Eric ließ die Positronik einen Kodebericht verfassen, in der die beiden Beobachtungen deutlich und sachlich geschildert waren. Die Positronik lieferte eine Kodeschablone. Die Schablone schob Eric in das Richtstrahlgerät, und eine Hundertstelsekunde später war sein Richtspruch auf dem Weg zur Erde. Das Gegengerät entschlüsselte ihn dort automatisch und leitete den Bericht an den verantwortlichen Offizier weiter.
Der verantwortliche Offizier war Oberst Nike Quinto, Leiter der Abteilung III in der Interkosmischen Sozialen Entwicklungshilfe.
Wenn Nike Quinto in diesem Augenblick nicht allein gewesen wäre, hätte er sich wahrscheinlich lauthals über den Anstieg seines Blutdrucks beschwert, den solche unerwarteten Ereignisse stets hervorriefen.
Die Reaktion auf Eric Furchtbars Bericht war so, als hätte die Erde seit hundert Jahren nichts anderes zu tun gehabt, als auf den ersten Funkspruch aus dem intergalaktischen Raum zu warten.
Das Schiff, das Nike Quinto und seine Männer brauchten, um an Ort und Stelle zu gelangen, stand startbereit.
Die Erde hatte wirklich gewartet. All die Jahre über hatten Schiffe bereitgestanden, um Männer des Mutantenkorps, der Abwehr oder Abteilung III an Brennpunkte der galaktischen Politik zu bringen.
Auch Nike Quintos Männer waren vorbereitet. Was sie im intergalaktischen Raum erwartete, worauf sie zu achten hatten, wie die Situation sein würde, wenn sie weit draußen, Tausende von Lichtjahren vom Rand der heimatlichen Milchstraße entfernt, auf fremde Intelligenzen stießen – all das war fest in ihren Gehirnen verankert. Hypnoschulung hatte ihnen alle nötigen Informationen vermittelt, und zwar so, dass sie sie niemals mehr vergessen würden.
Es war ein ausgesuchtes Team, mit dem sich Nike Quinto noch am selben Tag auf den Weg machte – am 2. Mai 2112. Major Ron Landry, Captain Larry Randall, Sergeant Mitchell Hannigan, genannt Meech, und ziviler Mitarbeiter Lofty Patterson waren seine Begleiter. Jeder von ihnen hatte in früheren Einsätzen der Abteilung III bewiesen, dass er seinen Mann zu stehen verstand.
Das Raumschiff, in dem Nike Quinto die Erde verließ, war auf den Tag genau ein halbes Jahr alt. Im saloppen Sprachgebrauch der Abteilung III nannte man die JOANN einen Werkstattkreuzer. Sie gehörte zur Klasse der Schlachtkreuzer, besaß aber außer der vorzüglichen Bewaffnung noch eine Werkstattausrüstung, die ihre Mannschaft in die Lage setzte, eine Anzahl komplizierter, nicht allzu großer Geräte an Bord zu bauen. Die JOANN war nur in geringem Maß von ihrer Heimatbasis oder irgendeinem anderen Versorgungsplatz abhängig.
Und das, davon war Nike Quinto überzeugt, war in einem Fall wie diesem wichtig. Fünftausend Lichtjahre jenseits des Milchstraßenrands operierte man nicht nach derselben Taktik wie innerhalb der Galaxis, wo jeden Katzensprung weit eine besiedelte Welt stand.
Die JOANN erreichte Arkon III, vierunddreißigtausend Lichtjahre von der Erde entfernt, im Linearflug. Nike Quinto ließ das Schiff landen und informierte Eric Furchtbar über Richtspruch, dass er ihm nun schon ziemlich nahe sei.
Eric Furchtbar hatte seinerseits ein paar Neuigkeiten auf Lager.
Die Empfänger registrierten eine zweite Sendung auf anderer Frequenz.
Die erste hielt nun seit fünf Stunden an. Ein bestimmtes Modulationsmuster wiederholte sich alle vierzehn Minuten.
Art Cavanaugh hatte Eric Furchtbar erklärt, dass so etwa ein Hilferuf aussah, der von einem automatischen Sender ausgestoßen wurde – immer wieder von vorn, bis sich endlich jemand meldete. Eric hatte darauf geantwortet, dass man so etwas vermuten konnte, solange es sich um innergalaktische Intelligenzen handelte. Mit allem, was von draußen kam, musste man vorsichtig sein. Wenigstens was scheinbar logische Folgerungen anbelangte.
Art verstand nicht viel von der Kunst der Logik. Er hatte Vertrauen genug zu seinem Captain, um nicht weiter auf seiner Behauptung zu bestehen. Aber ganz hinten in seinem Gehirn bohrte immer noch der Gedanke, dass dort draußen jemand voller Not um Hilfe rief. Vielleicht nur noch der automatische Sender, nachdem die, zu deren Schutz er diente, schon längst nicht mehr lebten.
