Was die beiden Cheftypen allerdings verbindet, ist, dass sie Psychotricks in vollem Bewusstsein einsetzen. Der eine aus Berechnung, der andere aus Ratlosigkeit.
Es gibt allerdings auch den Fall, dass Führungskräfte psychologische Tricks anwenden, ohne sich dessen bewusst zu sein. Dies ist dann immer der Moment, in dem der Mitarbeiter sich fragt: »Weiß mein Chef eigentlich, was er da anrichtet?« Hier wird in guter Absicht Chaos geschaffen. Und auch in diesen Fällen ist dann »gut gemeint« genau das Gegenteil von »gut gemacht«, denn der Zweck heiligt keinesfalls immer die Mittel. Deshalb werden wir uns im weiteren Verlauf immer wieder damit beschäftigen, woran Sie als Führungskraft solche unbewussten Mechanismen, Phänomene sowie Fallstricke erkennen und was Sie dagegen tun können.
Das weite Feld der psychologischen Tricks beinhaltet Faszination und Fluch gleichermaßen. Dem Wunsch nach einer schnellen Lösung, die der eigenen Vorstellung möglichst vollumfänglich entsprechen soll, steht der Beigeschmack von Manipulation und Gutsherrentum gegenüber. Andererseits geht es auch für Führungskräfte darum, sich vor Manipulation von anderer Seite zu schützen und sich gegen Tricksereien im Haifischbecken mit der Aufschrift »Business und Wettbewerb« zur Wehr setzen zu können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die wichtigen Prinzipien von Ethik und Anstand auf dem Altar des kurzfristigen Erfolgs geopfert werden.
Konflikte als Quelle für Veränderung
Psychotricks werden oft im Zusammenhang mit Konflikten angewendet. Darum ist ein Blick auf das Konfliktmanagement einer Führungskraft notwendig.
Die Reise zu neuen Ufern beginnt meistens mit einem Konflikt – Konflikte sind die Quelle für den daraus resultierenden Handlungsdruck. Konflikte entstehen zwischen Teammitgliedern, die aneinandergeraten sind oder sich gegenseitig auf die Füße getreten haben. Vielleicht tappt ein Einzelner in den Vorgarten eines Anderen hinein oder hat Stress mit dem Rest der Gruppe, weil er etwas getan oder unterlassen hat, was die Gemüter erhitzt. Manchmal gibt es systemimmanente Konflikte zwischen Chefs und Mitarbeitern, die in der Natur der Sache liegen, weil nicht alle Bedürfnisse von Mitarbeitern immer und sofort unter dem Aspekt der Gleichbehandlung berücksichtigt werden können. Mitunter braucht es auch Hilfe von außen, weil es einen aktuellen Konflikt im Unternehmen oder Team gibt, den die Betroffenen mit ihren Bordmitteln und bisherigen Lösungsversuchen nicht mehr in den Griff bekommen haben.
Die klassischen Konflikte drehen sich in aller Regel um ein knappes Gut, das von mehreren Konfliktparteien begehrt wird. Zum Beispiel, wenn am Ende des Geldes noch so unangemessen viel Monat übrig ist oder Ihr Partner die mühsam angesparte Urlaubskasse jetzt völlig zweckentfremden und für Dinge ausgeben will, die Ihnen überhaupt nicht ins Programm passen. Es muss allerdings nicht immer so materiell zugehen, denn das knappe Gut kann auch der Status bzw. die Anerkennung im Unternehmen sein. In jedem Fall gehören Konflikte zu den ungern gesehenen Risiken und Nebenwirkungen unseres zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Sie trüben die traute Harmonie und drohen, das gute Betriebsklima zu vergiften. Konflikte machen Angst, weil sie manchmal ungehemmt eskalieren, aus dem Ruder laufen und mit Aggressionen verbunden sind. Schnell überkommt uns das Gefühl, mit so einem Konflikt überfordert zu sein, unsere Souveränität zu verlieren oder hilflos dazustehen, während andere als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen. Da ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass wir uns Konflikte am liebsten vom Hals schaffen würden. Die Tendenz, unangenehmen Dingen aus dem Weg zu gehen, kennen Sie vielleicht aus anderen Lebensbereichen. Zahnarztbesuch, Darmspiegelung, Ehescheidung oder Elternabend. Alles Ereignisse, die sich nicht gerade einer hohen Beliebtheit erfreuen. Sicherlich kommt uns hier auch unsere Erziehung bzw. Sozialisation in die Quere, die in vielen Fällen ein harmonisches Miteinander anstrebt. In unserer Gesellschaft und insbesondere im Berufsleben stehen Friedlichkeit und Höflichkeit ganz weit oben im Kurs. Paradoxerweise erreichen wir aber gerade mit dem Wunsch nach Harmonie und Konfliktvermeidung genau das Gegenteil. Der Kommunikationsexperte Friedemann Schulz von Thun, von dem noch an anderer Stelle ausführlich die Rede sein soll, bringt es auf den Punkt, indem er betont, dass aus »friedlich« und »höflich« ganz schnell auch »friedhöflich« werden kann. Dann haben wir zwar vielleicht für den Moment keinen offenen Konflikt, aber auch unsere Lebendigkeit geht verloren, die ja erst durch die Verschiedenartigkeit von Standpunkten und Sichtweisen entsteht.
