Seewölfe Paket 1. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394906
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Hasard hinüber. „Wir halsen und gehen auf Gegenkurs. Ich werde mit der ‚Barcelona‘ an der Steuerbordseite der Karacke vorbeischeren und entern. Die Karacke kapern wir für die Neger. Mit ihr können sie zurück nach Afrika segeln. Sag das deinen Schwarzen. Versuche zur selben Zeit, an der Backbordseite der Karacke vorbeizuscheren und zu entern. Dann haben wir sie in der Zange. Unser Überraschungstrick: Vor dem Entern werden unsere siebzehn Schönen auf der Steuerbordseite ihre Reize zur Schau stellen. Die Kerle auf der Karacke werden sich kaum um euch kümmern, wenn ihr euch heranpirscht. Dann laufen wir in die Bucht ein und ankern dort. Alles klar?“

      „Verstanden!“ rief Ben Brighton und grinste über das ganze Gesicht. Und schon knallten seine Befehle über das Deck der „Santa Barbara“.

      Hasard blickte zurück. Die Karacke lag Backbord achteraus – noch immer nur unter der Fock und dem dreieckigen Lateinersegel. Eilig hatten die es überhaupt nicht. Wahrscheinlich palaverten sie jetzt über diese verrückte Galeone, auf der halbnackte Weiber mit ihren Busen wippten. Und der Capitan hatte alle Hände voll zu tun, seine Leute wieder an die Arbeit zu scheuchen.

      „Soll ich weiter Kurs halten?“ fragte Blacky.

      Ach du liebe Zeit, Blacky hätte er fast vergessen.

      „Du bleibst natürlich am Ruder, Blacky“, sagte Hasard, „ja, halte noch Kurs.“

      „Ich entere nicht mit?“ fragte Blacky empört.

      „Nein.“ Das klang endgültig und ziemlich scharf.

      „Ist gut“, sagte Blacky und seufzte.

      „Was gibt’s da zu seufzen? Ihr wollt wohl alle vor den Augen dieser – dieser schwarzen Hexen den Helden spielen, was?“

      „Klar“, sagte Blacky, schielte auf den Kompaß und hoch zu den Segeln.

      Dieses „klar“ klang so, als sei Blacky restlos davon überzeugt, ein zukünftiger Held zu sein. Und daraus wiederum ersah Hasard, daß es höchste Zeit wurde, seine Männer von dem täglichen Alpdruck halbnackter, wohlgerundeter Weiber zu befreien.

      Daß sie mit den Negern zusammen diese miese Karacke kapern würden, stand außer Zweifel. Sie würden wie die Teufel über das Schiff herfallen. Die Schwarzen, weil ihnen die Chance geboten wurde, mit dieser Karacke ihre wirkliche Freiheit zurückzuerobern. Und seine Männer? Die kämpften wegen dieser lausigen Gazellen, die ihnen allen den Kopf verdreht hatten. Wahrscheinlich bildeten sie sich ein, dies sei der einzige Weg ins Himmelreich weicher Frauenarme und anschmiegsamer Körper.

      „Idioten“, sagte Hasard laut und deutlich.

      „Aye, aye, Sir“, sagte Blacky.

      „Klar zur Halse!“ schrie Hasard und Blacky fuhr er an: „Fall ab, du Held!“

      Blacky legte Ruder. Die „Barcelona“ drehte an, schwenkte den Bugspriet herum und ging in einem feingezirkelten Halbkreis auf Gegenkurs.

      „Recht so“, sagte Hasard zu Blacky und peilte über den Bugspriet die Karacke an, die ihnen jetzt entgegensegelte. „Halte diesen Kurs.“

      „Aye, aye, Sir.“

      „Spar dir dies verdammte ‚Sir‘ “, fauchte Hasard.

      „Aye, aye.“

      Hasard warf Blacky einen kurzen Blick zu. Natürlich, der grinste schon wieder. Und noch blöder als je zuvor.

      „Diese Weiber“, sagte Hasard so eklig und biestig, wie er nur sein konnte, „habt ihr in spätestens einer halben Stunde das letztemal gesehen, und zwar dann an Bord der verdammten Karacke, mit der sie an der östlichen Kimm verschwinden werden. Auf Nimmerwiedersehen, mein lieber Blacky. Bitte geh um einen Viertelstrich nach Backbord, sonst steuern wir Kollisionskurs. Ja, recht so.“

      Hasard warf einen kurzen Blick nach Steuerbord. Auch die „Santa Barbara“ hatte gehalst und lag auf Kurs, hing aber zurück. Sie hatten jetzt achterlichen Wind. Hasard ließ das Großsegel wegnehmen, um langsamer zu werden. Die „Santa Barbara“ mußte aufholen, um dann mit ihnen gleichzeitig an der Karacke zu sein.

