Seewölfe - Piraten der Weltmeere 551. Burt Frederick. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Burt Frederick
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399581
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da. Sie waren immer fähig gewesen, das Beste aus ihrer Lage herauszuholen. Und diesmal waren die Voraussetzungen insgesamt durchaus hoffnungsvoll.

      Was den Männern am meisten zusetzte, war wohl die Tatsache, daß sie im Inneren dieses orientalischen Landes festsaßen und keine Chance hatten, sich ein seetüchtiges Schiff zu verschaffen und Distanz zu gewinnen.

      Nur lausige Flußfahrzeuge gab es hier, und die Aussichten, die geheimnisvolle Schiffahrtsroute vom Persischen Golf zum großen Meer im Norden zu finden, waren geringer denn je.

      Der Himmel war noch immer grau in grau. Das trübe Tageslicht drückte auf die Stimmung der Menschen in Ninive. Zweifellos verhielt es sich drüben, in Mosul nicht anders.

      Einerseits war man froh, das Unwetter überstanden zu haben. Andererseits aber spürte man die Macht der Naturgewalten auf eine geradezu unheimliche Weise. Das düstere Wetter ließ deutlich werden, daß die Gewalten es ganz nach ihren Launen einrichteten, wie sich die nächsten Stunden und Tage entwickelten.

      Der Seewolf gab sich auch in diesem Punkt keinen Illusionen hin. Das Lager war ein Notbehelf, mehr auf keinen Fall. Sollte es wieder Sturm geben, würde das schützende Segeltuch im Handumdrehen weggefetzt werden.

      Dann konnte man die Brandsätze endgültig abschreiben. Beinahe liebevoll waren die Packstücke aus dem fernen China von den Arwenacks aufgestapelt worden. Zusätzlich hatten sie die Packen noch mit Persenningen überdeckt und diese mit Pflöcken im weichen Boden verankert.

      Hasard wandte seinen Blick zu den Mauern von Ninive. Zierliche und kunstvolle Bauten prägten das Bild der Stadt. Die schlanken Minarette waren wie ein stolz zur Schau gestellter Beweis, daß der Mensch den Naturgewalten zu trotzen vermochte.

      Diese Menschen in Ninive hatten sich gegenüber den „Ungläubigen“ von Bord der im Strom versunkenen „Santa Barbara“ nicht etwa herablassend oder verachtend gezeigt. Nein, sie hatten ihnen neben der tätigen Hilfe auch noch große Mengen an Proviant gebracht. Außer einer festen und sicheren Unterkunft fehlte es praktisch an nichts – gemessen an den Umständen.

      Am Rand des Lagers, dem Fluß zugewandt, versammelten sich die Männer, wie Hasard angeordnet hatte. Plymmie und Arwenack waren ebenso zur Stelle wie Sir John, dem einzig der Sturm zu schaffen gemacht hatte. Von einem Bein auf das andere schaukelnd, thronte er mit scheinbar verdrossener Miene auf der rechten Schulter des Profos und ließ gelegentlich einen krächzenden Fluch hören.

      Die Männer setzten sich auf Kisten oder einfach in den Sand und beobachteten eine Weile schweigend den Tigris, dessen lehmige Fluten sich nun träge und schwerfällig dahinwälzten.

      Kaum noch vorstellbar, daß dieser Fluß ein so prächtiges und solides Schiff wie die „Santa Barbara“ bezwungen hatte.

      „Es gibt nur einen einzigen Besprechungspunkt“, sagte der Seewolf. „Wir müssen uns darüber klar werden, was wir wollen. Bitte äußert euch dazu.“

      Old Donegal Daniel O’Flynn hatte die schnellste Zunge.

      „Was wir auch tun“, rief er mit eindringlicher Stimme, „wir sollten vor allem verhindern, daß uns so was wie hier noch mal passiert!“

      „Ein Patentrezept gegen Naturkatastrophen gibt es nicht“, sagte Hasard ruhig. „Halten wir uns also nicht mit ungefangenen Fischen auf, Donegal.“

      „Das sind keine ungefangenen Fische“, ereiferte sich Old Donegal. „Es handelt sich um eindeutige Tatsachen. Ich fordere euch alle auf, denkt man ein bißchen darüber nach, wem wir diese schlechte Lage zu verdanken haben!“ Mit der gekonnten Geste eines zornigen Anklägers stieß er die rechte Hand vor. Sein ausgestreckter knorriger Zeigefinger wies auf Edwin Carberry.

      Der Profos blinzelte verdutzt. Ungewollt sperrte er auch den Mund auf. Sir John unterbrach seine Schaukelbewegung auf der Profosschulter, legte den Kopf schief, schloß das rechte Auge und fixierte den alten O’Flynn mit dem linken.

