Dieses Werk ist in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Max Boemle entstanden. Die Fachliteratur ist bis Mitte 2019 berücksichtigt worden. Fachzeitschriften sind bis Mitte 2020 berücksichtigt.
Im Buch wird auf eine geschlechterspezifische Differenzierung verzichtet und aus Gründen der Lesbarkeit stets die männliche Form gewählt. Selbstverständlich beziehen sich die Angaben aber immer auf Angehörige aller Geschlechter.
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1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-040558-5
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-040559-2
epub: ISBN 978-3-17-040560-8
mobi: ISBN 978-3-17-040561-5
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Statt eines Vorworts: In Erinnerung an Prof. Dr. Max Boemle
Im Jahr 2014 habe ich Prof. Dr. Max Boemle (29. Oktober 1928 – 23. April 2020) kennen und schätzen gelernt. In den letzten sechs Jahren ist eine intensive Zusammenarbeit entstanden, um ein neues Werk zum Jahresabschluss nach dem neuen Rechnungslegungsrecht zu verfassen. Das vorliegende Werk, welches Ende 2020 abgeschlossen sein wird, ist aus dieser intensiven Zusammenarbeit hervorgegangen.
Prof. Dr. Max Boemle war Mitbegründer und Leiter der höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule (HWV), Ordinarius für finanzielles Rechnungswesen und Finanzmanagement an der Universität Freiburg und Lehrbeauftragter an den Universitäten Lausanne und Bern. Zudem war er Ausschussmitglied im Stiftungsrat von Swiss GAAP FER.
Es war eindrücklich, wie minutiös Prof. Boemle die Lehrmeinungen in diesem Werk verarbeitete. Er verglich gekonnt unterschiedliche Lehrmeinungen, analysierte vertieft und profund aktuelle Praxisfragen und verarbeitete Beispiele aus öffentlich zugänglichen Geschäftsberichten präzise an den geeigneten Stellen.
Prof. Boemle teilte sein profundes Wissen in diesem vorliegenden Werk mit dem Ziel, den jungen Studierenden eine Grundlage zu bieten, wie Rechnungslegung in der Praxis umgesetzt werden soll. Kein zu theoretisches Wissen, sondern praxistaugliches Fachwissen war Inhalt seines Schaffens: Genaue Definitionen und ein klarer Aufbau, gespickt mit aktuellen Praxisbeispielen sind Wesensmerkmale seines Wirkens an diesem Werk. Prof. Boemle zeigte in dieser Abhandlung seine wichtigen Prinzipien: die wissenschaftliche Präzision und die akademische Ehrlichkeit. Beide waren geprägt worden durch die Arbeiten von Prof. Dr. Karl Käfer. Prof. Boemle war ein Menschenfreund, bewies viel Humor und nahm sich die Zeit, alle Detailfragen zu klären und zu diskutieren. Prägende Ausdrücke «Natürli nöd nei» oder «das Kernproblem ist doch» waren immer wieder in unseren Diskussionen zu vernehmen, wovon auch ehemalige Studierende aus seiner Lehrtätigkeit erzählen.
Als Koautor und Kollege danke ich Prof. Dr. Max Boemle für sein Wirken, sein Einsatz und Herzblut für Lehre und Studierendenschaft soll hiermit vor dem Vergessen bewahrt werden. Ich hoffe – in tiefer Verbundenheit – an anderer Stelle auf ein Wiedersehen.
St. Gallen im November 2020 | Prof. Dr. Marco Gehrig, WP |
1 Begriffe des Rechnungswesens
1.1 Begriffe des Rechnungswesens
Zentrale Bestandteile des Informationssystems eines Unternehmens sind das Rechnungswesen und – als dessen wichtigster Zweig – die Buchführung, beide mit der Aufgabe, systematisch Daten zur Information zu erfassen und planmässig zu ordnen.
