Mbappé. Luca Caioli. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Luca Caioli
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783730704523
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trainierte die Torhüter, da ich selbst einer gewesen war, während Wilfrid sich um die Stürmer kümmerte. Wir fassten die U17, die U19 und die Senioren zu einer einzigen Gruppe zusammen“, erinnert sich Jean-François Suner, der soeben am Stadion eingetroffen ist, um das Training zu leiten.

      „Wir beendeten die Einheit mit einer Übung vor dem Tor, und Kylian, der damals fünf war, wollte unbedingt mitmachen. Er rief: ,Ich will spielen! Ich will spielen!‘, und sein Vater sagte: ,Hör auf, Kylian. Du siehst doch, dass es nicht geht.‘ Nach einer Weile meinte ich zu seinem Vater: ,Komm, Wil, lass ihn spielen.‘ Also machte er mit. Er war fünf! Er fing an, den Ball zu dreschen, und wir lachten! Natürlich war er deutlich langsamer als die anderen, aber er hatte eine besondere Qualität, er konnte den Ball auf eine Weise schießen, die unglaublich war. Auch die Torhüter konnten es nicht fassen. Sie fragten: ,Wer ist der kleine Kerl?‘ Ich murmelte nur immer wieder vor mich hin: ,Oulala, Oulala‘.“

      Ein Ausruf, der bald allenthalben zu hören war, als Kylian mit sechs schließlich bei der AS Bondy angemeldet wurde. Sein erster Trainer war sein Vater, ein Mann, den Airouche als „großzügig, fleißig und fair“ beschreibt. „So wie seine Frau, Fayza. Ich kann an die beiden nur als Paar denken, denn sie sind wie die beiden Hälften eines Ganzen. Alles Gute, was sie für ihre eigenen Kinder taten, taten sie auch für die Kinder hier im Klub. Sie machten da nie einen Unterschied. Fayza sagte z. B. oft zu mir: Wenn ich ein Haus kaufe, möchte ich einen großen Fußballplatz haben, damit alle Kleinen aus dem Verein kommen und bei uns spielen können.‘ Auch jetzt noch, da sie nach Paris gezogen sind, sind wir weiter in Kontakt. Wann immer ich mit ihnen spreche, sagen sie mir hundertmal: ,Athmane, du weißt, dass wir immer da sind, wenn du etwas brauchst für den Klub.‘ Sie sind außergewöhnlich großzügig. Und vergessen Sie nicht, dass dank Kylian alle Kinder in unserem Verein von Nike ausgestattet werden.“

      Aber wie ging Wilfrid als Trainer mit seinem Sohn um?

      „Er begünstigte ihn ganz und gar nicht. Er hatte keinerlei Hemmungen, Kylian die Leviten zu lesen, wenn es zu seinem Besten war und um zu zeigen, dass es keine Bevorzugung gab. Er war hart, aber er ging mit den anderen Kindern genauso um. Man spürte, dass er Trainer durch und durch war und es liebte, ein Teil des Vereins zu sein“, erzählt der Vater eines Jungen, der mit Kylian spielte. Und was war der zukünftige PSG-Star für ein Typ?

      „Ein Kind wie jedes andere, das davon träumt, Fußballer zu werden, nur dass es Qualitäten hatte, die die anderen nicht hatten“, sagt Airouche.

      „Er war besser als die anderen, schneller als die anderen, und er machte schwierigere Dinge als die anderen“, meint Antonio Riccardi. „Und er machte sie in jedem Spiel. Er war zehnmal, zwanzigmal, hundertmal besser als die anderen. Es war wirklich außergewöhnlich.“

