sehen, nicht einmal ein feiner Strich. Keiner ahnte, wer hier gerade in den Hafen einlief.

      Mit der größten Selbstverständlichkeit segelte Hasard zu dem Fischerhafen hinüber. An den Piers waren genügend Plätze frei.

      Sie fanden eine abgelegene Stelle, wo nur ein paar Boote lagen.

      Dort vertäuten sie.

      Hasard und der Kutscher gingen über die schmale Pier. Ihre Sachen hatten sie in der Achterducht der Jolle verborgen. Dort hatte Ferris Tucker ein „Geheimfach“ eingebaut, das sich getarnt hinter der kleinen Plicht befand.

      Sie gingen zu zwei älteren Fischern hinüber. Einer hockte vor sich hindösend auf dem Dollbord, der andere, ein bärtiger Geselle, klaubte winzige Muscheltiere und Dreck aus einem Netz, in dem noch ein paar angetrocknete Seesterne hingen.

      „Kann man euch ein Netz abkaufen?“ fragte Hasard. „Unseres hat sich so verfangen, daß wir es kappen mußten.“

      „Ihr seid wohl nicht von hier?“ fragte der Bärtige.

      „Drüben, von Rota“, log Hasard.

      „Da vorn ist ein Schiffsausrüster“, sagte der Fischer und deutete mit dem Daumen zur anderen Seite hinüber. „Da könnt ihr neue Netze kaufen, aber neue Netze sind teuer.“

      „Verkauf ihnen doch unser Netz“, sagte der andere, der vor sich hingedöst hatte, jetzt aber wieder munter wurde.

      Man wurde schnell handelseinig, und es wurde nur wenig gefeilscht. Trotzdem war das Netz vermutlich teurer, als wenn sie ein neues gekauft hätten.

      Die beiden Fischer grinsten sich an, als sie das Geld in Empfang genommen hatten.

      „Darauf gehen wir einen trinken“, sagte der Bärtige zu dem anderen, und gleich darauf waren sie verschwunden.

      „Für das Geld kriegen sie ein neues Netz und noch ein paar Buddeln Rotwein dazu“, meinte der Kutscher. „Aber was soll’s! Mit diesem alten Ding sehen wir glaubwürdiger aus.“

      „Dann werden wir auch mal einen trinken gehen“, meinte der Seewolf. „Hier wird uns so schnell keiner behelligen.“

      Die Fischer waren verschwunden und hockten jetzt vermutlich in einer Pinte, wo sie den Verkauf begossen.

      Hasard und der Kutscher gingen in Richtung Festung hinüber. Das Kloster war nicht weit davon entfernt, und in den Straßen sahen sie viele Mönche.

      „Hier fallen wir garantiert nicht auf“, raunte der Kutscher. „Sieh dir nur mal die vielen Brüder an.“

      „Erstaunlich viele“, gab Hasard zu.

      Sie gingen zur Festung hinüber und blickten sich unauffällig um.

      „Hinter einer dieser Mauern sitzt Juan“, sagte Hasard leise. „Aber nur, wenn alles geklappt hat, so wie Donegal gesagt hat. Ich darf gar nicht daran denken, wenn etwas schiefgelaufen ist.“

      Ein Leiterwagen rumpelte vorbei. An den Rungen waren zwei Strolche angebunden, unrasierte, abgerissene Gestalten mit ängstlichen Gesichtern. Vier Soldaten auf dem Leiterwagen traktierten sie mit Schlägen. Der Leiterwagen hielt vor dem offenen Tor der Festung.

      Die beiden Kerle wurden losgebunden und an zwei Pfähle im Innenhof gekettet. Dort schlug ein Soldat mit einem Stock wahllos auf sie ein. Die beiden Kerle schrien sich die Kehlen heiser.

      Hasard und der Kutscher gingen weiter und sahen sich alles an. Die Festung war so gut bewacht, daß es unmöglich war, ungehindert hineinzugelangen.

      Vor der dicken Mauer stand eine neugierige Menschenschlange. Dort hing eine hölzerne Tafel an einem Haken.

      „Das sehen wir uns mal an“, murmelte Hasard. Sie mischten sich unter die Neugierigen und blickten auf die Tafel.

      „Der öffentlichen Schande preisgegeben und durch das Inquisitionstribunal hingerichtet“, stand dort. Dann folgten etliche Namen von denen, die man der Häresie und Ketzerei beschuldigt hatte und die jetzt nicht mehr am Leben waren.

      Mit klopfendem Herzen ging Hasard die Namen durch. Aber Häresie und Ketzerei warf man Don Juan nicht vor. Sein Name war nicht darunter.

      Ein weiterer Anschlag trug die Namen von Verurteilten, die noch in Haft waren, denen der Tod also erst bevorstand.

      Zwei Kaufleute aus Huelva waren darunter, eine „Hexe“ aus Cádiz, ein Händler aus Cádiz, drei Plünderer, zwei Mörder aus Rota.

      Hasard und der Kutscher studierten sorgfältig die Namen, und dann zuckten beide unmerklich zusammen.

      Juan de Alcazar, stand dort, Hochverrat. Der Name war so unauffällig wie die anderen, denen man alles mögliche zur Last gelegt hatte.

      Hasard schluckte den dicken Kloß in seinem Hals hinunter. Er suchte vergeblich nach dem Datum der Hinrichtung. Es war nicht angegeben.

      „Also doch“, sagte er leise, als sie sich von den anderen etwas entfernt hatten. „Jetzt haben wir zumindest die Gewißheit, daß er hier ist und auch bereits verurteilt wurde. Wir müssen nur noch herausfinden, wann das der Fall sein wird.“

      „Du meinst seine Hinrichtung?“

      Hasard nickte nur und ging weiter. In seinem Innern wuchs die Angst, daß es zu spät sein könnte.

      Sie fragten hier und dort unauffällig, aber niemand konnte ihnen etwas Genaues sagen. Die Termine würden nicht öffentlich bekanntgegeben, sagte ihnen ein älterer Mann, der durch die Inquisition einen Neffen verloren hatte.

      „Die bringen ja die halbe Welt um“, murmelte der Kutscher. „Das ist ja noch schlimmer als bei uns, wo man auch nicht gerade zimperlich ist!“

      „Viel schlimmer.“

      Sie gingen in eine Pinte, tranken etwas und hörten sich weiter um. Aber viel war es nicht, was sie erfuhren.

      „Wir gehen wieder zurück“, sagte Hasard, „und werden versuchen, mit den Mönchen Kontakt aufzunehmen. Das ist unsere einzige Möglichkeit. Auf der Jolle besprechen wir die näheren Einzelheiten.“

      Dem Kutscher war sehr unbehaglich zumute, und das sagte er auch. „Die sind so verdammt schnell bei der Sache, daß es einen graust. Die können die Leute gar nicht schnell genug umbringen. Ich habe das erbärmliche Gefühl, als könnten wir nicht mehr viel für unseren Freund Juan tun.“

      „Das