Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
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sein, dachte er entgeistert.

      „Zwei englische Pfund?“ schrie er zurück.

      „Ibrahim will euch nicht schädigen, Herr“, jammerte der Händler. „Gut, ich gebe mich mit eineinhalb zufrieden.“

      Die ersten Kugeln und Fässer wurden bereits aus dem Bauch der Feluke an Deck geschleppt.

      Hasard wandte sich an Ferris Tukker, der mit verblüfftem Gesicht neben ihm stand.

      „Was hältst du davon, Ferris?“

      Ferris kratzte seine roten Haarborsten und hob die Schultern.

      „Mehr als geschenkt“, meinte er. „ein geradezu idiotisch geringer Preis. Entweder will er uns zu weiterem Kauf animieren, oder er führt etwas im Schilde. Aber ich habe mir den Kahn genau angesehen, Sir. Für Verstecke ist er nicht geeignet, und wenn er wirklich hundert Kugeln und viel Schießpulver an Bord hat, dann wundert mich auch sein Tiefgang nicht. Das ist ganz normal.“

      „Das stimmt. Was könnte er, deiner Meinung nach, vorhaben?“

      „Da bin ich überfragt, vielleicht täuschen wir uns wirklich in dem Schlitzohr, ganz geheuer ist er mir jedenfalls nicht.“

      Während weiterhin Kugeln an Deck der Feluke gebracht wurden, verschwand Ibrahim in seiner Schatzhöhle, kehrte aber gleich darauf mit einem kleinen trommelähnlichen Instrument zurück.

      Er hielt es an drei Fäden und ließ es langsam auf die Wasseroberfläche gleiten.

      „Ibrahim wird euch ein Kunststück zeigen“, verkündete er, um seine neuen Kunden restlos zu verblüffen. „Mit dieser Trommel zaubere ich einen Delphin aus dem Meer!“

      Hasard lachte schallend, und auch die anderen stimmten in das Gelächter ein.

      Der gewiefte Kerl hatte den Delphin natürlich auch gesehen. Wahrscheinlich hing unten an der Trommel ein Fisch, der den Meeresbewohner anlockte, der sich hier in der Nähe herumtrieb.

      Ging das Experiment schief, hatte Ibrahim nicht viel verloren, klappte es aber, dann würden natürlich alle staunen, und so köderte er seine Kunden wieder einmal.

      Hasard und seine Männer nahmen es als einen kleinen Scherz, aber wenn sie den Ernst der Lage gekannt hätten, dann hätten sich ihnen allen die Haare gesträubt, denn Ibrahim konnte viel mehr, als einen Delphin aus dem Wasser zu locken. Er spielte schon jetzt mit den Seewölfen Katz und Maus, ohne daß es einer merkte.

      An den Fäden ließ er die Trommel auf dem Wasser tanzen. Seine schlanken Finger zuckten in einem ganz bestimmten Rhythmus, dann wurden sie ruhig, und der schlitzohrige Händler schaute mit starrem Gesicht auf die ruhige Wasserfläche.

      Hasard ließ sich jedoch nicht ablenken. Immer wieder blickte er in die Runde, beobachtete die Kerle auf der Feluke und konnte nichts Ungewöhnliches feststellen.

      Doch dann wurde sein Gesicht sehr nachdenklich, und über seiner Nasenwurzel stand eine steile Falte.

      Plötzlich war da ein Schatten unter der Feluke. Er wurde größer und schnellte sich dann mit einem gewaltigen Satz aus dem Wasser. Der schlanke Leib eines Delphins wurde in der Luft sichtbar, ein merkwürdiger Keckerlaut ertönte von dem Tier, dann fiel es wieder ins Wasser zurück und umschwamm die Feluke.

      Zwischen der „Isabella“ und dem Händlerschiff zog der Delphin seine Kreise, und sobald er seine spitze Schnauze aus dem Wasser hob, schien es den Seewölfen, als grinse der Delphin.

      Dicht neben der Trommel schnellte er sich mit einem gewaltigen Satz in die Höhe, schleuderte Wasser hoch und ließ sich von dem arabischen Händler einmal schnell streicheln. Dann fiel er wieder ins Meer zurück, blieb aber dicht unter der Wasseroberfläche immer in der Nähe der Feluke.

      Noch ein paarmal ließ Ibrahim den Delphin springen, dann verschwand das Tier unter der „Isabella“ und jagte weiter.

      Diese Vorführung war so verblüffend, daß zunächst keiner ein Wort sagte. Ungläubig sahen sie auf den geheimnisvollen Händler, der jetzt seine Trommel einholte und zufrieden vor sich hin grinste.

