Heimat-Heidi Staffel 4 – Heimatroman. Stefanie Valentin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Valentin
Издательство: Bookwire
Серия: Heimat-Heidi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980597
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fragte sie.

      Lissi schüttelte den Kopf. »Nein, er müßt’ eigentlich noch da sein.« Dann lächelte sie sehr knapp und gleich darauf verließ sie den Bergerhof.

      Michl fuhr an dem Abend nicht mehr nach Kempten, sondern zum Karner-Hans, der erstaunt dreinsah, als Michl so zeitig daherkam.

      »Was ist?« fragte er dann auch gleich.

      Michl zuckte mit den Schultern. »Ganz sicher weiß ich es nicht, aber ich glaub’, die Lissi ist plötzlich eher verschlossen gewesen. Sie hat gezahlt und ist nach Haus’ gefahren. Sie hätt’ morgen viel zu tun, hat sie gesagt.«

      Hans fragte, ob Michl einen Apfelmost wolle? Als er nickte, kam Hans nicht viel später mit einem Krug Most und zwei Gläsern zurück.

      »Die Frauen bleiben uns ewig ein Rätsel«, sagte Hans. »Wenn ich an den Abend mit der Moni denk’, sie… sie steht einfach auf und geht.«

      »Mir ist’s heut’ net bessergegangen«, erwiderte Michl. Dann fügte er hinzu: »Wobei ich wahrscheinlich ein bisserl unsensibel gewesen bin.«

      »Wieso…?«

      Während Michl erzählte, was passiert war, verzog Hans das Gesicht.

      »Wenn die Moni mich nach Haus’ bitten würd’«, erwiderte er, »oje, ich würd’ zu Fuß hingehen. Ich würd’ alles tun, daß sie mir wenigstens mal zuhört. Du und die Lissi, ihr seid euch ja schon einig, das sind die Moni und ich noch lang’ net. Sie weiß net einmal, wie sehr ich für sie schwärm’.«

      »Das hilft mir jetzt auch net weiter«, entgegnete Michl. »Was meinst denn du? Hätt’ ich ihre Familie besuchen sollen?«

      Hans nickte. »Ja, sicher. Aber das mußt eigentlich du wissen.«

      »Du meinst, die Lissi hätt’ wirklich erwartet, daß ich sie zu Hause besuche?«

      »Na klar«, antwortete Hans. »Sie muß doch denken, daß du es net ernst meinst.«

      »Aber wir kennen uns doch erst mal ein paar Tage, da stellt sich die Frage, ob ich’s ernst mein’ oder nicht doch gar nicht.«

      »Für die Lissi offensichtlich schon…!«

      Michl saß danach sprachlos da und grübelte. Irgendwann stand er auf und ging unruhig vor dem kleinen Haus auf und ab. Es lag am Westhang des Kleinen Rabenkopfs und bot eine wunderschöne Sicht in Richtung Kleinwalsertal.

      »Ich bin der größte Ochs’, den es je da im Allgäu gegeben hat«, murmelte er nach einer Weile. Dann stand er auf. »Du, ich fahr…!«

      »Du bleibst net?« Hans sah Michl enttäuscht an.

      Der schüttelte den Kopf. »Es ist gescheiter, wenn ich nach Kempten fahr’. Ich weiß jetzt, daß ich Blödsinn gemacht hab’. Jetzt muß ich schauen, wie ich da wieder herauskomm’.«

      Hans lachte. »Daß einer, der bei der Staatsanwaltschaft arbeitet, so leicht aus dem Tritt kommt, damit hätt’ ich net gerechnet.«

      Während Hans und Michl noch miteinander redeten, kam Lissi nach Hause. Das hübsche Mädchen war in den letzten Tagen

      immer frohgelaunt und bester Stimmung gewesen, man hatte

      ihr die Verliebtheit quasi angesehen.

      Sie betrat das Haus und sah rasch in die Stube, wo Moni und ihr Vater zusammensaßen.

      »Du bist schon zurück?« fragte der, während er die Zeitung beiseitelegte und die Lesebrille abnahm.

      »Ja«, antwortete Lissi, »ich wollt’ nur noch Gute Nacht sagen. Morgen muß ich ganz zeitig nach München.«

      »Du mußt nach München…?« fragte ihr Vater.

      Doch Lissi hatte die Stubentür schon wieder geschlossen.

      »Was will sie denn in München?« Der Tannhofer-Max sah Moni an, die bisher still dagesessen war.