In vielen Lebensbereichen fehlt uns eine positiv besetzte Streitkultur, in der es um den respektvollen Dissens geht.
Viel zu selten geht es um einen echten Austausch von Standpunkten, in dem das interessierte Verstehenwollen Vorrang vor dem Überzeugenwollen um jeden Preis hat. Schnell geht eine abweichende Meinung mit Abwertung, Verunglimpfung, Beschimpfung oder sogar Handgreiflichkeiten einher. Wenn Sie sich einmal die »Diskussionen« in den sozialen Netzwerken anschauen, müssen Sie gar nicht erst auf so heiße Eisen wie die Flüchtlingskrise, Terrorismus oder den Fettnäpfchen-Rundkurs amerikanischer Präsidenten schauen, um eine deutliche Verrohung des Meinungsaustauschs zu erkennen.
Konflikte sind aber nicht nur eine unbeliebte Quelle für Handlungsdruck. Es steckt auch viel Energie darin, die mithilfe einer geschickten Vorgehensweise für positive Veränderungen, also Verbesserungen, genutzt werden kann. Im Grunde genommen ist der Missstand von heute der Startschuss in eine bessere Zukunft. Das wissen Sie vermutlich auch aus eigener Erfahrung, wenn Ihnen die konstruktive Lösung eines Konflikts gelungen ist und Sie am Ende eines mühsamen Klärungsprozesses feststellen, dass das erfolgreiche Ergebnis alle Anstrengungen wert gewesen ist.
Allerdings beinhalten Konflikte auch immer die Gefahr des gemeinsamen Scheiterns. Der Konfliktforscher Friedrich Glasl hat sich sehr intensiv mit der Struktur und Entstehung von Konflikten beschäftigt und beschreibt unterschiedliche Stufen von Konfliktentwicklungen. Dabei gibt es fast immer einen »Point of no return«, von dem an eine konstruktive Konfliktbewältigung unwahrscheinlich, wenn nicht sogar unmöglich wird. Tatsächlich findet sich am Ende der Eskalationsspirale oftmals die Tendenz der Konfliktparteien, unabhängig von eigenen Verlusten nur noch die Vernichtung des Gegners anzustreben. Vielleicht ist es eben diese destruktive Energie, die wir alle irgendwie als verstecken Sprengsatz in unseren Konflikten erahnen und vor der wir uns fürchten. Deshalb ist es durchaus erstrebenswert, sich Konflikten möglichst früh zuzuwenden, um noch rechtzeitig zu einer Winwin-Lösung zu gelangen. Und damit wären wir bei einem wichtigen Thema, denn: Konflikte sind Chefsache.
Chefsache Konfliktklärung
Mitarbeiter tragen immer wieder Konflikte, die sie miteinander haben, an ihre Chefs heran. Hier ist es für Sie in der Rolle des Vorgesetzten wichtig zu verstehen, um welche Art von Konflikt es vermutlich geht und welcher Weg für eine konstruktive Konfliktklärung sinnvoll wäre. Manchmal wählen Mitarbeiter einfach auch nur den bequemeren Weg, indem sie sich an die nächsthöhere Instanz wenden, um die Verantwortung für die Klärung des Konfliktes abgeben zu können. Aus diesem Grund stehen viele Führungskräfte solchen Aufforderungen eher zurückhaltend gegenüber und bringen diese Skepsis mehr oder minder explizit zum Ausdruck: »Das sollen die Mitarbeiter untereinander klären. Da will ich mich gar nicht einmischen. Schließlich sind es ja erwachsene Menschen und sollten das auf zivilisierte, konstruktive Weise selbst hinbekommen. Alles andere wäre unangemessen.«
Das mag in vielen Situationen der richtige Ansatz sein. Auf der anderen Seite kann es womöglich um einen Konflikt gehen, aus dem die Mitarbeiter aus eigener Kraft nicht herausfinden. Dann ist die Intervention der Führungskraft notwendig. Es wäre fatal, in einer solchen Konfliktsituation auf die Kompetenz der Mitarbeiter zu vertrauen, aus eigener Kraft eine schnelle Konfliktlösung herbeiführen zu können. Ja, es wäre sogar fahrlässig, die eigene Führungsverantwortung jetzt nicht wahrzunehmen. Denn die Mitarbeiter haben durch ihr Verhalten doch