Können wir aber die Verbitterung loslassen?
Wenn du dich abreagiert hast, hinterlässt der Zorn einen widerlichen Nachgeschmack im Mund, und du fühlst dich schuldig. Auch wenn du Genugtuung erfahren hast, bleibt dennoch dieses verbitterte Gefühl. Wie ihr wisst, war ich in der Lage weiterzukommen. Ich konnte mich befreien, den Druckkessel des Hasses anzapfen und daraus etwas Positives machen. Aber diese schmerzliche Emotion umkreist mich wie stechender Zigarettenqualm. Möglicherweise wird das niemals verschwinden, aber dennoch ist es okay. Nur durch die Erfahrungen, die Reise des Lebens, kannst du dich selbst erkennen und daraus lernen.
Gut, dann unterhalten wir uns mal über was anderes, zum Beispiel über die Vorstellung andere umzubringen.
Bevor ihr jetzt meint, ich wäre total übergeschnappt und hätte Prügel verdient, will ich darauf hinweisen, dass so ein Wunsch nichts Ungewöhnliches ist. Jeder hat in seinem Leben schon hunderte Male völlig Fremden den Tod gewünscht. Dem Typen, der vor einem fährt und entweder eine Hausnummer sucht oder zu viele „Medikamente“ im System hat. Den Leuten auf dem Flughafen, die scheinbar über alle Zeit der Welt verfügen, vor sich hin schlendern und die anderen Fußgänger aufhalten. Dem Trottel in der Schlange bei McDonald’s, der „äh-äh-ähend“ ein Menü sucht, das es schon lange nicht mehr gibt, bis er schließlich die verfluchte Nummer 2 mit einer Coke bestellt – wie immer! Die lahmen Enten im Einkaufszentrum, die Leute, die mit ihrem Hund Gassi gehen, schnelle Spaziergänger, langsame Spaziergänger – sie alle frustrieren uns dermaßen, dass wir am liebsten Glas kauen, runterschlucken und an inneren Blutungen sterben würden. Die Ungeduld kann einen zur Raserei bringen, bis man sich heimtückischste und schäbigste Arten des Ablebens für die ausdenkt, die einem zu viel der eigenen, kostbaren Zeit klauen.
Gott weiß, dass auch mir solche Gedanken durch den Kopf schwirren.
Wenn du jetzt meinst, du wärst zu „reif“ für solche Gefühle, bist du entweder ein Lügner oder du verdrängst sie. Wir haben uns schon alle im „Jack-The Ripper“-Stil den Weg durch eine Menschenmenge gebahnt, zumindest in unseren kleinen, miesen Gedanken. Hier taucht wieder der selbstbezogene Scheiß auf, eine Haltung, die sich so beschreiben lässt: „Ich bin der einzige, der an diesem Tag existiert.“
Das ist alles in Ordnung und menschlich, aber du kannst es mir glauben: Es gibt nichts Schlimmeres als passiv-aggressive Wut. Ich bin genau so ein Zyniker, wie jeder andere auch, aber wenn sich die Verbitterung eines engen Freundes in beschissenen, neumalklugen Kommentaren niederschlägt, die dir den letzten Nerv rauben, ja, dann ist Schicht im Schacht! Ich bin sehr glücklich – über meine Karriere, meine Familie und sogar die Chance, dieses Buch zu schreiben. Aber wenn Leute, die ich seit Jahrzehnten kenne, mit diesem ganzen „Denk immer daran, wo du herkommst“-Unsinn ankommen, treibt mich das wirklich auf die „Straße der Mörder“. Noch schlimmer kommt es, wenn Leute deine Leistungen absichtlich übersehen und dich wie einen Grundschüler behandeln, der am Freitag einen Teil seines Milchgeldes abgeben soll. Schnappt euch Stift und Papier, meine Kinder, denn nun erteile ich euch eine kostenfreie Lektion! Die besten Freunde im Leben sind die, die dir nicht das Gefühl vermitteln, als würdest du ihnen was schulden. Einige meiner „Freunde“ versuchten Positionen einzunehmen, die ihnen nicht zustehen. Hey, verdammt – was willst du da? Und wenn du dazu ein paar hässliche Worte verlierst, bist du der Arsch, wirst gemieden und stehst allein da. Falls du überhaupt nichts sagst, ist das deine Schuld und du musst den Mist schlucken. Erkennst du die Problematik? Da ist es sogar noch „angenehmer“, wenn dir deine Familienbande Zusammenhalt bringen – vielen Dank, lieber Weihnachtsmann. Du bist das Schlimmste überhaupt! Hier muss ich Coca-Cola die Schuld in die Schuhe schieben, die daraus eine Kitschveranstaltung gemacht haben. Der gute, alte St. Leck-mich-doch sitzt da wie der Oberste Richter und beurteilt harmlose Kinderlein mit ihren kleinen Kerzchen – du darfst sie auch Elfen nennen, ich weiß es besser – und jedes Jahr läuft der gleiche Scheiß ab.
