Kubinke und die Killer: Kriminalroman. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Ужасы и Мистика
Год издания: 0
isbn: 9783956179792
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      Friedrich nickte und verschränkte dabei die Arme vor der Brust.

      „Es sind die drei Fälle für diese Waffe aktenkundig, mit denen Sie sich zur Zeit beschäftigen, meine Herren.”

      „Scheint ein Neuling zu sein”, meinte Rudi.

      „Oder ein alter Hase, der sich eine neue Waffe besorgt hat”, hielt Friedrich ihm entgegen. „Das kann man nun wirklich nicht sagen. Zumindest nicht mit den Methoden, die mir zur Verfügung stehen. Allerdings lassen sich ein paar Aussagen schon treffen.”

      „Wir sind ganz Ohr”, sagte ich.

      „Zunächst mal muss der Täter ungefähr 1,80 m groß gewesen sein. Er hat aus dem Stand auf den Kopf gezielt, als die Opfer am Boden lagen. Da Sie Einzelheiten und Details nicht so zu schätzen wissen, wie ich mir das als Wissenschaftler wünschen würde, schlage ich vor, dass ich Ihnen die Details erspare, beziehungsweise Sie diese in meinem Bericht nachlesen, falls Sie aus irgendeinem Grund doch daran interessiert sein mögen - und sei es nur, dass Sie beabsichtigen, die Grundlagen meiner Berechnungen in Zweifel zu ziehen.”

      „Daran dachten wir wohl kaum”, sagte Rudi.

      „Eine Körpergröße von 1,80 m schließt eine Frau als Täterin leider noch nicht völlig aus”, sagte ich.

      „Aber es ist unwahrscheinlich, dass es sich bei dem Täter um eine Frau handelte”, sagte Friedrich. „Und die Körpergröße ist dazu durchaus das Hauptargument. Ich habe Ihnen eine durchschnittliche statistische Verteilung im Bericht mitgeliefert. Sie haben Recht, ausschließen kann man eine Frau zwar nicht, aber statistisch gesehen wäre dieser Fall dann wohl doch eher unwahrscheinlich.”

      „Was ist mit den Fähigkeiten des Schützen?”, fragte ich. „Ich meine, wenn es sich bei diesem sogenannten Canoeing um eine Vorgehensweise handelt, die bei den Sondereinsatzkräften des KSK verbreitet ist, dann liegt ja der Schluss nahe, dass der Täter ein ehemaliges Mitglied des KSK war.”

      „Und Sie wollen jetzt wissen, ob weitere Indizien dafür sprechen, dass der Täter eine militärische Ausbildung genossen hat?”, fragte Friedrich.

      „Wäre doch naheliegend”, meinte Rudi.

      „Leider kann man da aus den bisherigen Untersuchungsergebnissen nichts ableiten. Fest steht, dass der Täter über ganz gute Fertigkeiten als Pistolenschütze verfügt haben muss. Denn die tödlichen Schüsse wurden ja aus einer gewissen Entfernung abgegeben, die jeweils im Bericht genau angeben wird. Die Fähigkeiten des Schützen würde ich dabei als professionell, aber nicht herausragend einschätzen. Sie könnten ebenso gut Resultat einer militärischen Ausbildung sein, als auch an einem ganz gewöhnlichen Schießstand durch regelmäßiges Training erworben sein.”

      5

      Etwas später trafen wir uns mit Dr. Lin-Tai Gansenbrink. Die Mathematikerin und IT-Expertin des Ermittlungsteams Erkennungsdienst empfing uns in ihrem Arbeitsraum, in dem es von hochmodernen Computer-Equipment nur so wimmelte. Der Raum war regelrecht davon vollgestellt.

      „Freut mich, Sie beide zu sehen”, sagte Lin-Tai, ohne dabei den konzentriert wirkenden Blick von dem Display zu nehmen, auf das sie gerade schaute. Die Finger ihrer rechten Hand kreisten über den Touchpad. Womit auch immer sie gerade beschäftigt war, es schien zumindest drei Viertel ihrer Konzentration im Moment zu beanspruchen.

      „Ich hoffe, wir stören nicht”, sagte Rudi.

      „Warten Sie einen Moment, ich muss eben diesen Vorgang abschließen.”

