Seewölfe Paket 19. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397785
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Schanzkleid des Hauptdecks hatte mehrere Schäden.

      Die „Isabella“ indes war noch einigermaßen glimpflich aus dem Beschuß der „San Francisco“ hervorgegangen, ihr hatte es nur einen Teil des Quarterdeckschanzkleides wegrasiert. Sonst gab es nur kleinere Schäden. Beispielsweise fehlte plötzlich der Rauchabzug der Kombüse, der auf der Back montiert war. Es hatte ihn weggefegt, er war im Wasser gelandet.

      Gary Andrews hatte einen Kratzer am Arm, ein durch die Luft wirbelnder Splitter hatte ihn getroffen. Aber der Kutscher war bereits zur Stelle und verarztete ihn.

      „Nicht der Rede wert“, sagte Gary. „Da sind wir schon ganz andere Sachen gewohnt, was, Kutscher?“

      „Richtig. Man soll aber den Tag nicht vor dem Abend loben.“

      „Shane! Batuti!“ brüllte Carberry, der soeben einen neuen Befehl von Hasard entgegengenommen hatte. „Los jetzt mit den Brand- und Pulverpfeilen!“

      Big Old Shane hatte längst den Großmars geentert und lauerte neben Bill, der ihm beim Anzünden der Pfeile half. Der Gambia-Mann hatte den Platz im Vormars eingenommen, und bei ihm war Philip junior. Der größeren Schnelligkeit wegen hatte der Seewolf bestimmt, daß beide Schützen einen Helfer haben sollten. Und so begann ein Hagel von Pfeilen aus den Toppen der „Isabella“ zum Feind hinüberzufliegen, Brand- und pulvergefüllte Pfeile abwechselnd, die sich in der Takelage der „San Francisco“ verfingen oder zischend und fauchend in die Decks bohrten.

      Als der erste Pulverpfeil auf dem Hauptdeck der Kriegsgaleone explodierte, bewies das Geschrei der Spanier, daß sie aus der Fassung geraten waren. Es herrschte Wuhling – Hasard konnte es durch die zusammen- und wieder auseinanderfließenden Rauchschwaden beobachten.

      „Ferris!“ schrie er. „Höllenflaschen – Feuer!“

      Ferris Tucker glich einem rußverschmierten, grinsenden Teufel. Er hockte neben seiner Abschußvorrichtung und zündete die Lunte der Flaschenbombe, die bereits in der Pfanne der Schleuder lag. Nur kurz überprüfte er die Zielrichtung und den Wurfwinkel, dann löste er die Arretierung. Der Hebelarm ruckte hoch, die Flasche segelte zum Gegner hinüber und landete auf seinem Achterdeck.

      Drüben schrie der Kapitän Zeter und Mordio. Die Höllenflasche polterte neben ihm auf die Planken, aber sie zerbrach nicht, denn sie bestand aus dickwandigem, widerstandsfähigem Glas. Sie rollte von Backbord nach Steuerbord.

      Aus geweiteten Augen starrte der Kapitän auf die zischende Lunte, dann reagierte er. Er wollte sich auf die Flasche stürzen und sie außenbords befördern, aber es war schon zu spät. Sie prallte gegen das Schanzkleid und ging im selben Augenblick in die Luft.

      Wie von einer unsichtbaren Faust getroffen, flog der Kapitän der „San Francisco“ zurück und landete an der Heckreling. Hier brach er zusammen. Er blutete aus mehreren Wunden, Scherben der zerfetzten Flasche hatten ihn getroffen. Er stöhnte und wand sich, aber es war niemand zur Stelle, der ihm helfen konnte.

      Sowohl die Offiziere auf dem Achterdeck als auch Seeleute und Seesoldaten, hatten alle Hände voll zu tun. Tote lagen auf den Planken und behinderten die Männer, die die überall aufkeimenden Brände zu löschen versuchten. Verletzte wälzten sich auf den Decks, das Geschrei nahm immer mehr zu.

      Das totale Chaos ließ sich nicht mehr aufhalten. Die „San Francisco“ trieb brennend und steuerlos in der See. Der Rudergänger war durch die Explosion der Flaschenbombe tödlich getroffen, und niemand dachte daran, das Ruder zu übernehmen. Der Kapitän hätte es getan, wenn er nicht selbst verwundet gewesen wäre. Er schaffte es jedoch nicht, sich wieder aufzurappeln. Er schrie, brüllte und erteilte Befehle, die nicht ausgeführt wurden – es nutzte alles nichts mehr.

      Ferris Tucker wollte noch eine zweite Höllenflasche auf die „San Francisco“ schleudern, aber der Seewolf hielt ihn durch eine Geste zurück.