      „Holzkopf!“ tönte der Arapapagei laut und vernehmlich.

      Die Männer grinsten sich eins, wußten aber, daß das Thema beileibe noch nicht erledigt war. Und Hasard ließ den Alten gewähren. Das gehörte zur Bewältigung von Verdruß. Es war das bißchen Salz in der sonst faden Suppe, die sie sich eingebrockt hatten. Es erleichterte.

      „Willst du damit sagen“, donnerte Carberry los, „ich hätte die Schuld?“ An seinem Hals schwollen die Adern zu Strängen an, und die sich rötenden Narben in seinem Gesicht ließen befürchten, daß er dem Alten diesmal tatsächlich den Hals umdrehen würde.

      „Allerdings!“ keifte Old Donegal. „Da du es selbst nicht begreifst, Mister Carberry, will ich es dir vor Augen halten. Allerdings wage ich nicht zu hoffen, daß du daraus eine Lehre ziehst. Vielleicht werden dir aber die anderen in Zukunft das Maul stopfen, bevor du uns alle ins Verderben ziehst.“

      „Das reicht!“ brüllte der Profos und sprang so ruckartig auf, daß Sir John erschrocken hochflatterte. „Muß ich mir diesen Unsinn noch länger anhören, Sir?“

      Sir John landete wieder.

      „Trage es mit Fassung“, sagte der Seewolf grinsend. „Kann ja sein, daß uns Mister O’Flynn tatsächlich wichtige neue Erkenntnisse zu unterbreiten hat.“

      Carberry sackte auf seinen Platz zurück. Seine Miene zeigte, daß er sich von aller Welt verlassen fühlte.

      Old Donegal Daniel O’Flynn hob unterdessen gewichtig den Kopf und ahmte den Profos nach, indem er wie dieser herausfordernd das Kinn vorreckte.

      „Die Katastrophe“, sagte Old Donegal gedehnt und bedeutungsvoll, „hat sich für uns nicht ohne Grund so schlimm ausgewirkt. Man soll die Mächte der Natur nämlich nicht herausfordern. Ich habe euch oft genug gewarnt. Und derjenige, der nicht hören wollte, war natürlich mal wieder unser allseits verehrter Mister Carberry.“

      Carberry öffnete und schloß den Mund abwechselnd, ohne einen Ton hervorzubringen, und er sah dabei aus wie ein Fisch auf dem Trockenen.

      Alle Blicke waren auf den Alten gerichtet, die meisten der Männer konnten sich ein Grinsen dabei nicht verkneifen.

      „Mister Carberry“, fuhr Old Donegal anklagend fort, „konnte es nämlich nicht lassen, den Tigris in den Dreck zu ziehen. Ich will alle die widerwärtigen Worte gar nicht erst wiederholen, mit denen er sich über das angebliche Rinnsal verächtlich geäußert hat. Aber jedem von euch wird es noch in den Ohren klingen, wie er über den Fluß hergezogen ist. Nun, ich sage euch, so ein Fluß ist auch ein Wesen mit einer empfindsamen Seele. Was zuviel war, war zuviel. Der Tigris mußte dem Lästermaul Carberry einfach einen Denkzettel verpassen. Daß wir dabei die Leidtragenden sind, interessiert unseren geschätzten Profos natürlich kein Stück.“

      Carberry stieß ein unartikuliertes Brüllen aus und sprang von neuem auf. Smoky und Bob Grey hielten ihn an den Armen fest und drückten ihn mit sanftem Nachdruck auf seinen Platz zurück.

      „Keine weiteren Auseinandersetzungen“, sagte der Seewolf energisch. „Wir haben von Mister O’Flynn gehört, warum die ‚Santa Barbara‘ untergegangen ist. Wir wissen, daß Mister Carberry der Schuldige ist. In Ordnung. Wenden wir uns nun den Schritten zu, die wir zu unternehmen gedenken.“

      Der alte O’Flynn starrte den Seewolf an, als hätte sich dieser plötzlich in ein Wesen mit sechs Armen und zwei Köpfen verwandelt.

      Und Carberry sah nicht wesentlich geistreicher aus.

      „A-aber“, stotterte Old Donegal verdutzt. „Will denn keiner irgendwas …?“

      „Nein“, sagte Hasard kurz und knapp. „Diesmal hat keiner etwas einzuwenden. Du hast recht, Donegal, uneingeschränkt recht. Der bösartige Edwin ist an allem schuld.“ Er kniff das linke Auge zu, so daß nur der Profos es sehen konnte. „Wir werden mit dieser Tatsache leben müssen.“

      Old Donegal sperrte den Mund auf und kriegte ihn nicht wieder zu.

      Die Männer verbargen ihr Grinsen hinter der hohlen Hand, und Carberry hatte begriffen. Er setzte