Er näherte sich dem Schott. Er bewegte sich nicht allzu schnell, um seinem Instinkt die Möglichkeit zu geben, ihn rechtzeitig zu warnen. Er kam bis auf zwei Meter an den Ausgang heran, dann hatte er das Gefühl, dass jemand sich dicht vor ihm befand. Er wich zur Seite, und im selben Augenblick hörte er das helle Summen wieder.
Das war alles, was er hatte erfahren wollen. Einer von ihnen stand am Schott, und der andere drehte am Stellrad, wenn die Luft rein war.
Art zog sich zurück. Er glaubte zu spüren, dass der Fremde am Schott ihm nicht folgte. Er fühlte sich sicher. Nicht allzu eilig, um keinen Verdacht zu erwecken, näherte er sich dem kleinen Metallschrank, der dicht neben seinem Schaltpult stand. Niemand hinderte ihn daran, die Schranktür zu öffnen. Blitzschnell ließ er die Hand hineinschießen. Die Finger trafen auf Widerstand und schlossen sich um ein kühles Stück Plastikmetall. Mit einem Ruck riss Art den schweren Thermostrahler heraus. Er fuhr herum, die Waffe im Anschlag.
Das Gewicht des Strahlers im Arm und die Kühle des Metalls gaben ihm ein Gefühl der Überlegenheit. Er wusste nicht, ob die Unsichtbaren gegen die geballte Energie eines Thermoschusses empfindlich waren. Das Feld, das sie umgab, mochte sie gegen jegliche Art von Strahlung schützen. Aber der Strahl einer solchen Waffe führte auch ein gehöriges Maß mechanischer Energie mit sich. Er war wie ein Blitz im Gewitter. Wenn er das Ding, das er traf, nicht zum Brennen bringen konnte, schlug er wenigstens ein Loch hinein.
Sie würden ihn beobachten, darüber war Art sich im klaren. Sie konnten ihn sehen – für ihn selbst waren sie unsichtbar. Aber sie wussten vielleicht nicht, was er da in der Armbeuge hielt.
Er ging ein drittes Mal auf das Stellrad zu. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Er musste den richtigen Augenblick abpassen. Er musste genau wissen, wo der Unsichtbare stand.
Er ließ den Finger am Abzug. Er horchte in sich hinein, um auch nicht die leiseste Warnung zu überhören. Schritt für Schritt kam er dem Verteiler näher. Es sah fast so aus, als wollten sie ihn dieses Mal ungehindert herankommen lassen. Er klemmte die Waffe fester und streckte die linke Hand nach dem Stellrad aus.
Da spürte er es.
Der Fremde kam von links heran, schräg von hinten. Art wirbelte herum. Der plumpe Lauf des Strahlers schwang herum, und der Finger drückte auf den Abzug, ohne dass Art daran zu denken brauchte.
Ein gleißender Strahl scharf gebündelter Energie brach aus der Waffe. Art sah, wie er sich dicht vor der Laufmündung spaltete und in zwei gekrümmten Bahnen links und rechts um ein unsichtbares Hindernis herumfuhr. Er hatte sich also nicht getäuscht. Das Feld, das die Fremden umgab, machte sie gegen die Wirkung eines Thermostrahlers ebenso unempfindlich, wie es ihnen Unsichtbarkeit verlieh. Aber die mechanische Wirkung ließ sich nicht abschirmen. Art beobachtete mit grimmigem Vergnügen, wie sich die Stelle, an der sich der Strahl spaltete, immer weiter entfernte. Sein Instinkt warnte ihn längst nicht mehr. Der Unsichtbare wurde von der Wucht des Strahls immer weiter zurückgetrieben.
Art löste den Finger vom Abzug, als der Fremde fünf Meter von ihm entfernt war. Dann wandte er sich rasch um und drehte das Stellrad zurück. Er tat es mit der linken Hand. Die Waffe hielt er dabei schussbereit in der rechten Armbeuge.
Der Weg war jetzt frei. Er wusste, was seine Waffe vermochte.
Er nahm sich nicht mehr die Zeit, auf die Warnung seines Instinkts zu warten. Er wusste ungefähr, wo der zweite Fremde stand. Er drückte den Abzug und ließ den blendend hellen Strahl der Thermowaffe weit gefächert in der Nähe des Schottes spielen.
Mitten in der grellen Lichtflut war plötzlich ein Loch. Der Strahl teilte sich und umging das Hindernis, das das Schutzfeld des Unsichtbaren für ihn bedeutete. Art bündelte den Strahl schärfer und hielt den Lauf auf das Loch gerichtet. Sofort erfasste den Fremden die mächtige Stoßkraft des Energiebündels. Das Loch glitt zur Wand auf der anderen Seite des Schottes hinüber und von da aus nach rechts, ins Innere der Funkkabine hinein.
