ist: Gott mit uns.“ Wo gibt es nun da noch Platz für ungläubige Zweifelsucht? Der Prophet sagt, daß die Jungfrau empfangen werde, und die Jungfrau hat empfangen; — daß ein Sohn werde geboren werden, und der Sohn ist geboren worden; daß man ihn Gott nennen werde, und Gott wird er genannt; denn er wird mit jenem Namen genannt, welcher seiner Natur entspricht. Wenn also der Geist Gottes sagte, daß er Gott zu nennen sei, so beweist Derjenige, welcher sich von der Einheit mit der göttlichen Botschaft trennt, daß ihm der Geist Gottes fehle. „Sieh also,“ sagt er, „die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und man wird seinen Namen Emmanuel nennen, was verdollmetscht ist: Gott mit uns.“ Aber vielleicht ist es Dieß, wohin sich die Ausflucht des Unglaubens wendet, daß sie sagt, der prophetische Ausspruch, Jener sei Gott zu nennen, beziehe sich nicht auf die Majestät der Gottheit, sondern nur auf die Mittheilung eines Namens. Was thun wir aber, wenn nun Christus in den Evangelien überhaupt nicht mit diesem Namen genannt ist und man doch nicht sagen kann, daß der hl. Geist durch den Propheten die Unwahrheit gesprochen habe? Wozu nun Dieß? Gerade damit wir einsehen, daß jene Prophezie damals den Namen der Gottheit vorhergesagt habe, nicht den des Fleisches.
17 Denn wenn der mit Gott vereinte Mensch im Evangelium einen andern Namen erhalten hat,
18 so muß nothwendig dieser der Name des Menschen gewesen sein, jener der des Gottes.
19 Aber wir wollen weiterfahren und zur Erhärtung der Wahrheit andere Zeugnisse herbeiholen. Denn wo man von Gott handelt, da wird die Gottheit durch Nichts besser bewiesen als durch ihre eigenen Zeugen. Es sagt also derselbe Prophet an einer andern Stelle:
20 „Ein Sohn ist uns geboren, ein Kindlein uns geschenkt, auf dessen Schultern die Herrschaft ruht, und man wird seinen Namen nennen „Engel des großen Rathes, Gott, Starker, Vater der künftigen Welt, Fürst des Friedens.“ Wie nun oben der Prophet gesagt hatte, man müsse ihn durchaus Emmanuel nennen, so sagt er hier, er werde auch Verkünder des großen Rathschlusses, Gott, Starker, Vater der künftigen Weltzeit, Fürst des Friedens genannt werden, während wir ihn gewiß an keiner Stelle der Evangelien mit diesen Namen bezeichnet finden, damit wir nemlich einsehen, daß diese Benennungen nicht dem Fleische gebühren, sondern der Gottheit, und daß jener evangelische Name der angenommenen Menschennatur gehöre, dieser aber der ungezeugten Macht. Da also Gott in dem Menschen geboren werden sollte, so sind durch göttliche Anordnung die Namen so vertheilt worden, daß dem Fleische der menschliche Name beigelegt wurde und der Gottheit der göttliche. Er wird also, sagt er, genannt werden „der Bote des großen Rathschlusses, Gott, Starker, Vater der künftigen Weltzeit, Fürst des Friedens“. Hier hat nicht, o Häretiker, wer du auch immer bist, hier hat nicht jener vom hl. Geiste erfüllte Prophet Denjenigen, der geboren wurde, nach Art deiner Behauptung mit einer gegossenen Statue oder mit einem gefühllosen Gebilde verglichen. Denn, sagt er, „ein Sohn ist uns geboren, ein Kindlein uns geschenkt, auf dessen Schultern die Herrschaft ruht, und nennen wird man seinen Namen Bote des großen Rathschlusses, Gott, Starker.“ Damit du nun unter dem Verkündeten keinen Andern als den im Fleische Geborenen verstehst, fügt er das Wort „Geburt“ hinzu und sagt: „Ein Kindlein ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.“ Siehst du, wie viele Bezeichnungen der Prophet angewendet hat, um die Eigenthümlichkeit der körperlichen Entstehung zu bezeichnen; denn er nennt ihn sowohl geboren als auch Kindlein, damit nemlich die Bezeichnung der Kleinheit um so deutlicher den Sinn eines geborenen Sprößlings ausdrücke. Da der hl. Geist ohne Zweifel diese Verkehrtheit häretischer Gotteslästerer voraussah, so hat er den Gott, der geboren wurde, aller Welt mit diesen dem Sachverhalte ganz angepaßten Benennungen bezeichnet, so daß der Häretiker, wenn er auch lästern wollte, doch durchaus nicht Raum für seine Lästerung finden könne. Ein Sohn also, sagt er, ist uns geboren, ein Kindlein uns geschenkt, auf dessen Schultern Herrschaft ruht, und dessen Namen man nennen wird Bote des großen Rathschlusses, Gott, Starker, Vater der künftigen Weltzeit, Fürst des Friedens. Von diesem Kindlein, welches geboren wurde, lehrt er, es sei der Fürst des Friedens, der Vater der künftigen Weltzeit, Gott und der Starke. Wo ist nun hier ein Raum für Ausflüchte? Dieses Kind, welches geboren wurde, kann von dem Gotte, der in ihm geboren wurde, nicht getrennt werden. Diesen, von welchem er die Geburt aussagt, nennt er Vater der künftigen Weltzeit; Diesen, welchen er Kind nannte, kündigt er an als Gott, als Starken. Wo willst du nun dich hinwenden, o Häretiker? Alles ist umzäunt, Alles geschlossen und gar nirgends ein Ausweg. Es erübrigt nur, daß endlich die Noth anfängt, den Irrthum zu bekennen, welchen der freie Wille nicht einsehen mag. – Aber nicht zufrieden hiemit, obwohl es hinreichend wäre, wollen wir untersuchen, was der hl. Geist noch durch einen andern Propheten sagt:
