Ist gleich in dem Rebensafte
Selbst das Paradies enthalten,
Gießt ihn weg! es sind Scherbete,
Ohne Mädchen mir die Hölle.
Weh! die Freundin ist entflohen,
Und in meiner Augen Tränen,
Sind die Formen Ihrer Schönheit
Zart auf Wasser hingemalet.
Wache auf, mein Auge! wache!
Wer auf diesem Posten schlummert,
Ist von der Gefahr des Stromes1
Keinen Augenblick gesichert.
Die Geliebte wollte ohne
Schleier hier vorüberwallen,
Aber sie sah Nebenbuhler,
Deshalb hat sie sich verschleiert.
Seit die Rose hat gesehen
Deines Wangentaues Anmut,
Sank, auf Eifersucht verbrennet,
Sie in Rosenwasser unter.2
In dem Winkel meines Hirnes
Such’ ich Rat und gute Lehren,
Denn du wirst darin von Zithern
Und von Lauten übertönet.
Was für eine hohe Straße
Ist die Straße deiner Liebe!
Denn der Ozean des Himmels
Ist nur Wasserschein dagegen!3
Täler grünen, Berge grünen,
Komm und lass uns an dem Wasser
Nicht mit leeren Händen sitzen,
Denn die Zeit zerrinnt wie Wasser.
Dein Gesicht hat in dem Herzen
Hundert Lichter angezündet,
Obgleich (das ist eben selten)
Hundert Schleier es verhüllen.
O du Flammenkorn der Herzen,
Ohne deiner Wangen Schimmer
Ist mein Herz, das an dem Feuer
Tanzte, längst in Staub verbrennet.
Immer sei Hafis betrunken,
Immer kos’ er liebeäugelnd,
Manche wunderliche Streiche
Ziemen in der Zeit der Jugend.
1Des Tränenstromes
2Die Eifersucht über die Anmut deiner feuchten Wangen hat der Rose Tropfen ausgepresst, und diese sind das Rosenwasser.
3Sirab. Der wie Wasser glänzende Dunst, der in Persiens und Arabiens Wüsten in den heißesten Tagen so oft die durstigen Karawanen täuschet. Die Franzosen nennen denselben mirage.
XXXIII.
Es ist zwar unverschämt, mit Tugenden
Sich vor dem Freunde zu prahlen,
O Zunge, schweig! Wiewohl du von
Reinem Arabischen strömst.
Des Angesichts Peri hat sich verstecket,
Aber der Dive des Auges
Hat mit des Staunens Flammen mich verbrannt.
Ei, wie das wunderbar ist!
Du frage nicht, warum des Himmels Kreis
Niedrige Seelen begünstigt?
Gerade Mangel des Verdienstes ist
Ihm der genügende Grund.
Fürwahr! Noch keiner brach auf dieser Flur
Ohne die Dornen die Rose,
Und in die Lampen des Propheten sprühen
Die Funken des Ebileheb.1
Ich kauf nicht um ein halbes Gerstenkorn
Kloster und Stiftsgebäu,
Der Schenke Bank ist meines Doms Gewölb,
Meine Behausung das Glas.
In unsrem Augenlichte glänzet hell
Tochter der Rebe! Dein Reiz
Bald hüllt des Glases Schleierkleid,
Bald Beerengewebe dich ein.
Wenn du für deinen Gram ein Mittel suchst,
Such, was die Herzen erfreuet.
Du findest es in Flaschen voll Wein
Und im sinesischen Glas.
Mein Meister! War ich eh’ nicht an Verstand,
Nicht eh’ an Tugenden reich?
Jetzt aber, da ich ganz betrunken bin,
Lieb’ ich den Mangel von Scham.
Den Wein bring her! Denn dieses Eine ist,
Welches Hafis sich erflehet,
Wenn er des Morgens lange Klage weinet,
Wenn er um Mitternacht fleht.
1Ebileheb, einer der heftigsten und gefährlichsten Feinde Mohammeds.
XXXVI.
Wiewohl der Wein die Herzen erfreut,
Wiewohl der Wind die Rosen verstreut,
So trink doch nicht zum Lautengetön,
Denn scharf ist der Wächter.
Wenn eine Flasche oder ein Freund
Von ungefähr zu Händen dir kommt,
So trinke mäßig und mit Verstand;
Die Zeiten sind böse.
In deinen Kuttenärmel hinein
Versteckest du mit Sorgfalt das Glas,
Sieh, unsre Zeiten träufen von Blut,
Wie das Auge der Flasche.
Mit Tränen will ich waschen hinweg
Aus meiner Kutte Flecken des Weins.
Wir leben in der Mäßigkeit Zeit,
In Tagen der Faste.
Der Weltlauf ist ein blutiger Stahl,
Sieh, nur als Tropfen fallen herab
Der Nuschirwane glänzendes Haupt,
Die Kron’ der Perwise.1
Verlange von den Zeiten nicht Ruh’,
Und tu Verzicht auf Güter der Welt,
Der reinste Wein von diesem Gefäß
Ist trübe wie Hefen.
Mit deinen Liedern hast du, Hafis,
Bisher erobert Fars und Irak,
Tebris und Bagda harren nun dein,
Die Reih’ ist an ihnen.
1Ein kühnes Bild. Die Tropfen, welche dem blutigen Schwert des Weltschicksals entlaufen sind, Häupter von Königen wie Nuschirwan und Kronen von Chasroen wie Perwis.
XXXVIII.
Du