Denn die Sonne, von der Mike Kirkpatrick gesprochen hatte, war inzwischen als eine Nuklearexplosion gewaltigen Ausmaßes erkannt worden.
Dann kam diese zweite Sendung.
Der, der sie ausstrahlte, machte sich nicht die Mühe, sie allzuoft zu wiederholen. Art Cavanaugh regelte die Empfängerfrequenz nach und sah auf dem Oszilloskop nur noch einen einzigen, auslaufenden Wellenzug. Dann war der Schirm wieder dunkel. Warren Lee spulte das Registrierband zurück und schnitt das Stück heraus, auf dem die kurze Sendung festgehalten war. Ken Lodge hatte das Gefühl, er müsste nun endlich auch etwas tun, verpackte das Bandstück in einen grellroten Umschlag und schickte es an die positronische Auswertung.
Art Cavanaugh hatte inzwischen den Hauptschaltraum benachrichtigt. Eric Furchtbar war immer noch auf dem Posten, obwohl er nun seit mehr als zwölf Stunden ununterbrochen Dienst gemacht hatte. Eric bat um Peilergebnisse, und bei der Aufregung, in der er sich befand, pries Art sich glücklich, dass der Peilautomat seine Arbeit inzwischen beendet hatte. Das Ergebnis bestand aus drei Winkelkoordinaten und einem Radiusvektor. Der Radiusvektor gab die Entfernung an, in dem sich der fremde Sender von der BOB-XXI befand.
Die Entfernung betrug 410 Lichtjahre.
Das war die gleiche Entfernung wie die, in der sich der erste Sender befand und in der sich die Kernexplosion ereignet hatte.
Im Lauf der nächsten Stunden wurden weitere Explosionen beobachtet. Die gewaltigen Energien, die dabei freigesetzt wurden, waren zum Teil fünfdimensionaler Struktur, und die fünfdimensionalen Hyperfelder wurden praktisch ohne Zeitverlust von den Instrumenten der BOB-XXI registriert.
Eric Furchtbar wurde nervös. Die BOB-XXI war eine reine Beobachtungsstation, kein Raumschiff. Sie war von einem Transporter an Ort und Stelle gebracht worden. Die BOB-XXI hatte keine Triebwerke – außer den paar kleinen, mit denen Lagekorrekturen ausgeführt werden konnten. Sie lag fest. Für den Fall, dass sie angegriffen wurde, standen der Besatzung Waffen zur Verfügung, ziemlich wirksame sogar. Aber ausreißen – für den Fall, dass die Lage aussichtslos wurde – konnte sie nicht.
Während Eric seine dreizehnte Stunde Dienst hinter sich brachte, wurden elf dicht aufeinanderfolgende Explosionen registriert. Währenddessen dauerte der Funkspruch, den Art Cavanaugh für einen Hilferuf hielt, unverändert an.
Es sah so aus, als würde dort draußen eine gewaltige Schlacht gekämpft. Die Streufelder, die die Instrumente registrierten, ließen darauf schließen, dass es sich bei jeder Explosion um eine Bombe im Tausend-Gigatonnen-Bereich handelte.
Eric hatte den zweiten, kurzen Funkspruch schon fast vergessen, als die Auswertung meldete, dass die positronische Entschlüsselung geglückt war.
Leutnant Hynes, der das Interkomgespräch mit Eric führte, erklärte: »Nach allem, was uns gesagt worden ist, können wir uns natürlich nicht darauf verlassen, dass die Entschlüsselung wirklich den Inhalt der Botschaft wiedergibt. Aber es fügt sich eines ins andere. Alle Resultate haben den gleichen Wahrscheinlichkeitskoeffizienten. Das deutet darauf hin, dass ...«
Eric Furchtbar unterbrach ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Ja, ich verstehe schon. Was haben Sie herausgefunden?«
Man sah auf dem Bildschirm, dass Leutnant Hynes einen Zettel aufnahm. Er sah ihn ein paar Sekunden lang zögernd an. Dann las er vor: »Seid ihr wahres Leben?«
Unbegreifliche Dinge erzeugen Unsicherheit und das Gefühl nahender Gefahr.
Die Frage nach dem wahren Leben war für Eric Furchtbar und die Leute an Bord der BOB-XXI unbegreiflicher als alles, was sie je zuvor gehört hatten. Trotzdem bestand kaum ein Zweifel daran, dass die Frage wirklich gestellt worden war. Von irgend jemand, der sich vierhundertundzehn Lichtjahre weiter draußen mit irgend jemand mittels ungeheurer Fusionsbomben herumschlug.
Unsicherheit