Der schweizerische Gesetzgeber verwendet den Ausdruck der kaufmännischen Buchführung (z. B. 32. Titel OR 957-964, KAG 87, MWSTG 70) als auch jenen des Rechnungswesens (OR 716a I, Ziff. 3) oder in besonderen Erlassen, wie z. B. im Personenbeförderungsgesetz 2009 (PVG 35), der entsprechenden Verordnung des UVEK 2011 über das Rechnungswesen der konzessionierten Unternehmen (RKV) sowie in der Verordnung über das Rechnungswesen des ETH-Bereiches.
Das Rechnungswesen eines Unternehmens umfasst die Ermittlung, Aufbereitung und Darstellung von in Geldeinheiten gemessenen wirtschaftlichen Zuständen zu einem Zeitpunkt und von Vorgängen eines Zeitraumes.1
Der Begriff der Rechnungslegung wurde erstmals im Aktienrecht 1991 (aOR 662a) erwähnt, in OR 960 im Anhang des Rechnungslegungsrechts definiert und in verschiedenen Spezialgesetzen (Bankengesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz) eingeführt. Er bezieht sich nicht mehr nur auf die Aktiengesellschaft und die GmbH, sondern neu auf alle buchführungspflichtigen Unternehmen.
Im Bundessteuerrecht (DBG 18 III) und der Mehrwertsteuerverordnung 2014 (MWSTV 21) hingegen wird die in der Praxis übliche Bezeichnung Buchhaltung (Finanzbuchhaltung, Betriebsbuchhaltung) gebraucht. Es stellt sich deshalb die Frage, ob diese Ausdrücke unterschiedliche Inhalte bezeichnen oder synonym zu verwenden sind. Theorie und Praxis betrachten das Rechnungswesen als Oberbegriff.
Der Begriff des Unternehmens ist ein Sammelbegriff für alle nach Rechnungslegungsgesetz buchführungs- und rechnungslegungspflichtigen Einheiten, ungeachtet ihrer Rechtsform.2 Eine unternehmerische Tätigkeit im eigentlichen Sinne muss damit nicht verbunden sein.3
Der Begriff des Unternehmens ist vor allem für Einzelunternehmen und Personengesellschaften von Bedeutung, insbesondere wegen der im Steuerrecht relevanten Trennung von Geschäftsvermögen (= Unternehmensvermögen) und Privatvermögen (DBG 18 II). Angesichts der Vielzahl von Unternehmen mit unterschiedlicher Grösse und Komplexität stellt das Rechnungslegungsrecht, ungeachtet der gesetzlichen rechtsformneutralen Regelung, differenzierte Anforderungen, indem einerseits kleineren Unternehmen (vor allem Mikrounternehmen)4 Erleichterungen ewährt werden, andererseits grössere Unternehmen strengere Vorschriften zu beachten haben (OR 961-961a).
Hierbei ist zwischen betriebswirtschaftlichem und öffentlichem Rechnungswesen zu unterscheiden. Innerhalb des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens lassen sich die Gebiete nach unterschiedlichen Kriterien gliedern:
• nach der Blickrichtung: Vergangenheits- oder Zukunftsrechnungen,
• nach dem Gegenstand: Zeitraum-/Perioden- oder Zeitpunktrechnungen,
• nach der Organisation der Durchführung: Regelmässige oder fallweise Rechnungen,
• nach den Informationsadressaten: Internes oder externes Rechnungswesen.
Das externe Rechnungswesen richtet sich an die Adressaten des Rechnungswesens ausserhalb des Unternehmens. Es wird durch rechtliche Normen und Empfehlungen (Standards) von Fachorganisationen beeinflusst und ist vergangenheitsorientiert ausgerichtet. Es umfasst:
• die Buchführung (OR 957a): Sie ist eine Vergangenheitsrechnung über Geld, Güter und Leistungen einer Wirtschaftseinheit. Die Buchführung ist eine Zeitpunkt- und Periodenrechnung und stellt die Grundlage der Rechnungslegung dar.