Die Hand ist vor allem zum Greifen gemacht, und deswegen wird der Ball bei dem Spiel, das nach ihr benannt ist, vor allem gefangen und, aus dem festen Griff heraus, geworfen. Natürlich kann man den Ball mit der Hand auch noch auf andere Weise traktieren – etwa fausten, oder, wie beim Volleyball, mit der Handkante schmettern, mit den Fingerspitzen servieren oder mit der Handinnenfläche retournieren –, dennoch hat der hochspezialisierte Fuß, was die Möglichkeiten der Ballbehandlung anbelangt, eine noch größere Variationsbreite: Der Ball kann mit allen vier Seiten (Innen, Außen, Spitze, Ferse) sowie mit der Oberseite und der Sohle des Fußes gespielt werden. Die wichtigsten Stoßtechniken des Fußballs beruhen dabei auf der erstaunlichen Vielseitigkeit der Oberseite. Sie ist keine einfache, glatte Fläche, sondern eine dreigeteilte „Abschussrampe“, die das Wunder des gezielten und scharfen Stoßens erst ermöglicht: Die Stöße mit dem Vollspann, dem Außenspann (Außenrist) und dem Innenspann (Innenrist) zählen zu den Fertigkeiten, die jeder Fußwerker beherrschen muss. Zieht man von diesen Möglichkeiten die technisch falschen Stöße ab (mit der Fußspitze und der schmalen Außenkante), so stehen dem Fußballer neben zwei Spezialtechniken (Fersenkick und Sohlenzieher) allein vier Varianten zur Verfügung, um den Ball zu stoßen. Diese Vielseitigkeit des Fußes ermöglicht es, den Ball sanft zu schieben, wie am Lineal gezogen geradeaus zu schießen, ihn „in die Luft zu schaufeln“, so dass er die Kurve einer Bogenlampe beschreibt, ihn mit Effet nach außen zu zirkeln, oder ihn so nach innen anzuschneiden, dass er eine elliptische Flugbahn in die Luft zeichnet.
Die durch die Anatomie des Fußes ermöglichten verschiedenen Techniken der Ballbehandlung erfordern ein feines Körpergefühl und sind selbst für Begabte nur in langjähriger Übung zu erlernen. Sehr wenige Spieler erlangen in der Ballbeherrschung eine derartige Sicherheit, dass sie ihn mit traumwandlerischer Sicherheit an die gewünschte Position adressieren können. Die einfachste Übung, die auf Anhieb gelingt, ist es, den Ball „irgendwie“ mit dem Fuß zu kicken. Schwieriger ist es schon, in einem runden Bewegungsablauf einen zielsicheren Stoß mit der Innenseite auszuführen. Die Aufgabe, einen scharfen und gezielten Vollspannstoß auszuführen, stellt schon manche Profis vor erhöhte Probleme – was kein Wunder ist: Denn das Ansinnen, das Zentrum des Balles bei nach unten gedrücktem Fuß genau und wuchtig zu treffen, ohne dabei ein Loch in den Rasen zu schlagen, ist wahrlich nicht einfach in die Tat umzusetzen. Nur wenigen gelingt es, in dieser Kunst zu promovieren wie der Frankfurter Bernd Nickel, dem in den 1970er Jahren von den Bewunderern seines Schusses der fußballerische Grad eines „Dr. Hammer“ verliehen wurde. Heute gilt der Brasilianer Roberto Carlos, der Mann mit den dicksten Oberschenkeln im modernen Fußball, als der Mann mit dem härtesten Schuss. Wie schnell der ist, steht nicht ganz sicher fest; gemessen wurden angeblich bis zu 170 km/h. Der als „Bomber“ besungene Gerd Müller hingegen glänzte weniger durch einen harten Schuss denn durch seine Fähigkeit, sich im Strafraum durchzuwühlen und dort herrenlos umhertrudelnde Bälle per „Abstauber“ aus kurzer Distanz zu verwerten.
Auch für die anderen Stoßarten entwickelten sich Spezialisten: die „Bananenflanken“, Resultat der Fähigkeit, den Ball bei leicht nach oben gezogener Fußspitze mit dem Innenspann gezielt außerhalb seines Zentrums zu treffen, waren das Markenzeichen von Manfred Kaltz und wurden später von Könnern wie dem Portugiesen Figo und Englands Superstar David Beckham kopiert; der Brasilianer Didi war berühmt für seinen Kunstschuss „fohla seca“ (welkes Blatt), der auf einer „S“-Linie durch die Luft fliegt und kaum zu berechnen ist; der gefühlvolle Schlenzer mit dem Außenspann, der sich in weitem Bogen um den Gegner herumdreht, war ein „Schmankerl“ im Repertoire von Franz Beckenbauer.
Vor allem bei den so genannten Standardsituationen waren und sind solche Spezialisten des „Anschneidens“ gefragt. Einer der ersten war der Uruguayer Hector Scarone, der bei den Olympischen Spielen 1924 gleich zweimal vom Eckpunkt aus ins Tor traf. Da die Treffer nicht zählten, stellte Uruguay einen Antrag auf Regeländerung, dem am 1. Oktober prompt stattgegeben wurde. Die Quittung: Am Tag darauf verlor Uruguay in einem Länderspiel gegen Argentinien mit 1:2; der Argentinier Cesare Onzari verwandelte dabei in der 10. Minute einen Eckstoß direkt. In Südamerika heißt daher ein direkt verwandelter Eckball bis heute „Olympisches Tor“.
