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Uhr verschwunden war. Wie hing das zusammen?

      Axberg wusste nicht, was er glauben sollte. Das Ganze wirkte wie ein unlogischer Traum, in dem man weiß, dass alles verrückt ist, aber trotzdem mitmacht, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Was jedoch absolut klar war, war, dass Pfarrer Ekstedt sich nicht an ihre Übereinkunft gehalten hatte. Er hatte versprochen gehabt, nicht mehr mit Birgit Öberg über den Tod seiner Mutter zu sprechen.

      Axberg ging zur Wand mit den wohl gefüllten Bücherregalen: Mehrere Reihen mit Fachbüchern, die er während des Studiums durchgearbeitet hatte. Er strich mit dem Zeigefinger über die Buchrücken, als hoffte er, dort eine Antwort auf seine Fragen zu finden.

      Das meiste musste auf Zufällen beruhen, entschied er, die dann von zwei trauernden Menschen künstlich aufgebauscht wurden. Dass der Schatten, den Birgit Öberg beschrieben hatte, ihren Mann tötete, um dann dessen Uhr zu stehlen, war so verrückt, dass er über diese Logik lächeln musste. Entweder war die Uhr bereits früher verschwunden oder sie vergammelte immer noch in irgendeiner Ecke. Für die Geschichte des Pfarrers gab es sicher eine ähnliche Erklärung. Axberg überlegte einen Augenblick, ob er bei der morgendlichen Besprechung den Fall mit seinen Kollegen diskutieren sollte. Dann verwarf er den Gedanken. Es war bereits mehr als genug, dass er selbst sich damit auseinandersetzen musste.

      Er ging zum Fenster und öffnete es. Zündete die dritte Blend Menthol für heute an. Draußen war es windig geworden, die Reihe der Trauerbirken an der Straße bewegte sich wie in einem ruckartigen Tanz. Es war fünf nach zehn. Wenn er sich beeilte, nach Hause zu kommen, könnte er noch in Ruhe den Doppellauf des Tages anschauen. Das Pferd, auf das er im zweiten Lauf gesetzt hatte, hieß Blue Heaven. Dort, philosophierte er, hatte der Pfarrer Ekstedt sein Paradies. Oben im blauen Himmel. Tangled up in blue.

      Würde man auf zwei solche Außenseiter wie den Pfarrer und Birgit Öberg setzen, würde man nie gewinnen, dachte Axberg und lief die Treppe hinab.

      Kapitel vierzehn

      Er hatte vier Mal hintereinander gewonnen.

      Die Startsumme war wie immer hundert Kronen gewesen. Und mit jedem Gewinn verdoppelte er den Einsatz. Der Croupier sah etwas verbissen aus, als er abhob und die Karten für das nächste Spiel teilte.

      Er entschloss sich, alles auf ein Feld zu setzen; den Blick behielt er die ganze Zeit fest auf die Karten konzentriert. Auf dem Stuhl neben ihm saß ein dicker Mann, der nach Schweiß roch. Jedes Mal, wenn der Mann seinen wurstartigen Arm hob, um zu setzen, wurde ihm kurz übel. Mehrmals war er kurz davor zu sagen, dass der Gestank nicht auszuhalten war, tat es dann aber doch nicht, um nicht unnötig Aufmerksamkeit zu wecken. Aus demselben Grund würde er bald aufhören zu spielen, sollte die Gewinnsträhne anhalten.

      Er zog eine Acht, Piksieben lag auf dem Tisch. Die Bank bekam eine Bildkarte. Schnell und ohne wirklich darüber nachzudenken rechnete er seine Chancen aus. Dann glitt er mit der Hand über den Tisch, um anzuzeigen, dass er es gut sein lassen würde. Eintausendsechshundert Kronen.

      Nur noch einmal, versprach er sich selbst. Der stinkende Mann zog hintereinander zwei Könige und entschloss sich, die Karten aufzuteilen, um das Risiko zu minimieren. Da begriff er. Zwei schwarze Könige. Es war wie eine Offenbarung. Plötzlich sah er seine Möglichkeit zur Revanche, zum Ausgleich aller Versäumnisse. Die Lösung seines Problems lächelte ihn von den Karten auf dem Tisch an.

      Wenn man sein Ziel verfehlt, dann muss man beim nächsten Mal eben seinen Einsatz verdoppeln. Härter zuschlagen. Dass er nicht daran gedacht hatte! Ein angenehmer Schauer lief ihm über den Rücken. Er zählte seine Chips, wandte dem Spieltisch den Rücken zu und stieg vom Stuhl.

      Janus war ihm wieder gnädig und gab ihm eine Möglichkeit, alles ins Lot zu bringen. Der doppelgesichtige Gott würde ihm helfen, sein Ziel zu erreichen.

      Er empfand Dankbarkeit gegenüber der Vorsehung, fühlte seinen Puls, der etwas schneller war als üblich. Jetzt nichts überhasten, das Neue in das Alte einfügen, so dass es ununterbrochen weiterfließt. Er hatte noch mehrere Stunden, bis die Zeit um war. Alles um ihn herum verlief langsam und ruhig. Ihm waren ein paar bekannte Gesichter im Gewühl aufgefallen, aber niemand hatte ihn bemerkt. Er hielt sich ganz zurück und vermied Blickkontakte. Außerdem trug er sein Toupet und eine neue Brille für den Abend. Niemand würde ihn daran hindern, den Plan umzusetzen.

      Er nahm die Treppe ins Obergeschoss. Draußen vor dem Panoramafenster des Restaurants begann die Sommernacht sich auszubreiten, die Schatten wanderten langsam durch die kahle Hafenanlage. Er wählte einen Tisch im hinteren Teil, der für Vorbeigehende im toten Winkel lag, die Beleuchtung angenehm gedämpft. Er genoss es, viel Zeit zu haben. Wenn er wollte, konnte er sogar improvisieren. Wie immer, wenn es Platz für Spontaneität gab, war alles von Anfang an geplant, die Zeitspanne abgesteckt und klar. Dann ging es unbarmherzig zurück auf den Pfad, wieder zu einer der vorhergesehenen Varianten.

      Der Fisch schmeckte ausgezeichnet, aber die früheren Gerüche des Abends drängten sich stoßweise auf und ruinierten den Genuss. Hoch oben auf dem Södra-Berg sah er das schwache Licht des Hotels, das wie ein letzter Außenposten der Zivilisation im unendlichen schwarzen Fichtenwald lag. Das ist mein Los, einsam in der Aufklärung und dem Licht.

      Als sich eine Gesellschaft von sechs Personen, die er oberflächlich kannte, an einen Nebentisch setzte, bestellte er die Rechnung und bezahlte bar.

      Dann wanderte er zwischen den Spieltischen umher, achtete darauf, nicht zu lange an einer Stelle zu verweilen. Er fiel nicht auf. Das war er noch nie. Immer folgsam und zuvorkommend. Perfekt an die Umgebung angepasst, in der er sich bewegte.

      Das Roulette drehte sich, »Nichts geht mehr«, die Kugel sprang ein paar Mal und blieb auf einer schwarzen Acht liegen.

      Es war höchste Zeit zu gehen.

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