Das Ende. Mats Strandberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mats Strandberg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783038801290
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Amanda. »Die machen immer so einen auf …«

      Sie fuchtelt mit den Händen in der Luft herum, während sie nach dem passenden Wort sucht.

      »Erlöst?«, schlägt Johannes vor.

      »Genau!«

      »Stellt euch nur vor, die sind so drauf wie diese amerikanische Sekte, die wahllos Menschen tötet, um Menschenopfer bringen zu können«, wirft Hampus ein.

      »Es war gar keine Sekte, das waren doch nur einzelne Spinner«, entgegnet Amanda.

      »Das sagen sie immer, wenn es um Christen geht«, meint Elin und schaut Ali an. »Aber wenn es Muslime gewesen wären …«

      Ali wirft mir einen müden Blick zu.

      »Kein Wunder, wenn die Leute glauben, dass Gott Menschenopfer fordert«, sagt Johannes. »Genau das will er doch letztlich, oder? Schließlich hat er seinen eigenen Sohn für unsere Sünden am Kreuz sterben lassen.«

      »Mann, bist du schlau«, sagt Amanda und schaut zu ihm auf.

      »Ich bin ja auch von Simons Mutter konfirmiert worden.« Johannes grinst mich an. »Aber mal im Ernst, ich glaub schon, dass es Sekten gibt, die total grausame Rituale praktizieren, aber nichts davon an die Öffentlichkeit dringen lassen.«

      »Habt ihr schon von der Braut aus der Wahrhaftigen Kirche in Karlshamn gehört?«, fragt Hampus. »In der Bibel steht angeblich, dass man keine Tattoos haben darf. Also hat sie sich die mit ’nem Teppichmesser rausgeschnitten.«

      »Igitt, hör auf damit«, kreischt Amanda.

      »Sie hat sich fast am ganzen Arm die Haut abgezogen«, fährt Hampus fort.

      Amanda sieht aus, als müsse sie sich jeden Moment übergeben.

      »Jetzt mach aber mal ’nen Punkt«, sagt Elin. »Das war bestimmt nur ’n Bluff.«

      »Erinnert ihr euch noch an die Germanischen Neuheiden in Dalarna?«, fragt Ali. »Die hatten am Mittsommerabend immer ’ne Sonnenwendfeier mit allen möglichen Tieren und …«

      »Können wir nicht über was anderes reden?«, unterbricht ihn Amanda.

      »Ich hab letztens von ’ner japanischen Sekte gelesen«, sagt Hampus und setzt sich auf, »die all ihre Kinder geopfert hat. Und zwar mit Messern, die mindestens sooo lang waren. Sie haben ihre Körper aufgeschlitzt, von hier bis …«

      »Hör jetzt auf!«, zetert Amanda.

      Hampus muss abrupt losprusten und die Chipskrümel fallen aus seinem Mund über den Pulli.

      »Ich wollte ja nur sagen, dass die Leute lauter abartige Dinge tun, aber niemand so verrückt ist wie die Religiösen. No offense, Simon.«

      Ich zucke mit den Achseln.

      »Die Christen sind die Allerschlimmsten«, meint Elin. »Seht euch doch nur diese Abgeordneten im amerikanischen Kongress an. Die sind genauso wie die Anhänger der Wahrhaftigen Kirche. Die glauben ernsthaft, dass der Komet die Strafe für Abtreibungen und Homosexualität ist.«

      »Mir erscheint es ehrlich gesagt etwas übertrieben, dass Gott uns alle ausrotten will, nur weil ’n paar Jungs Lust haben, Schwänze zu lutschen«, wendet Hampus ein.

      »Denkt doch nur an den Film von eben«, meint Elin. »Der Vater und all seine Kollegen mit ihrem Ehrenkodex … pah, von wegen!«

      Hampus stöhnt laut auf und Amanda wirft mit einem Kissen nach ihm.

      Elin beugt sich ungerührt zu Ali vor.

      »Was sagt eigentlich der Islam dazu, was bei uns gerade abgeht?«

      »Was weiß denn ich?«, entgegnet er und schaut erneut zu mir rüber. »Aber übrigens, meine Eltern sind morgen Abend unterwegs. Vorglühen bei mir, vorm Fußball?«

      Wir sagen, ohne zu zögern, zu.

      NOCH VIER WOCHEN UND DREI TAGE

      NAME: LUCINDA TellUs# 0 392 811 002 POST 0003

      Wenn man den Nachrichten aus der letzten Sendung glauben darf, interessieren sich die Schweden im Augenblick hauptsächlich für folgende zwei Themen: Fußball und Essen.

