Doutreval kam heran. Schweigend betrachtete er den Schaden. Redhorse sah, wie der Funker den Kopf schüttelte. Schließlich erreichte auch Surfat die Jet, schwitzend und keuchend, den kahlen Schädel mit Schlamm verschmiert. Surfat sah wie ein schlecht maskierter Clown aus, doch Redhorse verspürte keine Lust, beim Anblick des Korporals zu lachen.
»Es sieht so aus, als müssten wir für den Rest unseres Lebens auf Gleam bleiben und Pilze anpflanzen«, sagte Surfat. »Ich ahnte es, dass wir nicht ungeschoren davonkommen.«
»Verschonen Sie uns vorläufig mit Ihren Ahnungen«, empfahl ihm Redhorse.
»Die Flutwelle!«, schrie Doutreval dazwischen.
Vom offenen Meer schob sich eine meterhohe Wand auf das Sumpfgebiet zu. Ascheflocken wirbelten wie Schnee auf die Männer herab.
»Klettert auf die Jet!«, rief Redhorse seinen Begleitern zu.
Nacheinander stiegen sie auf die Kanzel des Diskusschiffes. Redhorse hoffte, dass die Wucht der Flutwelle von den Sumpfkriechwäldern gebrochen würde. Auf dem Kamm der gewaltigen Woge bildeten Milliarden aus ihrem Teppich gerissener Pilze einen natürlichen Kranz. Die Flutwelle schob die Pflanzenteppiche vor sich her, als besäßen sie kein Gewicht. Über dem Meer schwebte eine schwarze Rauchwolke, die sich langsam landeinwärts ausbreitete und den Aschenregen immer stärker werden ließ.
Die Flutwelle wurde langsamer und niedriger, doch sie war schon tief ins Sumpfgebiet vorgestoßen. Berge von Pilzen und Moos wurden übereinandergeschichtet und dann vom tosenden Wasser überschwemmt. Inmitten dieses Chaos glaubte Redhorse die zerschmetterten Körper einiger größerer Tiere zu erkennen. Die Geysire wurden von der heranrollenden Flut erstickt, niedergewalzt und gedrosselt, bis sie an anderen Stellen wieder hervorbrachen, größer noch und ihre Fontänen fächerförmig in die Höhe schleudernd.
Redhorse hörte ein schwaches Wimmern, dann kroch Mister Jefferson an ihm vorbei und kuschelte sich ängstlich auf Surfats breiten Rücken. Das Tier schien die Gefahr zu spüren, die ihnen allen drohte. Je näher die Woge kam, desto größer erschien sie Redhorse. Über der unsichtbaren Vulkaninsel stand noch immer eine Feuerlohe. Redhorse stellte sich vor, wie sich ungeheure Lavamassen ins Meer ergossen, den Ozean zum Brodeln und Dampfen brachten, während riesige Pflanzeninseln von der Lava mit in die Tiefe gerissen wurden.
Die Flutwelle schoss heran. Obwohl sie viel von ihrer Wucht verloren hatte, würde sie weit aufs Land hinausschießen. Redhorse schätzte, dass ihre Ausläufer bis zum Wald reichen würden.
»Festhalten!«, schrie er den Raumfahrern zu.
Jetzt vermochten die Männer das Tosen der Wassermassen zu hören. Gurgelnd und schmatzend ergossen sich die Fluten über das Land, als wollten sie mit einem Ansturm all das zurückgewinnen, was die Pflanzen in jahrelangem Ringen dem Meer abgenommen hatten. Redhorse blickte auf. Die Woge schien nur aus Pflanzen zu bestehen. Auf ihrem Kamm sprühte weißer Gischt. Hundert Meter von der Space-Jet entfernt tauchte ein Gravotänzer aus dem Sumpf. Redhorse beobachtete, wie das riesige Tier, scheinbar starr vor Schreck, den Kopf aus dem Morast streckte. Die Welle riss das Wesen mit sich. Einen Augenblick sah Redhorse es hilflos zappeln, dann tauchte es in Schlamm und Gewächsen unter.
Dann erreichte die Flutwelle die SJ-4C. Redhorse presste sein Gesicht gegen die dreckverschmierte Oberfläche des Diskusschiffes und klammerte sich fest. Er hielt den Atem an. Die Jet wurde erschüttert, als die Woge sie traf. Redhorse hatte das Gefühl, von einem zentnerschweren Gegenstand belastet zu werden. Er spürte, wie das Wasser an ihm zerrte und ihn fast von der Jet spülte. Pflanzen klatschten gegen ihn und peitschten sein Gesicht. Seine Lunge drohte zu bersten.
Da bekam er wieder Luft. Er richtete sich auf. Das gesamte Kleinstraumschiff war über und über mit Gewächsen aller Art bedeckt. Redhorse riss das verfilzte Gestrüpp von sich, das an ihm hängengeblieben war. Sein Körper dampfte. Das Wasser war fast heiß gewesen.
