Steve näherte sich langsam dem Kran, von dem aus man auf ihn geschossen hatte.
Erst als er unmittelbar davorstand, bemerkte er Harvey Atkins. Der Gangster lag in seltsam verkrümmter Haltung neben einem der großen Räder des Schienenkrans. Er lag halb auf der Seite, einen Arm unter dem Körper, den anderen abgewinkelt, als wollte er sich abstützen und aufstehen.
Aber aufstehen würde Harvey Atkins nie mehr. Denn er war tot.
Steve McCoy ging in die Knie und steckte seine Waffe ein. Er berührte den Toten an der linken Schulter, und der Körper rollte zur Seite.
Zwei Zentimeter unter dem linken Ohr entdeckte er die tödliche Wunde. Aber es war kein Einschuss, sondern ein Messerstich. Die Wunde blutete kaum. Auch das war das Werk eines professionellen Killers. Steve überlief es kalt.
Der Killer löschte die Menschen wie Ungeziefer aus, und selbst ein Gangster wie Atkins hatte einen solchen Tod nicht verdient.
Steve erhob sich und blickte auf die Leiche hinunter. Der Killer wusste, dass man ihm auf der Spur war, und versuchte jetzt, alle Mitwisser auszuschalten. Der Unbekannte war gefährlicher als eine gereizte Klapperschlange. Er würde rücksichtslos zuschlagen, wenn er sich bedroht fühlte.
Müde trat Steve den Rückzug an. Er konnte nur noch die Mordkommission benachrichtigen. Und er selbst hatte jetzt nur noch eine einzige Spur.
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29.
ALLE BETEILIGTEN SPÜRTEN es: Heute war der Tag der Entscheidung. Obwohl keiner vom anderen wusste, hatten sie alle dasselbe Ziel. Ein Haus in der Upper East Side.
Dort wohnte John Carruthers.
Joan MacLaren war die Erste. Sie kam mit einem Taxi. Aus der Morgenzeitung hatte sie erfahren, dass Rico Manzini tot war. Ermordet in der Nähe des Mannes, den er überwachen sollte. Sie wusste nicht genau, was sie davon halten sollte, aber sie hatte ein unbestimmtes Angstgefühl. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass John damit etwas zu tun hatte, aber sie ahnte Unheilvolles.
Sie wollte mit ihm sprechen und ihm auf den Kopf zusagen, dass er mehr von der Verhaftung ihres Mannes wusste, als er zugab. Sie hatte es sich selbst nicht eingestehen wollen, dass ihr gefährliches Spiel zwischen ihrem Mann und John tödliche Konsequenzen hatte. Sie hätte gern einiges rückgängig machen wollen, aber sie wusste, dass es dazu bereits zu spät war.
Sie konnte nur noch retten, was zu retten war. John musste ihr endlich die ganze Wahrheit sagen. Er hatte sie benutzt, um an die Waffe ihres Mannes zu kommen, die nun als Mordwaffe bei der Mordkommission lag.
Fünf Minuten später traf Dr. Charles Highwood ein. Er wusste selbst nicht genau, was ihn eigentlich hierher führte. Aber er war zurzeit nicht über den Stand der Dinge informiert. Die Zeit drängte: Kevin MacLaren würde bald offiziell angeklagt werden. Und es hatte den Anschein, als wäre man keinen Schritt weitergekommen. Steve McCoy verfolgte irgendwelche Spuren und schwieg sich aus.
So hatte der Anwalt einen plötzlichen Entschluss gefasst und sich zu John Carruthers auf den Weg gemacht. Er wusste, dass Carruthers ein unerbittlicher Gegner Kevin MacLarens war. Aber MacLaren selbst war wie mit Blindheit geschlagen. Er nahm nicht einmal zur Kenntnis, dass seine Frau ein Verhältnis mit Carruthers hatte.
Highwood stieg aus dem Taxi und ging langsam auf der Straße auf und ab, die Hände auf dem Rücken. Er wusste nicht, wie er seinen Besuch bei dem Politiker motivieren sollte. Was wollte er ihn fragen?
Er blickte auf, als ein Wagen neben ihm stoppte. Nach einer Schrecksekunde erkannte er einen Camaro. Er blieb stehen und sah Steve McCoy gespannt entgegen. Der Agent stieg aus und schloss die Tür ab. Die beiden Männer schüttelten sich die Hände.