Art musste sich drehen, um den Gegner weiter im Schussfeld zu behalten. Rückwärts gehend bewegte er sich auf das Schott zu. Die Wucht des Strahlers trieb den Unsichtbaren immer weiter von ihm fort. Er konnte ihn jetzt nicht mehr daran hindern, die Kabine zu verlassen, auf den Gang hinauszugehen und um Hilfe zu rufen.
Art hörte, wie das Schott sich hinter ihm zu öffnen begann. Immer noch flutete hell leuchtende Energie aus dem Lauf seiner Waffe, auf kurze Reichweite eingestellt, so dass sie die gegenüberliegende Wand mit den Schaltpulten nicht beschädigte. Die Luft begann sich zu erwärmen. Wellen erstickender Hitze drangen auf Art ein.
Es war Zeit, dass er sich davonmachte.
Das Schott hinter ihm war offen. Das weißblaue Licht des Ganges fiel in die Kabine hinein.
Art trat zurück. Er nahm den Finger vom Auslöser und drehte sich um. Er wollte rennen. Er musste zum Kommandostand, um Eric Furchtbar zu warnen.
Aber plötzlich waren sie rings um ihn herum. Nicht zwei, wie er bisher vermutet hatte, sondern mindestens ein Dutzend. Sie schlugen von allen Seiten auf ihn ein. Er versuchte, den Lauf seiner Waffe wieder zu heben. Aber harte Schläge trafen auf das Metall. Die Hände, die den Strahler zu halten versuchten, verloren die Kraft.
Art ließ die Waffe fahren. Wenn er sie nicht benutzen konnte, dann brauchte er wenigstens seine Fäuste, um sich zu verteidigen. Er fing an zu kämpfen. Es war nicht schwer zu erraten, wo die Fremden waren. Sie waren überall, rings um ihn herum. Der Teufel mochte wissen, wo sie so schnell hergekommen waren und wie so viele von ihnen es überhaupt geschafft hatten, an Bord der BOB-XXI zu kommen.
Aber sie waren nun einmal da. Und Art merkte rasch, wie seine Kräfte erlahmten. Sie trommelten von allen Seiten auf ihn ein. Alles, was er wusste, schrie er hinaus. Irgendwo in der Nähe musste eines der Besatzungsmitglieder sein und ihn verstehen.
Die ganze Zeit über verteilte er Schläge nach rechts und nach links, nach vorne und nach hinten, nach oben und nach unten. Er trat mit den Beinen aus, um seine Abwehr wirksamer zu machen.
Er wurde schwach. Nach einer Weile, die ihm wie zwei Stunden vorkam, konnte er die Hände nicht mehr zu Fäusten ballen. Er schlug mit den Handflächen darauf los. Und dann kam der Augenblick, in dem er nicht einmal mehr die Arme in die Höhe brachte.
Wehrlos stand er da. Die Fremden sahen ihren Augenblick gekommen. Ein Schlag traf Art an Kinn und Hals zugleich. Art ging zu Boden, und nichts von seinem rastlosen Ungestüm und seinem kalten Zorn war mehr übrig.
Eric Furchtbar wurde nicht eher auf die Dinge aufmerksam, bis ihm jemand berichtete, dass er aus dem Hauptgang des M-Decks wüstes Geschrei gehört habe. Eric schickte jemand hinunter auf das M-Deck, und ein paar Minuten später erfuhr er, dass man Art Cavanaugh bewusstlos aufgefunden hatte, aus mehreren Wunden blutend und das Gesicht geschwollen.
Eric wusste, dass Art allein Dienst in der Funkkabine gehabt hatte. Ken Lodge und Warren Lee hatte er an anderer Stelle eingesetzt. Solange der Funkraum besetzt war, hatte der Funker dort unten die alleinige Kontrolle über die Geräte. Eric hatte keine Ahnung, was in der Zwischenzeit dort unten vorgefallen sein mochte. Er drückte den Schalter, der seine Messinstrumente im Hauptschaltraum befähigte, den Zustand der Geräte unten in der Funkkabine zu überprüfen. Das war reine Routine. Eric hoffte nicht, durch diesen Schritt Auskunft über Arts Erlebnisse zu bekommen.
Aber er sah ziemlich rasch, was geschehen war. Von den Geräten unten in der Funkkabine funktionierte nur noch eines. Das war der Energieverteiler. Er verteilte aber nicht mehr. Ein ungeheurer Strom von Energie ergoss sich geradlinig durch ihn hindurch und wurde an einer Stelle verbraucht, die außerhalb des Messbereichs von Erics Instrumenten lag.
Eric schickte eine Gruppe von vier Männern in den Funkraum hinunter. Außerdem gab er Doc Johannesson den Auftrag, sich um Art Cavanaugh zu kümmern. Die vier Männer meldeten zwei Minuten später, dass im Funkraum alle Geräte ausgefallen