Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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der Fesselung durch das Netz der Schädelspinne davon so gut wie keinen Gebrauch machen konnte.

      „Du wirst eines Tages dafür bezahlen, Frostgott!“, rief er. „Du und dein Herr und Meister auf der Frostfeste, der sich jetzt vielleicht noch sicher fühlt! Aber es gibt einen Weg, ihn zu vernichten!“

      „Mit dir wird die einzige Möglichkeit, die das Schicksalsgeflecht des Polyversums dafür vorgesehen hat, sterben, Gorian. Aber schreie deine Wut ruhig heraus! Verausgabe deine wiedererstarkte Kraft! Dann spüre ich wenigstens, dass du lebst, denn ich hasse es, etwas Untotes zu vernichten!“

      Er streckte eine Tatze aus und grollte ein paar Laute vor sich hin, bei denen sich Gorian nicht sicher war, ob es sich nur um ein tierhaftes Grunzen oder eine magische Formel in einer uralten, längst vergessenen Sprache handelte. Ein greller Blitz zuckte aus einer der Tatzen und markierte eine bestimmte Stelle, die etwa in der Mitte zwischen den Hauptgebäuden von Nhorichs Hof lag. Ein dunkler, angerußter Kreis entstand.

      „Dorthin!“ Der Gedanke, den Frogyrr dazu aussandte, ließ sich nicht missverstehen, und seine Heftigkeit veranlasste die Schädelspinne, sich noch mehr anzustrengen und sich zu beeilen. Sie zog Gorians eingeschnürten Körper in die Mitte des Kreises, den Frogyrr markiert hatte.

      Als das geschehen war, trat der Frostgott selbst an den Rand des Kreises. „Den Dolch!“ Die Schädelspinne zögerte. „Den Dolch! Es muss sein!“

      Die Schädelspinne sträubte sich, aber ein weiterer, schmerzhaft starker Gedanke sorgte dafür, dass sie winselnd gehorchte. Sie öffnete dort, wo Gorians Faust mit dem Dolch von den schwarzen Fäden an den Körper gepresst wurde, das Netz, und ein Strahl schwarzen Lichts schoss aus dem linken Auge des Orxanier-Schädels, traf die um den Griff gekrallte Hand. Es brannte höllisch, Gorian stöhnte auf und ließ die Waffe los. Allmählich dämmerte ihm, dass seine Kräfte nicht schnell genug zurückkehren würden, um sich noch in irgendeiner Weise gegen das zu wehren, was sein vorgezeichnetes Schicksal zu sein schien.

      Die Schädelspinne kroch zurück auf seine Brust. An zwei ihrer acht Beine hatten sich Greifhände gebildet, die den Dolch umfassten. „Genau ins rechte Auge!“, lautete die Anweisung des Frostgottes an seine Dienerkreatur. „Rasch! Der Zeitpunkt ist gekommen und darf nicht ungenutzt verstreichen!“

      Die Schädelspinne hob den Dolch, zielte auf Gorians rechtes Auge - und stieß zu!

      Gorian spürte einen furchtbaren Schmerz, der seinen gesamten Kopf erfüllte. Ob dieser Schmerz eher durch Frogyrrs Gedanken oder durch den Stich des Dolchs verursacht wurde, ließ sich nicht sagen. Ein Sog schien ihn zu erfassen. Er hatte das Gefühl zu fallen. Alles wurde pechschwarz, und Stille war plötzlich um ihn herum – und in seinem Kopf. Die bedrängenden Gedanken des Frostgottes schienen verstummt.

      Ist es das?, fragte sich Gorian. Das Jenseits? War nun alles vorbei? Alle Hoffnungen, aber auch alle Qualen?

      Dann hatte Morygor sein Ziel erreicht und den einzigen Menschen getötet, der ihm in Zukunft gefährlich werden konnte. Er hatte damit verhindert, dass sich ihre beiden Schicksalslinien noch treffen konnten. Der Schattenbringer würde sich immer weiter vor die Sonne schieben und den Kreaturen des Unheils erlauben, ihr Reich auch in jene Regionen auszuweiten, wo sie derzeit nur mit besonderer magischer Hilfe zu existieren vermochten.

      Plötzlich wurde Gorian gepackt und herumgedreht. Er fühlte kalten Stahl auf der Haut und wie jemand die Fesseln aus der schwarzen Blutseide der Schädelspinne zu durchtrennen begann.

      „Halt still, du Narr!“, sagte eine Stimme, die Gorian sehr bekannt war. Er glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu dürfen.

      „Beliak?“, fragte er.