      Hasard beobachtete sie. Ja, sie kam langsam auf, als die „Barcelona“ die Fahrt verringerte.

      Die siebzehn Schönen standen längst an der Steuerbordseite aufgereiht und hatten ihre Busen gewissermaßen aufs Schanzkleid gelegt.

      Der Seewolf – auch an der Steuerbordseite des Achterdecks – peilte über die Rundungen, die sich da vor ihm in fleischerner Phalanx präsentierten.

      Es war ein unerhörter Anblick.

      Und zum erstenmal nach allen diesen verwirrenden Ereignissen seit dem Ankeraufgehen dieses Tages begann er zu lächeln, und daraus wurde ein schallendes Lachen, befreiend wie eine Fanfare zum Beginn der Schlacht.

      Ferris Tucker stand mit seiner riesigen Gestalt geduckt in der Deckung des Vorkastells. Er hatte einen ähnlichen, nur entgegengesetzten Blickwinkel über die Busenphalanx. Als die schmetternde Fanfare über das Deck fegte, zuckte er erst zusammen, dann begriff er, warum dieser schwarzhaarige Teufel dort auf dem Achterdeck Tränen lachte, und röhrte mit seinem Baß los.

      So rauschten die beiden Galeonen der Karacke entgegen. Ben Brightons Männer feixten herüber und genossen den Anblick, den ihnen die Breitseite der „Barcelona“ bot – ein letztes heiteres Bild vor einem grimmigen Kampf, dessen Bild von aufeinanderklirrenden Klingen, wirbelnden Enterbeilen, krachenden Schüssen und wildem Gebrüll bestimmt sein würde.

      Hasard schnappte nach Luft und wischte sich die Tränen aus den Augen.

      „Ist der Kurs recht so?“ fragte Blacky unruhig. Von seinem Standort am Kolderstock der Galeone konnte er zwar den Stand der Segel sehen, aber das Vorkastell verbaute ihm die direkte Sicht voraus.

      „Ausgezeichnet, Blacky“, erwiderte der Seewolf. Er lehnte sich weiter über die Steuerbordseite. Nach seiner Schätzung würden die „Barcelona“ und die Karacke einander in einem Abstand von knapp zwei Fuß passieren.

      „Holt die Rahen längsschiffs, Männer“, befahl er. Er hatte keine Lust, sich mit den Spieren der „Barcelona“ in der Takelage der Karacke zu verhaken.

      Mit einem kurzen Blick hinüber zur „Santa Barbara“ sah er, daß Ben Brighton das gleiche befohlen hatte. Ben war umsichtig und aufmerksam. Hasard nickte zufrieden.

      Die Karacke schien zu stehen, aber das täuschte, denn der Abstand zwischen ihr und den beiden Galeonen schmolz zusehends zusammen.

      Noch etwa hundert Yards.

      Ferris Tucker hatte bereits eine glimmende Lunte in der Hand. Die Neger und seine Männer kauerten eng ans Schanzkleid gepreßt, vor ihren Nasen schlanke, samthäutige Beine und wohlgerundete Schenkel.

      Hasard sah, wie Matt Davies einer Schönen in den Hintern kniff – dieser Lustmolch!

      „Matt! Verdammich, halt deine Finger ruhig!“

      „Aye, aye, Sir.“ Die Linke verschwand wieder, Matts Gesicht war rot wie eine Tomate. Die Schöne kicherte.

      Noch fünfzig Yards.

      Auf der Karacke war Zustand. Ihre Steuerbordseite war mit langgereckten Hälsen geziert, Männerstimmen grölten herüber, Arme wurden geschwenkt. Auf dem Achterdeck tanzte ein einzelner Mann herum und raufte sich die Haare, wohl der Capitan.

      Zwanzig Yards.

      „Aufgepaßt, Männer!“ rief der Seewolf.

      Ja, sie lauerten sprungbereit, die Waffen in den Fäusten, Messer quer zwischen den Zähnen.

      Zugleich mit der „Barcelona“ passierte der Bugspriet der „Santa Barbara“ den Bug der Karacke.

      „Ferris! Feuer!“

      Sekunden später krachte die Kanone auf der vorderen Kuhl. Holz zersplitterte, Pulverdampf waberte hoch.

      „Vorwärts, Männer der ‚Barcelona‘!“ brüllte der Seewolf.