      „Die Galeone sinkt!“ rief er. „Eine unserer Kugeln muß sie unter der Wasserlinie erwischt haben!“

      In der Tat – die „San Francisco“ hatte zu krängen begonnen. Der Neigungswinkel nach Backbord nahm immer mehr zu, es war offensichtlich, daß sie Wasser zog, und zwar ziemlich schnell. Die bedrohliche Schräglage erhöhte die Panik und die Wuhling, und plötzlich war es soweit: erste Gestalten sprangen vom Hauptdeck ins Wasser und tauchten unter.

      „Rette sich, wer kann“, sagte Ben Brighton. „Sie geben ihr Schiff auf.“

      „Was einen denn ja auch freut“, sagte Old O’Flynn. „Aber wir sollten uns verholen, der brennende Kahn hält dummerweise genau auf uns zu.“

      Hasard hatte es bereits erkannt. Er ließ die Marssegel, die er im Gefecht kurzfristig ins Gei hatte hängen lassen, wieder setzen, und die frische Brise, die nun raumschots einfiel, trieb die „Isabella“ zügig voran, fort aus dem Bereich der inzwischen lichterloh brennenden spanischen Galeone.

      Jean Ribault und seine Männer beschossen mit ihren Kanonen unterdessen immer noch die zweite Galeone. Ribault schlich wie ein Wolf um das Schiff herum. Er hatte seinen Vorteil entdeckt und nutzte ihn aus: Die „Le Vengeur III.“ war schneller und wendiger als der Spanier. Zwar hatte auch Ribault einige Treffer hinnehmen müssen, aber die „Le Vengeur“ war bei weitem noch nicht so arg ramponiert wie der Gegner.

      „Santa Barbara“ hieß diese Galeone, wie Ribault inzwischen festgestellt hatte. Ihr Kapitän schien nicht ganz so verwegen zu sein wie sein Landsmann von der „San Francisco“. Seinen gebrüllten Befehlen entnahm Ribault, daß er sich liebend gern aus dem Gefecht zurückgezogen hätte.

      „Grand Couteau!“ schrie Ribault seinem Ausguck im Großmars zu. „Signalisiere zur ‚Isabella‘! Der Don will aufgeben!“

      „Aye, Sir!“ Grand Couteau führte den Befehl unverzüglich aus. Hasard nahm die Meldung von Bill entgegen und faßte seinen Entschluß. Der Spanier hatte den Kampf gewollt, aber es war nicht fair, ein Massaker anzurichten.

      „Kurs Süden!“ rief Hasard. „Wir ziehen uns zurück!“

      „Kurs Süden liegt an, Sir!“ brüllte Nils Larsen.

      „Abfallen vom Wind!“ schrie auch Jean Ribault. „Der Don hat das Feuer eingestellt!“

      Beide Schiffe entfernten sich vom Schauplatz des Gefechts. Die Männer richteten ihr Hauptaugenmerk auf die „San Francisco“, die inzwischen mit erheblichem Tiefgang und großer Schlagseite brennend dahintrieb. Der Kapitän sprang als letzter ins Wasser. Er war zwar verletzt, aber er konnte noch schwimmen, und das war sein Glück. Zurück an Bord des Schiffes blieben nur die Toten und die Sterbenden.

      Eine Explosion besiegelte das Schicksal der „San Francisco“. Das Feuer hatte die Pulverdepots erreicht, die Heftigkeit der Detonation war entsprechend. Himmelan stob die Stichflamme, mächtige Rauchwolken quollen auf und breiteten sich nach allen Seiten aus. Ein urweltlicher Donner rollte über die See, begleitet von einer Druckwelle, die in die Segel der Schiffe griff.

      Dann verschwand die „San Francisco“ für ewige Zeiten. Die Explosion hatte sie in zwei Teile zerrissen, Vor- und Achterschiff versanken in den Fluten.

      Die Überlebenden schwammen zur „Santa Barbara“. Deren Kapitän hatte inzwischen das Beiboot abfieren lassen, und eine Crew von vier Mann pullte zu den Schiffbrüchigen. Sie wurden übergenommen und so rasch wie möglich an Bord der Galeone befördert – bevor die Haie erschienen.

      Für kurze Zeit drehten die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ noch bei und blieben mit aufgegeiten Segeln liegen. Hasard und Ribault verhielten sich abwartend. Sollte es dem Spanier einfallen, die Verfolgung aufzunehmen, mußten sie vorbereitet sein. Die Gefechtsstationen blieben vorsichtshalber besetzt. Die Kanonen waren bereits neu geladen.

      Aber die „Santa Barbara“ segelte mit Kurs Westen davon, kaum, daß die Schiffbrüchigen geborgen und an Bord gebracht worden waren. Die Spanier hatten genug damit zu tun, ihre Verletzten zu behandeln und die Schäden zu beheben. Nach einer Fortsetzung des Gefechts stand ihnen nicht der Sinn.

      „Aus gutem Grund“, sagte Ben Brighton.