„Was machen Sie denn hier?“, fragte Steve McCoy.
Der Anwalt zuckte mit den Schultern. „Das kann ich nicht sagen. Es war nur eine Idee. Ich habe das Gefühl, dass Carruthers der Schlüssel zu dem ganzen Fall ist. Aber es gibt nicht die Spur eines Beweises. Und jetzt weiß ich nicht, was ich ihm sagen soll.“
Steve nickte. „Mit Ihrem Verdacht haben Sie völlig recht. Ich bin sicher, dass Carruthers der Drahtzieher ist. Aber auch ich kann es nicht beweisen. Wir können ihn nur überrumpeln. Im Übrigen glaube ich, dass er in höchster Lebensgefahr ist.“
Highwood blickte überrascht auf. „Wieso das?“
„Er hat einen Killer gemietet, und der fühlt sich offensichtlich bedroht, denn er räumt seine Helfer aus dem Weg. Einen von ihnen habe ich heute Morgen selbst gefunden. Von dem anderen gibt es keine Spur. Niemand hat ihn heute gesehen. Ich war in seiner Wohnung. Alles spricht für einen überstürzten Aufbruch. Ich glaube, dass auch er tot ist. Der Killer kennt keine Rücksicht.“
In Highwoods Gesicht stand das blanke Entsetzen.
„So schlimm ist es? Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass Carruthers so weit gehen würde.“
Er drehte sich um und blickte zum Haus hinüber. Mit leiser Stimme fragte er: „Was können wir tun?“
„Ich werde mit ihm reden“, sagte Steve McCoy. „Es ist unsere einzige Chance. Der Killer wird mir bestimmt nichts sagen.“
„Na schön, wenn Sie meinen.“
„Und Sie benachrichtigen die Polizei. Verlangen Sie Lieutenant Anderson. Hier ist zwar nicht sein Revier, aber wenn Sie ihm sagen, worum es geht, wird er kommen. Und er soll das Blaulicht abschalten. Unser Freund wird sonst nur verstört. Lassen Sie mir etwas Zeit.“
Damit wandte er sich um und ging auf den Eingang zu, ohne sich noch einmal umzusehen.
Und dann kam noch jemand. Ein schlanker hochgewachsener Mann von dunkler Gesichtsfarbe. Er parkte seinen Mietwagen, den er sich vor einer Stunde unter falschem Namen geliehen hatte, in einer Seitenstraße.
Mit gesenktem Kopf, die Hände in den Taschen vergraben, ging er gemächlich die Straße entlang. Er wirkte wie ein Angestellter auf dem Wege nach Hause, völlig desinteressiert an seiner Umgebung. In Wirklichkeit registrierte er alles. Diese Fähigkeit hatte ihn bis jetzt überleben lassen.
Noch diesen einen Job, dann war er wieder sicher. Es tat ihm zwar um das Geld leid, das ihm nun entgehen würde. Aber seine persönliche Sicherheit hatte Vorrang. Aufträge erhielt er immer wieder. Killer hatten Konjunktur.
Es dämmerte schon. Die Tage wurden wieder kürzer. Auf der Straße herrschte kaum Verkehr, und auch Fußgänger waren kaum zu sehen. Er passte den richtigen Augenblick ab. Als in beiden Richtungen alles frei war, huschte er in den schmalen Zwischenraum zwischen den Häusern. In aller Ruhe sah er sich um.
Das Tor zu einer Tiefgarage war geöffnet, und ein Wagen stand davor. Vielleicht wollte Carruthers noch wegfahren.
Hinter einem der Fenster brannte Licht. Aber Besucher waren offensichtlich nicht gekommen, sonst hätten wohl mehr Lampen gebrannt. Lautlos schlich er auf die Garage zu, um von ihr aus ins Haus zu gelangen. Er setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, obwohl die Lärmkulisse der Großstadt das Geräusch seiner Schritte sicher übertönen würde.
In der Tiefgarage, die nur Platz für einen Wagen bot, gab es tatsächlich eine Tür. Er nickte befriedigt und drückte die Klinke herunter.
Die Tür war nicht verschlossen.
Lautlos verschwand er im Haus.
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30.
JOHN