Die Wunschliste in der einen Hand und in der anderen dieses Krawatten-Scheißding. Versteht mich bitte nicht falsch, ich mag die Dinger wie jeder andere auch, ziehe aber die Grenze bei Musik-Krawatten [Krawatten mit einem eingebauten Chip und einem Minilautsprecher, der ein Lied dudelt. Besonders in der Weihnachtszeit kann diese Geräuschkulisse zu einer Plage biblischen Ausmaßes werden]. Wer auch immer diese Teile erfunden hat, sollte sich hinstellen und mit jeder Krawatte, für die er die Verantwortung trägt, den Arsch voll kriegen. Ich werde wütend. Versuch jetzt bloß nicht, mich auf Pete Rose anzuquatschen, den Baseballspieler und –manager, der durch einen Wettskandal sein Ansehen verlor. Ihr gottverfluchten Cincinnati Reds – Johnny Bench darf in die Baseball Hall of Fame einziehen, weil er Hände wie Schaufeln hat, aber wenn der alte Pete ein paar Wetten macht, wird er angeschissen! Versucht mir hier bloß nicht zu erzählen, die anderen Spieler wären Unschuldslämmer – die sind doch alle total korrupt.
Wie in aller Welt und New Mexico lassen sich solche Ungerechtigkeiten erklären? Mal offen gesagt – da muss ich mich bepissen. Aber nur ein bisschen. Das ist aber längst getrocknet, wenn ich aus meiner kleinen Ecke in der Küche, in der ich schreiben darf, herausgekrochen bin, mir eine Kippe gedampft und meine Schlafklamotten angezogen habe. Wenn ich dann zu meiner Frau ins Bett steige, bin ich absolut pissefrei. Das, meine Freunde, kann man Zeitmanagement nennen! Es ist zugleich die Geschichte von Jesus. Wirklich. Wenn es darum geht, seine Kreuze oder Figuren zu putzen, denken die Leute nicht mehr an ihn, und darum stellen sie das alles in die Garage, wo es auch hingehört. Eine Garage ist einfach ein Stall für Pferde und Scheiß, oder um präziser zu sein, ihre Scheiße. Und solche Räume werden nur gemietet, wenn sie randvoll sind – mit Scheiße.
In Bezug auf den Zorn ist es wichtig, seine Sicherungen zu kennen und sich darüber klar zu sein, wer sie mit seinen fiesen Pfoten rausdrehen kann. Ich hasse es zum Beispiel, in L.A. mit dem Auto unterwegs zu sein, weil ich Leute anfahre. Damit meine ich nicht die Insassen anderer Autos. Ich fahre mit meiner Karre Fußgänger an. Die Einwohner von Los Angeles trotten über die Straßen und um Ecken, als würden sie entweder nach Hausnummern suchen (schon wieder so ein Fall!) oder gerade einem waschechten Engel begegnen. Die Schuld hierfür hat das „Pedestrian Right of Way Law“, jenes Gesetz, das Fußgängern die „Vorfahrt“ lässt. Da in Kalifornien wie auch in Florida verhältnismäßig viele alten Menschen leben, wurde es in Kraft gesetzt, um sie zu schützen.
Diese verdammten Idioten schlendern auf der Mitte einer Fahrbahn – betteln die wirklich darum, aus dem Genpool aussortiert zu werden? Und aus diesem Grund habe ich laut Statistik 47 Leute mit beinahe so vielen Autos angefahren. Aber keine Angst – niemand wird mich verhaften, denn als goldene Regel trage ich einen falschen Bart, wenn ich in irgendeiner Stadt unterwegs bin.
Kalifornien wirkt auf mich manchmal wie eine riesengroße Persiflage. Scheinbar jeder besitzt einen lebenslangen Vertrag für geistige Verzögerung, und so ist es auch nicht meine Schuld, wenn sie nach einer Kollision mit einem Chevy humpelnd oder verstümmelt durch die Gegend watscheln. Ist doch klar, oder? Scheiß doch auf sie – eine so geschniegelte, handzahme und dumme Gruppe von Menschen hat doch ein paar Wunden verdient. Das stärkt den Charakter. Hoffentlich sind sie jetzt ein wenig klüger.
Vielleicht sagst du dir jetzt: „Mag dieser Typ überhaupt irgendeinen Menschen?“ Das, mein mieser, kleiner Freund, ist die große Frage. Ich zweifele nicht daran, dass ich tief in mir drinnen tatsächlich meine galaktischen Brüder und Schwestern in ihren pinken Reisehöschen mag, die eine Runde auf dieser halbrunden Himmelscheibe abreißen, die wir unser Zuhause nennen. Aber meist kann ich gar keinen ab, dich eingeschlossen. Das ist aber nicht meine Schuld. Es ist deine! Ich habe alles versucht, um gut klar zu kommen. Du hast es vermasselt. Und das wiederum bringt mich zur Weißglut! Ist dir klar, was das bedeutet? Ganz einfach: Falls der Zorn eine Sünde sein soll, bin ich immer noch nicht schuldig, denn ihr Typen brachtet mich dazu, versehentlich zu sündigen. Ihr steht für die Sündenträger, die mit Gottlosigkeit wie mit Läusen um sich werfen. Nur wegen euch donnert der Blitz des Zorns vom Himmel herunter.
Hey, ich hab doch nur Spaß gemacht. Ach ja, und vielen Dank, dass ihr das Buch gekauft habt.