Wettbewerbsvorteil Gender Balance. Anke van Beekhuis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anke van Beekhuis
Издательство: Bookwire
Серия: Dein Business
Жанр произведения: Зарубежная деловая литература
Год издания: 0
isbn: 9783956238321
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war eine Frau in weiblichem Körper, aber mit klaren männlichen Verhaltensweisen. Ein derartiges Mischwesen hätte zumindest eine Chance auf eine Spitzenposition in diesem Unternehmen.

       Wenn Unternehmen von den Unterschieden zwischen Mann und Frau profitieren wollen, sollten die Unterschiede auch sichtbar und erlebbar sein.

      Aber damit sind wir noch nicht mit allen »Schmankerln« meiner Befragung durch. Die weiblichen Befragten gaben weiter an, dass eine Frau an der Spitze meist der »bessere Mann« sei. Die Männer stimmten zu, drückten es aber unverblümter aus: »Toll, wenn eine Frau Eier hat«. »Eier« braucht es für die Frau in diesem Unternehmen allerdings auch bei der Familienplanung. Wenn sie verhindern will, im Falle einer Schwangerschaft fallen gelassen zu werden, muss sie sich auch als Mutter wie ein Mann verhalten. Sprich: sofort zurück an den Arbeitsplatz und den Partner – in diesem Fall den Mann – den Laden zu Hause schmeißen lassen. Doch spätestens an diesem Punkt wird die Geschichte absurd. Denn eigentlich will das gängige Schubladendenken ja, dass der Mann das Geld nach Hause bringt. Also der mit den echten Eiern.

      Was zeigt uns diese Achterbahnfahrt durch die Gedankenwelt männlicher und weiblicher Keyplayer eines Unternehmens? Selbst mit gelebten »männlichen« Verhaltensweisen haben es Frauen schwer, ihren Karriereweg zu gehen. Spätestens als Mutter ist schlagartig nicht mehr klar, welche Erwartungen es zu erfüllen gilt, um »erfolgreich« zu sein.

      Das Ergebnis dieser Befragung lässt sich auch noch eine Spur deutlicher ausdrücken: Frauen, die sich wie Mütter verhalten und sich Zeit für ihre Kinder nehmen wollen, enden als Sekretärinnen. Nur wenige haben verantwortungsvolle Positionen. Einerseits, weil sie dafür gar nicht mehr vorgesehen werden, und andererseits, weil die Frau durch die gelebte Mutterrolle »mehr Frau« wird. Eierstock statt Eier quasi. Und das wird ja – wie erwähnt – ganz und gar nicht als Führungsqualität erlebt.

      Die Quintessenz der Analyse noch einmal ganz klar auf den Punkt gebracht:

      • Verhält sich eine Frau wie ein Mann, darf sie Führungskraft werden.

      • Verhält sich eine Frau wie eine Frau, wird es schwierig bis unmöglich, es »nach oben« zu schaffen.

      Solche Ergebnisse sind keine Seltenheit. Wenn Unternehmen von den Unterschieden zwischen Mann und Frau bzw. von den Denk- und Handlungsweisen beider Geschlechter profitieren wollen, sollten die Unterschiede auch sichtbar und (er-)lebbar sein.

      Meist werden nach einer Analyse die Ergebnisse mittels eines »Rückspiegelungsworkshops« dem Vorstand vor Augen geführt. Daran nehmen wenige Frauen in Führungspositionen teil. Diese Frauen waren dann auch bei der vorangegangenen Befragung mit von der Partie. Als wir den Vorständen die oben genannten Ergebnisse rückmeldeten, waren sie komplett irritiert und stellten erst einmal die angewandten Methoden infrage. Auch das begegnet mir im Zuge meiner Arbeit leider sehr oft. Wahrheit tut manchmal weh. Bei Zweifeln genügt meist eine Frage, um für klare Verhältnisse zu sorgen: »Wie sehen das die Damen in der Runde?« Erfahrungsgemäß können diese ihre Erschütterung über die Reaktionen der männlichen Vorstandsmitglieder fast nicht mehr bändigen. Erst wenn die männlichen Vorstände die Reaktion der – im Unternehmen geschätzten – Frauen unmittelbar erleben, wird sichtbar, dass es diese unreflektierten Haltungen im Unternehmen tatsächlich gibt.

      Die Erkenntnis von zwei Vorständen nach einem ereignis- und diskussionsreichen Workshop-Tag war: »Es stimmt. Eigentlich wollen wir mehr Frauen. In Wahrheit dürfen aber nur männliche Verhaltensweisen an die Spitze, egal ob sie in einem weiblichen oder männlichen Körper stecken.« Zu diesem Zeitpunkt grinste ich in mich hinein und mir fiel das Sprichwort »Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Besserung« ein. Für viele Unternehmen ist dieser Moment ein Durchbruch. Weil zum ersten Mal allen klar wird, worum es bei Gender Balance und gelebter männlicher Unternehmenskultur wirklich geht: Unterschiede bringen nur etwas, wenn sie auch gelebt werden dürfen.