Mario Basler hat später keinen eigenen Begriff geprägt, ist aber in derselben Sparte zu Ruhm gelangt, da es ihm in frappierender Häufigkeit gelang, Eckstöße mit seinem starken rechten Fuß direkt im Tor zu versenken. Als einer wissen wollte, wie er das denn mache, gab er die frappierend einfache Antwort: „Das Ventil des Balles muss immer oben liegen und die Markierung des Herstellers rechts – und da haue ich drauf, fertig.“ Von der Grundsituation her etwas komplexer sind die Freistöße, da es hier darum geht, denn Ball möglichst um die vor dem Tor postierte lebendige Mauer aus Spielerleibern „herumzudrehen“. Heute gibt es zahlreiche Spezialisten in dieser Sparte. Als Meister des ruhenden Balls gilt David Beckham. Glaubt man einem Werbespot, so schafft er es sogar, über eine Straßenbreite hinweg auf gezirkelter Linie in einen Abfalleimer hineinzutreffen.
Gelingen solche Schüsse, die manchmal einer kaum glaublichen Flugbahn folgen, sind ihnen Abwehr und Torhüter beinahe hilflos ausgeliefert. Englands Gordon Banks musste einst in einem Spiel gegen Brasilien diese Erfahrung machen, als der geniale Freistoßschütze Pelé den Ball perfekt über die Mauer zirkelte: „Pelé nahm tänzelnd Anlauf und schlug den Ball ungeheuer kraftvoll mit dem Außenrist seines linken Fußes. Ich sah, wie er in einer Linkskurve über die Mauer flog, aber als ich mich bewegte, um die linke Ecke abzudecken, drehte der Ball plötzlich auf einen vollkommen anderen Kurs, und ich musste hilflos zusehen, wie er hoch oben im rechten Toreck einschlug. Ich konnte es überhaupt nicht fassen. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass niemand in der Lage ist, dem Ball in der Luft einen solchen Drall zu geben, und genauso, dass kein Torhüter auf der Welt so einen Ball hätte stoppen können. … Nach diesem Freistoß hatte das Torwartspiel für mich keinen Sinn mehr.“
Eine ähnlich leidvolle Erfahrung blieb auch dem Torwart von Epa Larnax (Zypern) in einem Spiel gegen Borussia Mönchengladbach nicht erspart. In scheinbar weiser Voraussicht, dass der gefürchtete Kunstschütze Günter Netzer den Ball in weitem Bogen um die Mauer schnippeln würde, hatte er diese auf den zu erwarteten Radius und damit neben den Torpfosten dirigiert. Nur in Anbetracht dieser ungewöhnlichen Situation brachte es Netzer dann über sich, den Ball ausnahmsweise einmal entlang des weit offen stehenden direkten Weges schnurgerade ins Tor zu schießen.
Vollends in den Rang einer Kunst erhoben wird das Fußballspiel bei den verschiedenen Kunststößen. Zum Repertoire aller technisch versierten Profis gehören der Dropkick, bei dem der Ball kurz nach dem Bodenkontakt mit dem Voll- oder Außenspann zu treffen ist. Die Kunst des Hüftdrehstoßes, bei dem der Ball in Hüfthöhe volley geschlagen wird, ist nur wenigen gegeben. Im Champions League Finale 2002 (Real Madrid gegen Bayer Leverkusen) versenkte der unvergleichliche Zinedine Zidane nach einem unpräzisen Zuspiel von Roberto Carlos auf diese ungewöhnliche Weise den Ball im Tor. Scherenschläge, für deren Ausführung es erforderlich ist, dass der Spieler vor dem Ballkontakt abspringt, um ihn dann, für Augenblicke schräg in der Luft hängend, mit einer Scherenbewegung der Beine zu treffen, zählen zu den nur geschmeidigen Könnern vorbehaltenen Spezialitäten. Für solche Kunststücke erhielt der Brasilianer Leonidas, Torschützenkönig der Weltmeisterschaften von 1934 und 1938, wohl nicht zu Unrecht den Ehrentitel „The Rubber Man“.
Recht selten zu sehen ist auch der Fallrückzieher, der hierzulande eigentlich „Fischer-Zieher“ heißen müsste, da der Nationalspieler dieses Namens der einzige Deutsche war, bei dem der Versuch, den Ball auf dem Rücken „schwebend“ über den Kopf zu ziehen und anschließend ins Tor zu treffen, in bemerkenswerter Häufigkeit gelang. Der aller-schönste der Fischer-Treffer, 1977 erzielt, wurde in Deutschland zum „Tor des Jahrhunderts“ gewählt. Die speziellste Variante allerdings, von Uwe Seeler demonstriert, blieb leider unprämiert: Auf dem Rücken am Boden liegend, erfasste er den vom Torwart zurückprallenden Ball, stemmte sich auf einen Ellenbogen und kickte ihn liegend über seinen Kopf und den Tormann