      „Kein Problem”, sagte Rudi.

      Auf einem der Großbildschirme, die sich in Lin-Tais Arbeitsraum befanden, erschienen jetzt Kolonnen von Zahlen und beeindruckende, kompliziert wirkende Säulendiagramme, die für nicht Eingeweihte wohl kaum mehr als magische Zeichen darstellten. Also auch für uns.

      „Ich erkläre es Ihnen sofort”, deutete Lin-Tai meinen ratlosen Blick richtig. „Wobei das, was Sie da sehen, eigentlich mehr damit zu tun hat, wie ich an die Informationen herangekommen bin, die für Sie wichtig sind.”

      „Welche Informationen?”, fragte ich.

      „Wir hatten bisher keinen Zusammenhang zwischen den Opfern.”

      „Abgesehen davon, dass zwei von ihnen Kommissare sind.”

      „Ja, Harry, aber in völlig unterschiedlichen Präsidien. Und es hatte auch oberflächlich den Anschein, als hätten sie niemals zusammengearbeitet. Das trifft aber offenbar nicht zu.”

      „Erzählen Sie!”

      „Ich bin darauf gekommen, als ich die internen Personaldaten der beiden durchstöbert habe. Da gibt es einen zeitlich bei beiden Kommissare übereinstimmenden Bereich von fast anderthalb Jahren, in denen die Daten offensichtlich falsch sind. Ich konnte durch die Filterung des Datenbestandes nach verschiedenen Kriterien, die ich Ihnen jetzt nicht im Einzelnen erläutern will, herausfinden, dass zum Beispiel die angeblich zu dieser Zeit besetzten Dienstposten in Wahrheit von anderen besetzt waren und sie zwar beide offiziell irgendwelchen Abteilungen angehörten, dort aber laut den Dienstplänen nie für irgendwelche Einsätze eingeplant gewesen sind. Und so weiter und so fort. Na, ergibt sich für Sie jetzt ein Bild?”

      „Eine Geheimoperation”, stellte ich fest. „Darauf läuft es doch hinaus!”

      „Richtig”, nickte Lin-Tai. „Und zwar eine, die so geheim war, dass man bislang nicht einmal Kriminaldirektor Hoch darüber informiert hat, denn ich kann mir nicht denken, dass er dieses Wissen nicht sofort an Sie weitergegeben hätte, als er Ihnen den Auftrag gab, sich mit diesem Fall zu befassen.”

      „Diese Geheimoperation muss ziemlich heikel gewesen sein”, glaubte Rudi. „Irgendetwas, was die Überschrift nationale Sicherheit trägt, wie ich annehme.”

      „Ja, das ist eine Möglichkeit”, sagte Lin-Tai. „Die andere ist, dass die beteiligten Kommissare selbst geschützt werden müssen. Etwa vor Erpressungen, Anwerbeversuchen fremder Geheimdienste oder Racheakten aller Art. Die dritte Möglichkeit ist: Eine Kombination aus beidem. Und genau das liegt hier vor.”

      „Sie haben herausgefunden, was das für eine Geheimoperation war?”, fragte ich.

      Ein sehr flüchtiges und sehr kurzes Lächeln spielte jetzt um Lin-Tais Lippen. Normalerweise war ihre Mimik eher gleichförmig. Eine für Lin-Tais Verhältnisse derart exzessive mimische Betätigung ihrer Gesichtsmuskulatur wäre bei jemand anderem wahrscheinlich das Pendant zu einem lauten Triumphgeheul gewesen.

      „Ich habe es rausgekriegt”, sagte sie in einem fast feierlichen Tonfall.

      „Das ist vermutlich illegal”, sagte Rudi. „Und wir werden dann nicht viel damit anfangen können. Zumindest nicht offiziell.”

      „Wenn Kriminaldirektor Hoch danach fragt, wird man ihm vermutlich alles, was ich herausgefunden habe, auch offiziell herausgeben. Nur hat er bisher ja nicht fragen können, weil er nichts davon wusste. Aber am Ende wird Kriminaldirektor Hoch die Informationen ganz legal erhalten, sodass ich da kein Problem sehe.”

      „Um was für eine Operation geht es?”, fragte ich.

      „Beide ermordeten Kommissare sind für anderthalb Jahre Zielfahnder einer Abteilung