Seewölfe - Piraten der Weltmeere 242. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395781
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verscheuchte sie aus seiner Nähe, dann forderten sie ihn dazu auf, auf der zweistufigen Estrade Platz zu nehmen, die die ganze Länge der der Tür gegenüberliegenden Wand einnahm.

      Antos setzte sich mit bedächtigen Bewegungen und bettete die Lyra und den Bogen auf seine Knie.

      Im Steinofen flackerte ein munteres Feuer. Melania reichte dem großen Mann mit dem kantigen, verschlossenen Gesicht Gebäck und füllte einen Becher mit weißem Landwein.

      „Trink und iß“, sagte sie. „Und wärm dich auf. Du bist ja ganz durchgefroren.“

      „Ich kann nicht lange bleiben. Ich muß fort. Ich bin in Eile.“

      „Was hast du vor?“ fragte sie ihn.

      „Ich muß hinunter zur Bucht. Muß fertig sein, wenn sie vor Anker gehen. Sie werden nicht lange auf mich warten.“

      Sie ließ sich neben ihm auf der obersten Stufe nieder und betrachtete ihn voll Sorge. Er biß in ein Stück Gebäck und nahm hastig einen Schluck Wein.

      „Das kannst du doch nicht tun“, sagte sie eindringlich. „Du holst dir da unten den Tod. Sei doch vernünftig.“

      Der kleine Junge war wieder näher herangetreten und blickte zu ihnen auf.

      „Mutter“, sagte er leise. „Er ist doch schon tot. Er kann nicht mehr sterben.“

      „Sei still.“

      „Ja“, brummte Antos. „Ich bin tot. Mein neues Haus ist schon bereit. Poseidon hat es für mich und die Meinen erbaut.“

      „Antos“, sagte die Frau, jetzt in fast flehendem Tonfall.

      Er stellte den Becher weg, ließ den Teller mit dem restlichen Gebäck stehen und erhob sich erstaunlich schnell. „Ich habe keine Zeit zu verlieren. Muß gehen. Laßt mich fort.“ Er sprang von der Estrade, eilte durch den Raum und war im nächsten Augenblick durch die Tür verschwunden.

      Die kleinen Mädchen stießen sich an und kicherten. Melania beugte sich zu dem Jungen hinunter und sagte: „Kanos, paß eine Weile auf deine Schwestern auf. Ich verlasse mich auf dich.“

      „Du willst fort, Mutter?“

      „Nur eben zu Iris hinüber, es dauert nicht lange.“

      Er nickte und sah sie mit dem Ernst eines erwachsenen Mannes an. „Du brauchst unseretwegen keine Angst zu haben, Mutter, bestimmt nicht.“

      Sie hauchte ihm einen Kuß auf die Stirn, dann verließ auch sie das Haus und eilte drei Türen weiter zu ihrer Freundin. Iris, die hübsche junge Frau mit den langen schwarzen Haaren, hatte erst vor wenigen Wochen den gutaussehenden Lagios geheiratet, der als einer der besten Fischer, Jäger und Bauern im Dorf bekannt war und auch einer der stärksten und mutigsten Männer war.

      Iris war allein. Lagios war mit den anderen Männern hinaus in die Olivenhaine gezogen, wo es Häusergruppen zum Übernachten gab. Wegen der ziemlich großen Entfernung, die die Haine und Felder vom Dorf trennten, zogen es die Männer bei den Ernten vor, dort ihr Quartier aufzuschlagen.