      „Das – das ist fast wie Zauberei“, sagte Ben Brighton beeindruckt. „Der Kerl wird mir richtig unheimlich.“

      Die Erstarrung von den Seewölfen löste sich, dann begannen sie alle wie wild zu klatschen, was der Händler mit sichtbarem Stolz zur Kenntnis nahm.

      „Hat es euch gefallen, Herr?“ fragte Ibrahim.

      „Nun, es hat mich beeindruckt“, gab der Seewolf zu. „Wenn ich den Trick kenne, wird er mir vielleicht auch gelingen.“

      Zuvorkommend hielt der Kerl die Trommel hoch, auffordernd und grinsend, ganz im Gefühl seiner Überlegenheit.

      Die Feluke war nur noch drei Yards von der „Isabella“ entfernt, und jetzt ließ Hasard zu, daß sie anlegte. Solange sich die Kerle auf ihrem Kahn befanden, drohte keine Gefahr. Selbst wenn sie an Deck erschienen, schafften sie es nicht, die Seewölfe zu überrumpeln.

      Bill nahm die Trommel entgegen, und als die anderen ihn umringten, ließ er sie ebenfalls auf das Wasser gleiten und vollführte wilde Handbewegungen, wie er es bei dem Händler gesehen hatte.

      Der Delphin ließ sich jedoch nicht blicken. Als Blacky, Smoky und auch Stenmark es versuchten, blieb er ebenfalls unsichtbar. Selbst die Zwillinge, mit allerlei Tricks des Orients vertraut, schafften es nicht, das Tier sichtbar werden zu lassen.

      Hasard versuchte es erst gar nicht, damit die Überlegenheit des Händlers nicht zu sehr dominierte.

      Eine gewisse Vertrauensbasis war jetzt aber doch hergestellt, fand der Seewölf, und das wurmte ihn. Denn Vertrauen schläfert den Verstand ein und schafft Unaufmerksamkeit. Verdammt, und gerade das wollte er vermeiden, aber es gab beileibe nichts, was er diesem gewieften Händler anhängen konnte. Der war anscheinend nur auf sein Geschäft bedacht.

      Die Kugeln wurden zur Kuhl hinaufgereicht. Dann waren die Fässer mit Schießpulver an der Reihe.

      Da faßte Hasard seinen Entschluß, als der Händler wieder mit den Teetassen winkte und sie erneut einlud, die Schätze des Orients zu besichtigen.

      „Ferris und ich sehen uns einmal um“, sagte er. „Von den anderen erwarte ich nichts weiter als Aufmerksamkeit. Ihr wißt, was ihr zu tun habt.“

      Ja, das wußten sie alle. Selbst wenn es Ibrahim einfallen sollte, die beiden Männer als Geiseln zu nehmen, gab es keinen Pardon. Sie ließen sich weder erpressen noch hereinlegen, auch nicht um den Preis eines Lebens. Das hatte der Seewolf angeordnet.

      Hasard hatte dabei allerdings noch einen Hintergedanken. Dieser mit allen orientalischen Wässerchen gewaschene Händler konnte ihm vielleicht behilflich sein. Er kannte Allah und die Welt, und er kannte sicher auch das, was der Seewolf wissen wollte. Aber das würde sich ja gleich erweisen.

      Der Profos verzog mißmutig das Gesicht, weil Hasard nicht ihn mitnahm, sondern seinen Freund Ferris Tucker. Aber auch das war geplant. Ferris hatte den richtigen Blick für Geheimverstecke und Größenverhältnisse auf Schiffen, das hatte er kürzlich gerade wieder einmal bewiesen.

      Als sie an Deck der Feluke standen, verneigte sich Ibrahim fast bis auf die Planken.

      Als Begrüßungsschluck reichte er den beiden Männern frisch gebrühten Tee mit Rosenöl. Die kleinen Tassen stellte er auf den eigens an Deck gestellten Messingtisch.

      „Allah möge über euch wachen, Herr“, sagte er salbungsvoll. „Ihr, die ihr den Armen helft, sollt ewig leben.“

      Dann griff Ibrahim zu seiner Tasse, doch Hasard faßte lächelnd sein Handgelenk und hielt es fest.

      „Beim ersten Schluck auf eine neue Freundschaft tauschen wir immer die Tassen“, erklärte er.

      Er wartete auf eine enttäuschte Reaktion, doch die blieb aus. Dafür blitzte es in den Augen des Händlers freudig auf.

      „Eine ehrwürdige Sitte, Herr“, sagte er unterwürfig und ließ zu,