HOFFMANN.
Darin ist einiges Wahre enthalten, doch – ich könnte Dir eine Verknüpfung der Thatsachen geben . . . . Wußten sie am Ende noch mehr dergleichen erbaulichen Dinge?
LOTH.
Ganz besonders – muß ich Dir sagen – regten sie sich über Etwas auf: sie rechneten sich vor, welch ein enormes Geschäft in Kohlen Du jetzt machtest und nannten Dich einen . . . . na, schmeichelhaft war es eben nicht für Dich. Kurz gesagt, sie erzählten, Du hättest die hiesigen dummen Bauern beim Champagner überredet, einen Vertrag zu unterzeichnen, in welchem Dir der alleinige Verschleiß aller in ihren Gruben geförderter Kohle übertragen worden ist gegen eine Pachtsumme, die fabelhaft gering sein sollte.
HOFFMANN
(sichtlich peinlich berührt, steht auf). Ich will Dir was sagen, Loth . . . . Ach, warum auch noch darin rühren? Ich schlage vor, wir denken an’s Abendbrod, mein Hunger ist mörderisch. – Mörderischen Hunger habe ich. (Er drückt auf den Knopf einer elektrischen Leitung, deren Draht in Form einer grünen Schnur auf das Sopha herunter hängt; man hört das Läuten einer elektrischen Klingel.)
LOTH.
Nun, wenn Du mich hier behalten willst – dann sei [24]so gut . . . . . ich möchte mich eben ’n bischen säubern.
HOFFMANN.
Gleich sollst Du alles Nöthige . . . . (Eduard tritt ein, Diener in Livree.) Eduard! führen Sie den Herrn in’s Gastzimmer.
EDUARD.
Sehr wohl, gnädiger Herr.
HOFFMANN
(Loth die Hand drückend). In spätestens fünfzehn Minuten möchte ich Dich bitten, zum Essen herunter zu kommen.
LOTH.
Übrig Zeit, also, Wiedersehen!
HOFFMANN.
Wiedersehen!
(Eduard öffnet die Thür und läßt Loth vorangehen. Beide ab. Hoffmann kratzt sich den Hinterkopf, blickt nachdenklich auf den Fußboden, geht dann auf die Thür rechts zu, deren Klinke er bereits gefaßt hat, als Helene, welche hastig durch die Glasthür eingetreten ist, ihn anruft.)
HELENE.
Schwager! Wer war das?
HOFFMANN.
Das war einer von meinen Gymnasialfreunden, der älteste sogar, Alfred Loth.
HELENE
(schnell). Ist er schon wieder fort?
HOFFMANN.
Nein! Er wird mit uns zu Abend essen. – Womöglich . . . . ja, womöglich auch hier übernachten.
HELENE.
Oh Jeses! Da komme ich nicht zum Abendessen.
HOFFMANN.
Aber Helene!
HELENE.
Was brauche ich auch unter gebildete Menschen zu kommen, ich will nur ruhig weiter verbauern.
HOFFMANN.
Ach, immer diese Schrullen! Du wirst mir sogar den großen Dienst erweisen und die [25]Anordnungen für den Abendtisch treffen. Sei so gut! – Wir machen’s ’n bischen feierlich. Ich vermuthe nämlich, er führt irgend was im Schilde.
HELENE.
Was meinst Du, im Schilde führen?
HOFFMANN.
Maulwurfsarbeit – Wühlen, Wühlen. – Davon verstehst Du nun freilich nichts. – Kann mich übrigens täuschen, denn ich habe bis jetzt vermieden auf diesen Gegenstand zu kommen. Jedenfalls mach’ Alles recht einladend, auf diese Weise ist den Leuten noch am leichtesten . . . Champagner natürlich! Die Hummern von Hamburg sind angekommen?
HELENE.
Ich glaube, sie sind heut früh angekommen.
HOFFMANN.
Also, Hummern! (es klopft sehr stark) herein!
POSTPACKETTRÄGER
(eine Kiste unter’m Arm, eintretend, spricht er in singendem Tone). eine Kist-e.
HELENE.
Von wo?
PACKETTRÄGER.
Ber-lin.
HOFFMANN.
Richtig! es werden die Kindersachen von Herzog sein. (Er besieht das Packet und nimmt den Abschnitt.) Ja, ja, es sind die Sachen von Herzog.
HELENE.
Die-se Kiste voll? Du übertreibst.
HOFFMANN.
(Lohnt den Packetträger ab.)
PACKETTRÄGER
(ebenso halb singend). Schön’n gu’n A-bend (ab).
HOFFMANN.
Wieso übertreiben?
HELENE.
Nun, hiermit kann man doch wenigstens drei Kinder ausstatten.
HOFFMANN.
Bist Du mit meiner Frau spazieren gegangen?
HELENE.
Was soll ich machen, wenn sie immer gleich müde wird?
[26]HOFFMANN.
Ach was! immer gleich müde. – Sie macht mich unglücklich! Ein und eine halbe Stunde . . . sie soll doch um Gottes Willen thun was der Arzt sagt. Zu was hat man denn den Arzt, wenn . . .
HELENE.
Dann greife Du ein, schaff’ die Spillern fort! Was soll ich gegen so ’n altes Weib machen, die ihr immer nach dem Munde geht.
HOFFMANN.
Was denn? . . . ich als Mann . . . was soll ich als Mann? . . . und außerdem, Du kennst doch die Schwiegermama.
HELENE
(bitter). Allerdings.
HOFFMANN.
Wo ist sie denn jetzt?
HELENE.
Die Spillern stutzt sie heraus, seit Herr Loth hier ist; sie wird wahrscheinlich zum Abendbrod wieder ihr Rad schlagen.
HOFFMANN
(schon wieder in eigenen Gedanken, macht einen Gang durch’s Zimmer; heftig). Es ist das letzte Mal, auf Ehre! daß ich so etwas hier in diesem Hause abwarte. – Auf Ehre!
HELENE.
Ja, Du hast es eben gut. Du kannst gehen, wohin Du willst.
HOFFMANN.
Bei mir zu Hause wäre der unglückliche Rückfall in dies schauderhafte Laster auch sicher nicht vorgekommen.
HELENE.
Mich mache dafür nicht verantwortlich! Von mir hat sie den Branntwein nicht bekommen. Schaff’ Du nur die Spillern fort, ich sollte bloß ’n Mann sein.
HOFFMANN
(seufzend). Ach, wenn es nur erst wieder vorüber wär’! – (in der Thür rechts) also Schwägerin, Du thust mir den Gefallen: einen recht apetitlichen Abendtisch! Ich erledige schnell noch eine Kleinigkeit.
[27]HELENE
(drückt auf den Klingelknopf. Miele kommt). Miele, decken Sie den Tisch! Eduard soll Sekt kalt stellen und vier Dutzend Austern öffnen.
MIELE
(unterdrückt, batzig). Sie kinn’n ’s ’m salber sagen, a nimmt