Codename: Ghost. Sawyer Bennett. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sawyer Bennett
Издательство: Bookwire
Серия: Jameson Force Security Group
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783864955068
Скачать книгу
mir auf einer Mission, um Geiseln zu befreien, als wir in eine Falle gerieten. Bis jetzt hatte ich keine Ahnung, ob sie überlebt haben. Mir wird schwindelig, als mir bewusst wird, was ich hier sehe. Ich hatte sämtliche Hoffnungen aufgegeben, dass dies je geschehen wird.

      Plötzlich steht mein Freund Cage Murdock vor mir und meine Beine geben nach. Er schlingt die Arme um mich und hält mich aufrecht. Tank und Merritt kommen näher, um mich genauer zu betrachten, während die anderen Männer die Überreste von Bill und Mortimer untersuchen.

      „Ich habe dich, Kumpel“, versichert mir Cage. „Keine weiteren Wächter, oder?“

      Ich schüttele den Kopf. „Ich glaube nicht. Ich habe immer nur zwei gesehen.“

      Tank sieht sich um und nickt zu der Hütte, in der ich gefangen war. „Wir beobachten alles seit ein paar Tagen. Haben auch sonst niemanden gesehen, aber wir müssen sichergehen.“

      „Wir sind sicher“, murmele ich, obwohl ich mir momentan über gar nichts sicher bin.

      „Gut“, antwortet Cage und lächelt, tätschelt nicht sehr hart meine Schulter. „Das bedeutet, wir können deinen Arsch nach Hause bringen. Ich wette, das gefällt dir, was?“

      Ich knirsche mit den Zähnen und weiß, dass meine Antwort niemals gut genug wäre. Stattdessen gebe ich der Wüste, was ich monatelang zurückgehalten habe.

      Ich lasse meinen Tränen freien Lauf.

      Kapitel 2

      Anna

      Es ist erstaunlich, wie effizient ich geworden bin, Avery und mich morgens fertig zu machen. Nicht, dass es besonders schwer wäre, ein vier Monate altes Baby zu versorgen. Ich bade sie abends, sodass ich morgens hauptsächlich die Windel wechseln muss, ihr das niedlichste Outfit anziehe, das ich unbedingt habe kaufen müssen, und sie stillen. Letzteres dauert am längsten, aber es ist auch das Schönste. Fast meditierend sehe ich meiner Tochter zu, wie sie sich ihren Lebenssaft von mir holt.

      Danach dusche ich schnell und betrachte Avery in ihrem Maxi-Cosi durch die Duschtür. Dann föhne ich mir die Haare, lege etwas Make-up auf und bin nach anderthalb Stunden aus der Tür, bringe Avery zu meiner Mutter und fahre zur Arbeit.

      Ich muss daran denken, wie anders alles wäre, wenn die Umstände anders wären. Zum Beispiel wie viel einfacher, würde ich meiner Mutter nachgeben und zu ihr ziehen, damit sie sich um uns beide kümmern kann. Sie versteht einfach nicht, wie wichtig mir meine Unabhängigkeit ist.

      Oder wie viel leichter es wäre, Avery zu versorgen, wenn Jimmy noch bei mir wäre.

      Mein Ehemann ist vor sechs Monaten in Syrien umgekommen, als eine Mission schiefging. Jimmy ist der Typ Mann gewesen, der darauf bestanden hätte, sich ebenfalls um Avery zu kümmern. Er hätte Windeln gewechselt und sie morgens angezogen, da ich ja diejenige bin, die sie stillt. Doch auch da wäre er dabei gewesen. Er hätte sich neben mich auf die Couch gesetzt, mich in seine starken Arme genommen und sie genauso verträumt angesehen wie ich, denn sie ist unser kleines Wunder.

      Zumindest glaube ich, dass er so gewesen wäre.

      Die Zeit vernebelt den Menschen den Verstand, genau wie das Schicksal, schwanger mit dem ersten Kind zur Witwe zu werden. In Wahrheit hatten Jimmy und ich uns erst zwei Jahre gekannt, bevor er gestorben ist. Wir waren beide in der Army und lernten uns kennen, als wir in Ft. Bragg, North Carolina, stationiert waren. Es war eine wilde Romanze, eine versehentliche Schwangerschaft und eine schnelle Heirat. Manch einer mag sagen, dass ich gar nicht voraussagen könne, wie Jimmy als Vater gewesen wäre, denn ich kannte ihn kaum, aber das stimmt nicht. Jimmy war die Art Mensch, der Avery und mich sein ganzes Leben lang abgöttisch geliebt hätte. Nur weil er uns genommen wurde, bevor er das beweisen konnte, heißt das nicht, dass ich diese Tatsache nicht weiß.