      »Sie hat von der Universität Nachricht bekommen«, antwortete die, »es geht um ihr Studium.«

      »Da schau her«, murmelte ihr Vater, »und ich weiß nix davon.«

      »Heut’ morgen, als die Post gekommen ist«, erwiderte Moni, »da warst net da. Und nachher, als du wieder da warst, da war die Lissi schon weg.«

      Der Tannhofer-Max nickte. Das reichte ihm als Erklärung. Doch dann fragte er: »Sag mal, ist dir auch aufgefallen, daß die Lissi eben so komisch dreingeschaut hat?«

      Moni war es sofort aufgefallen, aber da sie wußte, wie sehr ihr Vater sich immer sorgte, schüttelte sie den Kopf und wollte wissen, was er meine.

      »Na, sie war wieder ernst«, antwortete der, »nimmer so fröhlich wie in den letzten Tagen. Irgendwas ist passiert, da bin ich ganz sicher.« Dann stand er auf. »Ich geh’ mal nachfragen.«

      »Bleib du mal da«, erwiderte Moni, »wenn, dann geh’ ich nach der Lissi schauen.«

      »Dann geh aber auch«, erwiderte ihr Vater, dessen Stirn plötzlich voller Falten lag.

      Moni ließ sich Zeit, denn sie mochte auch nicht, wenn jemand hinter ihr herkam, um Fragen zu stellen, die unter Umständen mehr als unangenehm waren.

      Als sie an die Tür zu Lissis Zimmer klopfte, hörte sie laute Musik, möglicherweise hörte Lissi ihr Klopfen gar nicht. Sie klopfte noch mal und als wieder keine Reaktion erfolgte, trat Moni einfach ein.

      Lissi lag bäuchlings auf dem Bett, hatte ein Kissen über den Kopf gezogen, die Musik spielte überlaut und Lissis Körper zuckte, daß Moni zuerst meinte, sie bewege sich im Takt der Musik. Doch dann hörte sie ein Schluchzen und sie wußte, daß Lissi weinte, so sehr weinte, daß selbst laute Musik ihr Schluchzen nicht übertönen konnte.

      *

      Moni war von allen Tannhofer-Töchtern diejenige, die am stillsten war und am wenigsten am Leben außerhalb des Hofes teilnahm. Sie verrichtete ihre Hausarbeit, was ihr Freude bereitete, sie versorgte das Vieh, soweit ihr Vater das nicht tat und sie hielt quasi alles zusammen, was nichts anderes hieß, daß sie stillschweigend die Aufgaben der Bäuerin übernommen hatte.

      Die Moni hatte sich nie beschwert, auch nicht, wenn ihr die Arbeit manchmal ein wenig viel geworden war.

      Doch in der vergangenen Woche hatte sie zum ersten Mal so was wie ein Defizit in ihrem Wohlbefinden festgestellt. Wenn Christl mittags losfuhr, um im Bergerhof zu arbeiten, sah die Moni ihr mit sehnsuchtsvollen Blicken hinterher, was sie sonst nie getan hatte.

      Als die Christl an jenem Tag, als Lissi nach München gefahren war, mittags zum Bergerhof wollte, stand Moni im Stiegenhaus und hatte was auf dem Herzen, das sah man ihr unschwer an.

      »Der… der Karner-Hans«, sagte sie zu ihrer Schwester.

      »Ja…?« Christl sah Moni fragend an.

      »Kommt der ab und zu noch mal?« wollte sie wissen.

      »Sicher kommt der noch mal. Drei-, viermal in der Woch’ ist der Hans sicher da.«

      »Immer abends?«

      Christl schüttelte den Kopf. »Auch mal nachmittags. Er braucht ja auf keinen Rücksicht zu nehmen. In Ordnung zu halten hat er net viel, und wohnen tut keiner bei ihm. Höchstens mal der Berner-Michl, das war’s aber auch schon.«

      Moni sah unter sich und malte mit der Fußspitze Figuren auf den steinernen Fußboden.

      »Wenn… wenn er das nächste Mal kommt, weißt du das?« fragte sie schließlich.

      Moni nickte. »Wenn es keine gravierenden Änderungen in seinem Verhalten gibt, dann kommt er heut’ abend.«

      »Heut’ schon?«

      »Ja, Donnerstags ist er immer da.«

      »Trifft er sich mit wem?«

      Christl schüttelte den Kopf. »Manchmal spielt er Karten, manchmal