21 „Kreuzigt denn der Mensch seinen Gott, weil ihr mich kreuzigt?“ Damit das Prophezeite deutlich genug würde, sagt der Prophet Das, was er über das Leiden des Herrn singt, wie mit dem Munde Desjenigen, von welchem er redet: „Kreuzigt denn der Mensch seinen Gott, weil ihr mich kreuzigt?“ Scheint es dir nun nicht, ich bitte dich, daß unser Herr und Gott Dieß gesagt habe, als würde er gerade zum Kreuze geführt? „Warum doch erkennet ihr in mir nicht euern Erlöser? Warum kennt ihr den Gott nicht, der für euch mit dem Fleische bekleidet ist? Eurem Heilande bereitet ihr den Tod? Den Urheber des Lebens führt ihr zum Tode? Ich bin euer Gott, den ihr hinhänget, euer Gott, den ihr kreuzigt.“ Wo doch, ich bitte, ist hier der Irrthum, worin besteht die Thorheit? „Kreuzigt denn der Mensch seinen Gott, weil ihr mich kreuzigt?“ Du siehst, wie dieses Wort gerade die eigentliche Bezeichnung dessen ist, was geschah. Suchst du noch etwas Ausdrücklicheres oder Klareres? Siehst du, wie die hl. Zeugnisse den im Fleische geborenen Herrn Jesus Christus gewissermaßen begleiten von der Wiege bis zum Kreuze, das er erduldete, da sich dir ja doch zeigt, wie eben Derjenige, von welchem du dort liesest, daß er als Gott geboren werde, hier als Gott ans Kreuz geheftet wird. Daher heißt er beim Propheten sowohl dort Gott, wo er geboren wird, als auch wird er auf’s Deutlichste dann Gott genannt, da er gekreuzigt wird, damit nemlich der göttlichen Würde durch die Annahme des Fleisches in Nichts Abbruch geschehe und weder die Niedrigkeit des Leibes noch die Schmach des Leidens die Ehre der Majestät mindere. Muß ja doch gerade sowohl die Herablassung bei der so niedrigen Geburt als auch die so wohlwollende Liebe des Leidenden in uns die Liebe mehren und die Verehrung, da es gewiß das größte und roheste Verbrechen wäre, wenn gerade durch Das seine Ehre bei uns vermindert würde, was einen größern Aufwand seiner Liebe beweist.
4. Er bringt aus dem Apostel Paulus Beweise für dieselbe Lehre vor .
Um nun aber diese Dinge zu übergehen, die doch nicht dargestellt werden können, weil die Aufzählung seiner Wohlthaten ebenso wenig eine Grenze hätte als diese selbst, so ist es nun Zeit, den kräftigsten und klarsten Zeugen über ihn zu befragen, nemlich den Apostel Paulus; denn am treuesten kann uns Derjenige Alles von Gott sagen, aus dessen Brust Gott immer geredet hat. Er leistet also in folgender Weise Zeugschaft für die Gnade und Ankunft des Herrn unseres Gottes, er, der da gesendet war zur Vertilgung des Irrthums heidnischen Aberglaubens als auserwählter Lehrer der Völker:22 „Es erschien“, sagt er, „die Gnade Gottes unseres Erlösers, allen Menschen und lehrte uns, daß wir aufgeben sollen die Gottlosigkeit und die irdischen Begierden und nüchtern, fromm und gerecht leben in dieser Welt, voll Erwartung auf die selige Hoffnung und Ankunft der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi.“ Es erschien, sagt er, die Gnade Gottes unseres Erlösers. Ein gar passendes Wort hat er gebraucht, um den Eintritt einer neuen Gnade und Zeugung zu bezeichnen. Denn indem er sagt: „es erschien,“ drückt er den Ursprung der neuen Gnade und Geburt aus, weil das Geschenk der neuen Gnade gerade von da an zu erscheinen begann, als Gott in der Welt geboren erschien. So zeigt er also in würdiger und passender Eigenthümlichkeit des Wortes dieses Licht der neuen Gnade an, indem er gleichsam mit dem Finger darauf hinweist. Denn mit Recht sagt man, daß Etwas erscheine, was gleichsam mit plötzlichem Lichte aufgeht und sich zeigt, wie wir ja in den Evangelien lesen, daß den orientalischen Magiern ein Stern erschienen sei, und wie es im Exodus heißt:23 „Es erschien dem Moses ein Engel24 im Feuer des flammenden Dornbusches.“ Denn in all diesen und andern heiligen Visionen glaubte die Schrift am ehesten dieses Wort anwenden zu sollen, so daß sie also von dem das „Erscheinen“ aussagte, was in unverhoffter Klarheit leuchtete. Da also der Apostel die Ankunft der himmlischen Gnade, welche mit dem Eintritte der hl. Geburt erschien, kannte, bezeichnete er sie mit dem Ausdrucke einer glänzenden Erscheinung, so daß er schlechthin „erschienen“ nannte, was mit dem Glanze eines neuen Lichtes aufstrahlte.