      „Ja, wer sonst? Und jetzt lass dir die Fesseln abnehmen und atme nicht zu viel. Die Luft hier unten ist knapp – normalerweise zu knapp für menschliche Schwächlingskinder, aber eine Weile wird es gehen.“

      Mit geschickten Schnitten hatte der Adh innerhalb weniger Augenblicke Gorian soweit befreit, dass der sich wieder bewegen konnte. Die magische Lähmung, die ihn nach dem Angriff mit dem schwarzen Licht befallen hatte, wirkte noch etwas nach. Ein unangenehmes Kribbeln durchlief seinen Körper. Er stieß sich irgendwo, als er versuchte, sich aufzurichten.

      „Wo bin ich?“, fragte er. „Haben dich die orxanischen Frostkrieger ebenso erschlagen wie meinen Vater, und begegnen wir uns deshalb hier im Jenseits wieder?“

      „Nein, du Narr. Wir sind dort, wohin dein Vater mir befahl zu flüchten.“

      „Was?“

      „Unter der Erde. Ja, ich gebe zu, dass sich diese anregungsarme Umgebung lähmend auf Geist und Gedanken auswirken kann. Adhe sind zwar nicht so sehr auf Licht oder Luft angewiesen, aber deine Art ist da etwa anders veranlagt ...“

      In diesem Moment ertönte ein knarrendes Geräusch, das Gorian zusammenzucken ließ. „Was war das?“

      „Ach, das ist nur der Frostgott Frogyrr. Der stampft da oben über uns wahrscheinlich wütend herum und führt sich auf wie ein übellauniger Tanzbär, weil er gerade zusehen musste, wie du einfach in der Erde versunken bist, obwohl du gerade umgebracht werden solltest. Das hat für uns leider die unangenehme Nebenwirkung, dass hier der Boden wohl bald gefrieren wird, und dann wird es selbst für mich unangenehm hier unten. Abgesehen davon kommt der Frostgott vielleicht schon bald darauf, was hier geschehen ist. Er hat nämlich durchaus die Möglichkeit, uns aufzuspüren, wenn er will. Und dass Adhe nicht nur aus der Erde emporwachsen, sondern auch notfalls wieder in ihr versinken können, dürfte ihm wohl bekannt sein. Bist du wieder einigermaßen beieinander?“

      „Ja, ich kann mich wieder bewegen, auch wenn sich alles noch etwas taub anfühlt.“

      „Dein Vater kannte einige Heil- und Kräftigungszauber, die allerdings bei meinesgleichen stets versagten“, meinte Beliak. „Ich nehme an, dass er dir ein paar dieser Praktiken gezeigt hat, aber du solltest jetzt darauf verzichten, sie anzuwenden.“

      „Warum?“

      „Weil über uns ein wütender weißer Bär darauf sinnt, wie er dich doch noch töten kann und dieser Bär einen sehr feinen Sinn für jede Art von Magie hat.“

      „Du glaubst, er könnte spüren ...“

      „... wenn du hier einen Heilspruch anwendest. Ohne Zweifel. Also tu uns beiden den Gefallen und verzichte auf derlei magische Kunststückchen. Und da du kein ausgebildeter Heiler, ja, noch nicht einmal ein gewöhnlicher Heilkundiger bist, ist es vielleicht sowieso besser, wenn du es bleiben lässt.“

      Im nächsten Augenblick spürte Gorian, wie der Adh seine Hand nahm und ihm etwas hineindrückte. Etwas Kaltes, Metallisches.

      Gorian zuckte förmlich zusammen, als er erkannte, was es war.

      Rächer!

      „Hier, nimm das Ding an dich. Das ist mit dir hier hereingesogen worden.“

      „Ich verstehe das noch immer nicht. Eigentlich dachte ich, ich hätte diese Klinge ins Auge gerammt bekommen.“

      „Ja, du hast wirklich Glück gehabt. Normalerweise ist es Menschen nämlich nicht möglich, die Untererdreich-Wege der Adhe zu betreten – es sei denn, man hat die Blutseide einer Schädelspinne zur Verfügung und wird vielleicht sogar darin eingesponnen. Nur so war es möglich, dich hierher zu holen.“

      „Aber ... hat Frogyrr das denn nicht gewusst?“

      „Ich weiß nicht, warum er dich auf so eigenartige Weise zu töten versuchte. Vermutlich hatte er seine Anweisungen diesbezüglich. Aber er hat ganz sicher nicht gewusst, dass ein Adh in der Nähe ist, der dich gerade dann ins Untererdreich ziehen könnte, wenn ...“ Beliak stockte, und erneut war ein knarrender Laut zu hören. „Weg hier!“, forderte er. „Ich werde dir alles später erklären. Jetzt sollten wir zuerst mal unsere Leben retten!“

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