      Trotz allem will ich eins beweisen: dass ich die starke und unabhängige Frau bin, die Jimmy so bewundert hat. Das hat ihn an mir sofort angezogen. Obwohl er kein Problem damit hätte, dass ich mich auf meine Mutter stütze – was ich mit Sicherheit nach seinem Tod auch getan habe –, würde er von mir erwarten, dass ich Avery ein Vorbild dafür bin, dass man auch mit Schicksalsschlägen im Leben fertig werden kann. Und das versuche ich, indem ich einen Schritt nach dem anderen gehe und weitermache.

      Täglich sage ich mir selbst: Du schaffst das, Anna.

      Doch heute, während ich Avery im Auto festschnalle, habe ich meinen schwachen Moment. Einmal jeden Tag gebe ich mich der Trauer, dem Selbstmitleid und den Tränen hin. Ich habe noch nicht herausgefunden, wie ich das loswerden kann, aber der Moment dauert meist nicht lange. Manchmal ist es nur ein dumpfer Schmerz in meiner Brust und ein Brennen der Tränen in den Augen, wenn ich an Jimmy denke.

      An anderen Tagen kann ich mich nicht zurückhalten. Während Avery babymäßig vor sich hin plappert und eine Rassel in ihrer winzigen Faust hält, rollen mir warm die Tränen über die Wangen. Es tut weh, das heftige Schluchzen zu unterdrücken, das sich den Weg freimachen will. Ich sacke gegen den Türrahmen, atme durch und verfluche den Himmel, dass er mir den Ehemann und Avery den Vater genommen hat. Kurz gebe ich mich dem Selbstmitleid hin, denn es ist verdammt schwer, eine junge Witwe und alleinerziehende Mutter zu sein. Das habe ich nicht verdient.

      Dann fällt mein Blick auf Avery und sie sieht mich nachdenklich an. Ihr Blick ist stechend, und ich glaube, sie weiß, dass ihre Mutter einen schwachen Moment hat. Mit dem Handrücken wische ich die Tränen fort, schniefe durch die Nase und lächele mein kleines Mädchen an. Sie antwortet, indem sich ihre kleinen Mundwinkel heben und sie grinst. Sie schwingt die Rassel und stößt einen kleinen Quietscher aus, der eines Tages sicher ein wunderschönes Kichern werden wird.

      Und schon ist mein Moment vorbei.

      Ich beuge mich vor und küsse Avery auf die Stirn, ziehe an ihren Gurten, um sicherzugehen, dass sie festsitzen, und wiederhole mein Mantra.

      „Du schaffst das, Anna.“

      *

      Ich gehe am zweiten Stock vorbei, wo sich mein Büro befindet, und hoch in die Gemeinschaftsküche im vierten. Dort gibt es den besten Kaffee und meistens bringt irgendjemand etwas vom Bäcker mit.

      Ich arbeite erst seit ein paar Monaten bei Jameson Force Security. Es war Jimmys Job und ich war nur die Ehefrau. Seine Erfahrungen bei der Army haben ihn für den Auftrag als Spezialist für die private Sicherheitsfirma prädestiniert. Er wurde für einen Auftrag, den unsere Regierung der Firma erteilt hatte, eingeteilt. In Syrien Helfer retten, die als Geiseln genommen worden waren.

      Meine Rolle ist weit weniger heldenhaft, doch ich bin für sie wie geschaffen. Bei der Army bin ich im Büro tätig gewesen, was mich als Assistentin des Bosses qualifiziert. Kynan McGrath und seine Frau Joslyn haben mir nach Jimmys Tod sehr geholfen. Ständig haben sie sich nach mir erkundigt, mich besucht und mir versichert, dass sie für immer für mich und meine Tochter da sein werden.

      Das habe ich nicht unbedingt gewollt, aber Kynan hat nicht gezögert, als ich ihn um eine Arbeitsstelle bat. Ich brauchte etwas, was mir das Gefühl gab, etwas wert zu sein. Seltsamerweise war es genau das, was ich brauchte, für die Firma zu arbeiten, in deren Auftrag mein Mann ums Leben kam.

      Jameson ist eine interessante Firma. Sie wurde in Vegas von Kynans bestem Freund Jerico Jameson gegründet. Vor ein paar Jahren hat er sie an Kynan verkauft. Der verlegte das Hauptquartier nach Pittsburgh, damit er an der Ostküste war und näher an der Regierung in D.C.

      Die Firma wickelt eine breite Spannweite an Sicherheitsservices ab. Wir haben Technik-Teams, die einfache Sachen wie das Installieren von Haus-Alarmsystemen übernehmen, bis hin zu Teams, die sogar in gefährliche Länder gehen und Menschen retten. Letzteres tun wir erstaunlich oft, denn die sprichwörtlichen Hände unserer Regierung sind oft gebunden, wenn es darum geht, wohin sie ihre Truppen schicken kann. In solchen Fällen, wenn etwas erledigt werden muss, und zwar vollkommen inoffiziell und geheim, heuern sie Privatfirmen an. Ich bin ein bisschen stolz, zu sagen, dass sie sich meistens an Jameson wenden.

      Mom