Räumlicher Anwendungsbereich
Mit der Einführung der DSGVO gelten im Datenschutz jetzt das oben bereits erwähnte Niederlassungsprinzip und das sogenannte Marktortprinzip erstmalig nebeneinander. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie, wann das Niederlassungsprinzip gilt und wann das Marktortprinzip.
Niederlassungsprinzip
Immer dann, wenn Sie in der EU niedergelassen sind und dort Ihre Tätigkeit entfalten und nicht der Haushaltsausnahme unterfallen, hat Sauron in Gestalt der Aufsichtsbehörden ein wachsames Auge auf Sie.
Dabei ist es egal, ob Sie Daten von EU-Bürgern verarbeiten oder Daten von Bürgern anderer Staaten. Wenn Sie in der EU ansässig sind, müssen Sie sich an die DSGVO halten. Maßgebend ist allein, ob Sie in der EU Ihren Sitz haben oder nicht. Man nennt das Territorialprinzip. Es kann aber auch passieren, dass Sie Ihren Sitz außerhalb der EU haben und sich trotzdem an die DSGVO halten müssen. Dazu gleich mehr unter der Überschrift Marktortprinzip. Das Niederlassungsprinzip – auch oft als Territorialprinzip bezeichnet – besagt also nichts anderes, als dass Unternehmen oder sonstige Organisationen, die sich in der EU niedergelassen haben, an die DSGVO halten müssen. Das ist nachvollziehbar. Was aber viele nicht so richtig wissen, ist, wann sie sich in der EU niedergelassen haben.
In der EU niedergelassene Unternehmen
Die DSGVO gilt also zunächst einmal für alle Unternehmen, die in der EU niedergelassen sind (Art. 3 Abs. 1).
Konzernstrukturen
Was aber gilt, wenn mehrere selbstständige Organisationen oder Unternehmen mit jeweils eigener Rechtsperson in einer Konzernstruktur zusammengeschlossen sind?
Bereits vor Inkrafttreten der DSGVO musste sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der Frage befassen, wann bei Konzernstrukturen von Niederlassungen auszugehen sei. Es handelt sich dabei um die sogenannte Google-Spain-Entscheidung vom Mai 2014 (Rechtssache C-131/12). Es ging dabei um die Frage, ob das europäische Datenschutzrecht auch für das damals in den USA ansässige Mutterunternehmen Google Inc. anwendbar sei, obwohl das Mutter-Unternehmen in Europa lediglich Gesellschafter des selbstständigen Tochterunternehmens Google Spain SL war, aber selbst weder Büros noch andere eigene Zweigstellen in der EU unterhielt. Dass das Tochterunternehmen Google Spain SL vom europäischen Datenschutz erfasst war, stand außer Frage, denn das Unternehmen hatte seinen Sitz ja in Spanien und fiel damit über das Niederlassungsprinzip ganz automatisch unter das europäische Datenschutzrecht. Aber was war mit dem Mutterunternehmen in den USA? Konnte die rechtlich selbstständige Google Spain SL als Niederlassung von Google Inc. verstanden werden, mit der Folge, dass das europäische Datenschutzrecht auch für Google Inc. Geltung beanspruchen könne? Der EuGH hat das seinerzeit bejaht, weshalb Datenschützer davon ausgehen, dass er dies auch künftig nicht anders sehen wird. Der EuGH entschied, dass es für die Annahme einer Niederlassung in der EU ausreiche, dass die selbstständige Tochtergesellschaft in Spanien als feste Einrichtung eine Tätigkeit ausübe. Außerdem seien die Tätigkeiten der beiden Unternehmen untrennbar miteinander verbunden. Zwar fördere Google Spain SL als Vertriebsunternehmen Google Inc. in den USA nur wirtschaftlich. Ohne die Suchmaschinen-Dienstleistung von Google Inc. gäbe es jedoch kein Geschäft für Google Spain SL. Dies genüge, um die Muttergesellschaft in den USA mit der Pflicht zur Anwendung des europäischen Datenschutzrechts zu infizieren. Aber dabei bleibt es nicht. In weiteren Urteilen, wie zum Beispiel Weltimmo vom 01.10.2015 und Amazon vom 28.07.2016, stellte der EuGH klar, dass selbst ein einzelner Vertreter eines außereuropäischen Unternehmens – vorausgesetzt, es gebe einen gewissen Grad an Beständigkeit und eine effektive Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit – als Niederlassung im datenschutzrechtlichen Sinn zu verstehen sei. Die Infizierung mit europäischem Datenschutzrecht findet also immer statt, wenn irgendeine Einrichtung in der EU, sei es ein Unternehmen oder eine Einzelperson, für das Mutterunternehmen einigermaßen beständig und effektiv wirtschaftlich tätig wird.
Verarbeitungen im Zusammenhang mit einer Niederlassung in der EU
Daneben gilt die DSGVO aber auch umgekehrt für solche Unternehmen, die außerhalb der EU tätig sind, aber mit einer Niederlassung in der EU in Zusammenhang stehen (Art. 3 Abs. 1). In diesen Fällen hat nicht – wie im Google-Spain-Fall – ein außereuropäisches Unternehmen in der EU eine Niederlassung und wird deshalb dem europäischen Datenschutzrecht unterworfen, sondern ein europäisches Unternehmen betreibt Datenverarbeitung irgendwo im außereuropäischen Ausland. Dann unterliegt auch die Datenverarbeitung im außereuropäischen Ausland dem Regime der DSGVO.