Der Zukunft trunken, von der Unschuld
Spielen im flatternden Flügelkleide.
Da weiht der Ruhe Zauber den Schlummernden,
Mit Mut zu schwingen im Labyrinth sein Licht,
Die Fahne rasch voranzutragen,
Wo sich der Dünkel entgegenstemmet.
Auf springt er, wandelt ernster den Bach hinab
Nach seiner Hütte. Siehe! das Götterwerk,
Es keimet in der großen Seele.
Wieder ein Lenz, – und es ist vollendet.
An jener Stätte bauet der Herrliche
Dir, gottgesandte Ruhe! den Dankaltar.
Dort harrt er, wonnelächlend, wie die
Scheidende Sonne, des längern Schlummers.
Denn sieh’, es wallt der Enkel zu seinem Grab,
Voll hohen Schauers, wie zu des Weisen Grab,
Des Herrlichen, der, von der Pappel
Säuseln umweht, auf der Insel schlummert.
An die Ehre
Einst war ich ruhig, schlummerte sorgenfrei
Am stillen Moosquell, träumte von Stellas Kuß –
Da riefst du, daß der Waldstrom stille
Stand und erbebte, vom Eichenwipfel –
Auf sprang ich, fühlte taumelnd die Zauberkraft,
Hin flog mein Atem, wo sie den Lieblingen
Die schweißbetraufte Stirn im Haine
Kühlend, die Eich und die Palme spendet.
Umdonnert Meereswogen die einsame
Gewagte Bahn! euch höhnet mein kühnes Herz,
Ertürmt euch Felsen ihr ermüdet
Nie den geflügelten Fuß des Sängers.
So rief ich – stürzt’ im Zauber des Aufrufs hin –
Doch ha! der Täuschung – wenige Schritte sinds!
Bemerkbar kaum! und Hohn der Spötter,
Freude der Feigen umzischt den Armen.
Ach! schlummert’ ich am murmelnden Moosquell noch,
Ach! träumt’ ich noch von Stellas Umarmungen.
Doch nein! bei Mana18 nein! auch Streben
Ziert, auch der Schwächeren Schweiß ist edel.
Einst und Jetzt
Einst, tränend Auge! sahst du so hell empor!
Einst schlugst du mir so ruhig, empörtes Herz!
So, wie die Wallungen des Bächleins
Wo die Forell’ am Gestade hinschlüpft.
Einst in des Vaters Schoße, – des liebenden
Geliebten Vaters – aber der Würger kam
Wir weinten, flehten, doch der Würger
Schnellte den Pfeil; und es sank die Stütze!
Ha! du gerechte Vorsicht! so bald begann
Der Sturm, so bald? – Doch – straft mich des Undanks nicht,
Ihr Stunden meiner Knabenfreude
Stunden des Spiels und des Ruhelächelns!
Ich seh’ euch wieder – herrlicher Augenblick!
Da füttert’ ich mein Hühnchen, da pflanzt’ ich Kohl
Und Nelken – freute so des Frühlings
Mich und der Ernt’, und des Herbstgewimmels.
Da sucht’ ich Maienblümchen im Walde mir,
Da wälzt’ ich mich im duftenden Heu’ umher,
Da brockt’ ich Milch mit Schnittern ein, da
Schleudert’ ich Schwärmer am Rebenberge.
Und o! wie warm, wie hing ich so warm an euch
Gespielen meiner Einfalt, wie stürmten wir
In offner Feldschlacht, lehrten uns den
Strudel durchschwimmen, die Eich’ ersteigen?
Jetzt wandl’ ich einsam an dem Gestade hin,
Ach keine Seele keine für dieses Herz?
Ihr frohen Reigen? Aber weh dir
Sehnender Jüngling! sie gehn vorüber!
Zurück denn in die Zelle, Verachteter!
Zurück zur Kummerstätte, wo schlaflos du
So manche Mitternächte weintest
Weintest im Durste nach Lieb’ und Lorbeer.
Lebt wohl, ihr güldnen Stunden vergangner Zeit,
Ihr lieben Kinderträume von Größ’ und Ruhm,
Lebt wohl, lebt wohl ihr Spielgenossen,
Weint um den Jüngling er ist verachtet!
Selbstquälerei
Ich hasse mich! es ist ein ekles Ding
Des Menschen Herz, so kindischschwach, so stolz,
So freundlich wie Tobias Hündlein ist,
Und doch so hämisch wieder! weg! ich hasse mich!
So schwärmerisch wenn es des Dichters Flamme wärmt,
Und ha wenn sich ein freundeloser Junge
An unsre Seite schmiegt, so stolz so kalt!
So fromm, wenn uns des Lebens Sturm
Den Nacken beugt,
2vermutlich: Meinem Gott (nach Jochen Schmidt).
3sog. Alkäisches Odenversmaß, benannt nach dem griech. Dichter Alkaios; die Strophe besteht aus zwei elfsilbigen Verszeilen, einer neunsilbigen und einer zehnsilbigen Verszeile. Das Versmaß wird von Hölderlin häufig verwendet (siehe zahlreiche der folgenden Gedichte).
4Louise Nast, 1768–1839, Tochter des Maulbronner Klosterverwalters.
5vermutlich an den Freund Christian Ludwig Bilfinger, 1770–1850 gerichtet; sog. Asklepiadeisches Odenversmaß, benannt nach dem griech. Dichter Asklepiades; die Strophe besteht aus zwei zwölfsilbigen Verszeilen, einer siebensilbigen und einer achtsilbigen Verszeile. Auch dieses Versmaß wird von Hölderlin häufig verwendet (siehe zahlreiche der hier aufgenommenen Gedichte). Auf beide Strophenformen wird im folgenden nicht eigens aufmerksam gemacht.
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