Hustend kam auch Surfat auf die Beine. Bis auf Doutreval hatte die Besatzung die Flutwelle gut überstanden. Der Funker war ohne Bewusstsein. Offenbar hatte der Wasserdruck seinen Kopf gegen die Außenfläche der Kanzel geschlagen. Gemeinsam betteten sie Doutreval vor die Kanzel.
Gilliam kletterte hinunter und untersuchte die Schleuse.
»Sieht nicht viel schlimmer aus als zuvor«, berichtete er. »Die Schleuse lag entgegengesetzt zur Woge. Das Wasser hat sogar einen Teil des Schlammes weggespült.«
Brazos Surfat säuberte dem wimmernden und völlig durchnässten Mister Jefferson den Pelz. Redhorse beobachtete das Eingeborenenlager. Nach und nach tauchten alle Eingeborenen dort auf. Auch die Gleamors hatten die Flutwelle fast ohne Verluste überstanden. Wie Redhorse vermutet hatte, war die Gewalt des Wassers am Waldrand gebrochen worden. Eine kümmerlich anmutende Welle floss zum Meer zurück.
Redhorse verließ seinen Platz auf dem Diskusschiff und schwang sich in die Schleusenkammer. Durch Schlamm und Wasser watete er in die Kommandokanzel. Der Captain untersuchte alle Geräte. Sie funktionierten zu seiner Zufriedenheit. Lediglich drei der Kombistrahler, die in der Schleusenkammer gelegen hatten, waren stark verschmutzt.
Gilliam hatte bereits damit begonnen, den Schlamm aus der Schleusenkammer zu schaufeln. Surfat war noch bei dem verletzten Doutreval. Nachdenklich ließ sich Redhorse auf dem Pilotensitz nieder. Sie hatten bereits mehrfach ihr Leben riskiert, ohne auch nur einen Schritt weitergekommen zu sein. Noch besaßen sie keine Anhaltspunkte, wo die rätselhafte Sendeanlage zu suchen war. Die neunte Schockbasis verbarg ihr Geheimnis gut.
Redhorse versuchte, sich die Gedankengänge jener vorzustellen, die den Hypersender errichtet hatten. Wo hätte er den Sender versteckt? Was wussten die Gleamors? Der Captain war überzeugt davon, dass die Eingeborenen eine bestimmte Rolle spielten.
Manchmal fragte sich Redhorse, ob die Meister der Insel die verzweifelten Bemühungen der Terraner nicht auf irgendeine Weise beobachteten und voll spöttischer Freude die Rückschläge erlebten, die die Bewohner des dritten Planeten Sols erlitten.
Surfat streckte seinen haarlosen Kopf in die Kanzel.
»Doutreval ist wieder auf den Beinen«, sagte er. »Er hat wahrscheinlich eine leichte Gehirnerschütterung.«
Wenige Augenblicke später kam Offizier Doutreval in die Kommandokanzel.
»Es ist besser, wenn Sie sich ein paar Stunden hinlegen«, sagte Redhorse. »Ziehen Sie Ihre nassen Kleider aus.« Er wartete, bis Doutreval fertig war, dann breitete er die Decke über ihm aus. Der erschöpfte Funker schlief sofort ein.
»So«, sagte Redhorse. »Jetzt kümmern wir uns um unsere eigenen Kleider. Brazos, Sie machen uns etwas zum Essen, denn ich glaube kaum, dass die Pilze, mit denen Sie sich den Magen gefüllt haben, lange vorhalten.«
Es dauerte nicht lange, bis die Gleamors wieder bei der Space-Jet auftauchten. Wortlos halfen sie Gilliam und Bradon bei der Säuberung der Schleusenkammer. Sie kletterten sogar auf den Diskus und entfernten die dort angeschwemmten Pflanzen.
»Hilfsbereit wie immer«, stellte Redhorse fest. »Obwohl das Erdbeben auch für sie eine Katastrophe war, sind sie schon wieder dabei, uns zu helfen.«
Im Freien begannen ein paar Eingeborene zu singen. Redhorse wurde wütend. Er suchte sich eine trockene Hose und ein Hemd aus ihrer Notausrüstung und kleidete sich um. Als er sich gewaschen hatte, fühlte er sich besser. Surfat öffnete einige Konserven. Sie weckten Doutreval und aßen. Die Mahlzeit verlief schweigend. Jeder der Männer hing seinen eigenen Gedanken nach.
Schließlich sagte Bradon unvermittelt: »Ich glaube jetzt, dass Sie recht hatten, Captain.«
Redhorse blickte auf und schob seinen Teller zur Seite. In der Schleusenkammer rumorten einige Gleamors. Wahrscheinlich suchten sie den jetzt blankgescheuerten Boden nach Schmutzresten ab.
»Wie meinen Sie das, Chard?«, erkundigte sich Redhorse.
Bradon senkte den Kopf. »Ich habe nachgedacht. Wir haben uns vom Gesang der Gleamors betäuben lassen. Sie scheinen tatsächlich über schwache parapsychische