      Vom Fußball waren sie den ganzen Sommer lang geradezu besessen. Doch da die Spiele der ersten Liga nicht abgeschlossen werden können, soll der schwedische Meister stattdessen in K.-o.-Runden ermittelt werden. Heute Abend findet das Halbfinale statt. Natürlich wollen alle Fans, dass ihre Lieblingsmannschaft der allerletzte Meister in der Geschichte der Menschheit wird. Deshalb haben viele Städte landesweit beschlossen, das Spiel auf Großbildleinwänden zu übertragen. In den Nachrichten haben sie ein »Volksfest« angekündigt.

      Mein Vater hat Notdienst im Krankenhaus. Dort rechnen sie mit chaotischen Zuständen, die an Gemälde von Hieronymus Bosch erinnern, wenn sich Tausende Menschen auf dem Marktplatz versammeln, die alle ein Ventil für ihre Ängste, Sorgen und nicht zuletzt ihre Wut suchen.

      Ich habe ihm gut zugeredet und versichert, dass es für mich in Ordnung ist. Ich habe ihn schon oft genug von seiner Arbeit abgehalten.

      Aber zurück zu den Nachrichten. Die Schweden sind angeblich sauer, weil das Essen so eintönig geworden ist, seit wir nichts mehr importieren können. Ein gut gelaunter Food-Blogger hat daraufhin »inspirierende Tipps« gegeben, zum Beispiel, wie man ein Hühnercurry mit schwedischer Zitronenmelisse aromatisieren kann, damit es einen »Touch von Thaiküche« erhält. Anschließend wurde ein dreißig Sekunden langer Beitrag über Flüchtlinge gebracht, die derzeit zu Millionen in Auffanglagern festsitzen, wo sie entweder verhungern oder an Durchfallerkrankungen sterben.

       Aber wie sollen wir nur ohne unser Zitronengras überleben?

      Ich darf mir die Nachrichten einfach nicht mehr so oft anschauen. Das Weltgeschehen so aus der Entfernung zu verfolgen, ergibt letztlich keinen Sinn, denn man verliert dabei die Realität aus den Augen. Doch jetzt, wo unsere Tage gezählt sind, erscheint es wichtiger denn je zu wissen, was passiert. Dem Ende entgegensehen und wenigstens einen Versuch unternehmen, es zu verstehen.

      SIMON

      Ich werde im Gedränge in Alis kleiner Küche hin und her geschoben. Die Musik aus dem Flur ist so laut, dass der Fußboden unter meinen Füßen vibriert. Ich befürchte, dass er jeden Moment nachgibt und wir in die darunterliegende leer stehende Wohnung stürzen. In diesem Stadtteil stehen seit einer Weile viele Wohnungen leer.

      Moa vom naturwissenschaftlichen Gymnasium tanzt auf dem Tisch. Sie hat irgendwo den Schmuck von Alis Oma aufgetan und sich mehrere Lagen Ketten um den Hals gehängt. Auch an ihren Handgelenken klimpert Schmuck und ihr Gesicht ist zur Hälfte von einer mit Strass besetzten, schwarzen Sonnenbrille verdeckt. Plötzlich stößt Hampus mich an und hält mir sein Handy unter die Nase. Ich sehe, dass er die TellUs-App aktiviert hat.

      »Sag was zu den Außerirdischen!«, fordert er mich laut auf.

      Ich schiebe das Handy weg. Schließe die Augen, konzentriere mich wieder auf die Musik und wiege mich mit den anderen im Takt.

      Alle sind hier, außer Tilda. Mein einziger Trost besteht darin, dass Sait drüben im Wohnzimmer hockt und deshalb auch nicht mit ihr zusammen ist. Eigentlich sollte es mir egal sein, denn schließlich sind Tilda und ich kein Paar mehr. Und dennoch tut es mir gut.

      Ich nehme einen großen Schluck Schnaps, den wir mit Heidelbeersaft vermischt haben, weil nirgends mehr Limo zu bekommen ist. Als ich wieder meine Augen öffne, erblicke ich Oscar auf der anderen Seite des Tisches. Er taucht gerade einen Löffel in seinen Pappbecher und fischt einen Eiswürfel heraus, den er sich in den Mund schiebt. Dann schaut er sich grinsend um.

      Das Eiswürfelspiel. Ich weiß nicht mehr genau, wann wir damit angefangen haben, aber seit einiger Zeit spielen wir es auf jeder Party. Oscar dreht sich gerade zu einem Mädel