       Die Unterschiede machen den Unterschied

      Zehn Jahre Beratung zeigen mir: Empowerment für Frauen, also ihre Stärkung im Bereich der Selbstdarstellung und im Auftreten, ist gut und wichtig. Aber diese Maßnahme alleine reicht nicht aus, um einen Paradigmenwechsel in Unternehmen zu bewirken. Top-Management und Führungskräfte müssen zuerst verstehen, was das »Mehr« bei »Mehr Frauen« bedeutet und wie das Unternehmen davon profitiert.

      Ich wecke dieses Verständnis für Unterschiede gerne in Form eines klassischen Beratungsworkshops. Die Ausgangssituation ist klar: Wenn ich nur meine Verhaltensweise kenne, dann bin ich die Messlatte für alle anderen. Kenne ich aber auch andere Verhaltensweisen (von Frauen und Männern) und verstehe ich, wie sie im Arbeitsalltag eingesetzt werden und die Kommunikation beeinflussen, kann ich auch die Vorteile dieser Vielfalt erkennen. Spätestens dann werde ich mich gedanklich für Gender Balance öffnen (müssen). Der Umkehrschluss: Wenn uns jemand fremd ist, gehen wir eher in den Widerstand und tun uns schwer, die andere Sichtweise zu verstehen – egal ob Mann oder Frau.

      Es ist wichtig, über Unterschiede zu sprechen, wenn unterschiedliche Verhaltensweisen im Unternehmen zur Geltung kommen sollen. Es gilt Führungskräfte dafür zu »sensibilisieren«, um Verständnis für das andere Geschlecht zu schaffen und zu lernen, dass es Platz im Unternehmen hat. Mehr noch: zu lernen, dass unterschiedliche Verhaltensweisen im Projektalltag einen Mehrwert bringen. Dieses Verständnis für Unterschiede – und hier geht es nicht um besser oder schlechter, sondern um anders – ist nach meinen Untersuchungen genau das, woran es vielen Unternehmenskulturen mangelt.

      Ziele meiner entsprechenden Beratungsworkshops sind, voneinander zu lernen, MitarbeiterInnen offen zu begegnen und sie somit besser zu fördern. Wie gehe ich dabei vor? Zunächst teile ich Männer und Frauen in einzelne Gruppen. Jede Gruppe bekommt die gleiche Aufgabe: Frauen und Männer beschreiben jeweils ihre eigenen Verhaltensweisen:

      • Wie verhalten Sie sich im Arbeitsalltag?

      • Was ist Ihnen in Bezug auf Ihre Arbeit wichtig?

      Ich mache diese Workshops seit zehn Jahren und stelle dabei immer die gleichen Fragen. Interessanterweise bleiben auch die Antworten weitgehend gleich. Und ich spreche hier von je rund 2000 befragten Frauen und Männern.

      Wie läuft die Beantwortung ab? Ich stelle kreisförmige Moderationskarten in unterschiedlichen Farben und drei Größen zur Verfügung. Die Aufgabenstellung lautet: Die Damen und Herren sollen ihre stark ausgeprägten Verhaltensweisen in unterschiedlicher Gewichtung je nach Kreisgröße an eine Pinnwand heften. Was mich immer wieder fasziniert: Knapp die Hälfte aller Frauen wählen rote und fast alle Männer blaue Kärtchen, obwohl ich bei der Auswahl der Kärtchen komplett freie Hand lasse.

      Wirklich spannend wird es, wenn man betrachtet, wie Männer und Frauen sich gegenseitig einschätzen. Denn wenn ich den Spieß umdrehe und Männer das ausgeprägte Verhalten von Frauen bzw. Frauen das ausgeprägte Verhalten von Männern beschreiben lasse, fällt das Ergebnis exakt gleich aus – egal, aus welcher Branche die Befragten kommen. Haben wir es hier mit Erkenntnissen zu tun oder mit Klischees? Für mich ist klar, dass eines sehr deutlich gezeigt wird: Es gibt unterschiedliche Verhaltensweisen von Mann und Frau, die von beiden Seiten bestätigt werden. Im vorherigen Kapitel habe ich die Studie von Tomas Chamorro-Premuzic zitiert, die ähnliche Ergebnisse erbrachte. Meine Arbeit ist jedoch nicht wissenschaftlich untermauert, sondern beruht rein auf praktischen Erfahrungen. Sollte es WissenschaftlerInnen geben, die diese unterschiedlichen Verhaltensweisen bestätigen, freut es mich natürlich.

       So bewerten sich Männer

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       Rund 1000 befragte Männer schätzen sich wie folgt ein:

       Große Kreise – sehr stark ausgeprägt:

      Status ist wichtig, direkte Durchsetzungsfähigkeit, Mut, Risikobereitschaft, machtorientiert, Loyalität / Freundschaft, Rationalität, Sachlichkeit, Entscheidungen einfach halten, größenwahnsinnig