      Aufgeregt berichtete Melania, was Antos gesagt hatte. Iris lachte und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ach, Unsinn, es gibt keine fremden Schiffe, Melania. Du weißt doch, was er sich alles ausdenkt. Er will schon Poseidon höchstpersönlich gesehen haben.“

      „Darum geht es mir nicht“, sagte Melania. „Ich fürchte, er tut sich selbst ein Unheil an. Er ist heute abend völlig aus dem Häuschen. Wir dürfen nicht zulassen, daß er ins Wasser geht und sich umbringt.“

      „Das tut er nicht.“

      „Bist du ganz sicher?“

      Iris wurde ernst. „Er hat es die ganzen Jahre über nicht getan, warum sollte es ausgerechnet heute nacht passieren? Aber ich will dir etwas anderes vorschlagen. Beraten wir mit den anderen Frauen, was zu tun ist.“

      Es verging nicht viel Zeit, und Iris hatte knapp ein Dutzend Frauen zu sich ins Haus geholt. Sie alle ließen sich auf der Estrade nieder, und noch einmal erzählte Melania, wie seltsam sich Antos benommen hätte. Nachdem sie geendet hatte, herrschte für kurze Zeit Schweigen, dann ergriff eine Greisin das Wort.

      „Der Wetterumschwung hat ihm den letzten Rest Verstand geraubt“, sagte sie. „Er ist eine arme Kreatur, Melania, aber wer ihn jetzt zurückzuhalten versucht, der läuft Gefahr, von ihm angegriffen zu werden.“

      „Du meinst, er könnte gewalttätig werden? Auch mir gegenüber?“

      „Ja. Er ist unberechenbar.“

      „Glaubst du denn auch, daß er Selbstmord begehen will?“

      „Möglich ist es.“

      „Aber – dann müssen wir doch handeln! Es ist unsere Pflicht!“

      Die Alte schüttelte den Kopf. „Nein. Für ihn wird es eine Erlösung sein, das Ende seiner Qualen. Und du, Melania, darfst ihm nicht in den Weg treten. Denk an deine Kinder.“

      Melania hob entsetzt die Hände. „Aber das ist unmenschlich!“

      „Nein“, sagte die Greisin. „Antos sieht Dämonen und Gespenster, er zieht sie mit seinem Tun an. Er bringt noch Unheil über Pigadia, wenn es so weitergeht mit ihm. Laß ihn in Frieden sterben.“

      „Niemals!“ stieß Melania hervor. Dann stand sie auf und eilte aus dem Haus.

      Iris wollte ihr nachlaufen, doch die anderen Frauen hielten sie zurück.

      Melania hastete durch die einsetzende Dunkelheit zu Antos’ Haus. Als sie dort eintraf, war er bereits verschwunden. In dem einzigen Raum des Gebäudes herrschte eine heillose Unordnung, er hatte seine alte, zerlumpte Kleidung abgeworfen und sich andere Sachen angezogen.

      Sie rief nach ihm, suchte die Gassen nach ihm ab, doch die Dunkelheit schien ihn verschluckt zu haben. Melania blieb stehen. Sie spürte, wie ihr die Tränen heiß und brennend in die Augen stiegen. Sie ballte ihr kleinen, arbeitsgewohnten Hände zu Fäusten.

      Antos lief über den schmalen, gewundenen Pfad zur Bucht hinunter.

      Die Schiffe – zwei Zweimaster mit großen Lateinersegeln – schoben sich im schäumenden Wasser in die Bucht. Sie waren unterschiedlich groß, das eine fast hundert Tonnen, das andere nur knapp fünfzig. Männer und Frauen befanden sich an Bord, eine bunt durcheinandergewürfelte Meute abenteuerlich gekleideter, wilder Gestalten.

      Der Anführer der Bande stand auf dem Vordeck des großen Schiffes und blickte aufmerksam zum Ufer der Bucht. Er war groß und breitschultrig, ein Hüne von sehniger, kräftiger Gestalt. In seinem Gesicht stachen die dunklen, durchdringend blickenden Augen hervor, der schmallippige Mund, der Verwegenheit und Gnadenlosigkeit ausdrückte, eine leicht gebogene Nase und der Schnauzbart, dessen Enden über die Mundwinkel hingen.

      Sein Name war Selim.

      Selim, der Seeräuber.

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