      Riccardi ist seit zwölf Jahren bei der AS Bondy, zunächst als Spieler und heute als Leiter der U15. Er hat soeben das Training beendet und erinnert sich, in einem kleinen Verschlag in der Kabine sitzend, in der seine Kids ein- und ausgehen, an die Zeit, als er anfing, Kylian zu trainieren. „Ich kenne ihn, seitdem er ein Baby war, denn Wilfrid ist für mich wie ein zweiter Vater: Er bildete mich zum Spieler und zum Trainer aus. Ich erinnere mich, wie Kylian mit vier Jahren, die Hand auf der Brust, die ,Marseillaise‘ sang und wie er einem, mit sechs oder sieben, erzählte, man solle sich keine Gedanken machen, eines Tages werde er bei der WM für die Nationalmannschaft spielen.“

      „Stimmt, das sagte er ständig in dem Alter“, erinnert sich ein anderer früherer Mitspieler. „Er wollte den Ballon d’Or gewinnen, Profi werden und für Real spielen. Wir meinten, er solle die Klappe halten!“

      „Man musste einfach schmunzeln, wenn er so ernsthaft seine Zukunft plante: erst Clairefontaine, dann Rennes, so wie sein Bruder Jirès Kembo, dann Frankreich und Madrid. Wir dachten, er sei bloß ein Träumer“, sagt Riccardi. Aber auf dem Platz zeigte der Junge aus der Allée des Lilas, dass er viel mehr war als das.

      Suner sagt: „Ich betreute ihn ein Jahr lang, als er oberhalb seiner Altersklasse in der U10 spielte. Im Training sah man gleich, dass er eine gewisse technische Leichtigkeit mitbrachte. Wir wussten, dass er es weit bringen würde, sofern es körperlich keine Schwierigkeiten gäbe. In der U7 war er ganze vier Monate, danach spielte er stets über seiner Altersklasse, mit Kindern der Jahrgänge 1997 und sogar 1996. Weil sein Geburtstag auf das Jahresende fiel, spielte er praktisch gegen Jungs, die drei Jahre älter waren als er.“

      „Und dennoch war er der beste Spieler auf dem Platz“, ergänzt Riccardi. „Er machte den Unterschied. Schnell, sehr schnell, wie ein Routinier auf hohem Niveau, begriff er, wie er sich seines Bewachers entledigte, wie er sich seinen Mitspielern anbot. Welches seine herausragende Qualität war? Sein Tempo mit dem Ball am Fuß. Er hatte eine natürliche Begabung.“

      „Er ist ein geborener Dribbler. Er ist einer dieser Spieler, die einfach das gewisse Etwas haben, wie Messi, Neymar oder Dembélé. Er ist reif für sein Alter und hat sich nie selbst unter Druck gesetzt. Wenn ich ihn heute als Profi spielen sehe, denke ich, dass er noch der Gleiche ist wie damals bei uns“, bestätigt Suner.

      Riccardi bekennt: „Als Trainer konnte man ihm lediglich Ratschläge dahingehend geben, bestimmte Entscheidungen auf dem Platz zu treffen, z. B. früher abzuschließen, lieber abzugeben oder einen Gegenspieler mehr auszuspielen. Ansonsten gab es nichts, was man ihm hätte beibringen können. Er war technisch außergewöhnlich stark, und man brauchte ihm nichts zweimal zu sagen. Er begriff sofort, was der Trainer von ihm wollte.“

      Draußen vor der Umkleide ist es bitterkalt und stockdunkel. Auf der anderen Seite des Platzes sind die Tribüne und das Graffiti an der Begrenzungsmauer („schneller, höher, stärker“, ein Motto, das auch Kylians sein könnte) jetzt kaum noch auszumachen. Das Flutlicht beleuchtet nur die Jungen und Mädchen auf dem fleckigen Grün, die immer wieder Drills, Pässe und Torschüsse üben. In der Wärme der Umkleide kommen die Erinnerungen und Anekdoten rund um den früheren Spieler der AS Bondy wieder an den Ausgangspunkt zurück.

      „Sein Idol war Cristiano Ronaldo. Er pflasterte die Wände seines Zimmers mit Postern des Portugiesen. Er mochte ihn, als er bei Manchester United war und in seinen ersten Jahren in Madrid, die schnelle Nummer 7, die den Flügel rauf und runter wetzte. Er mochte seine Dribblings und schaute ihm im Fernsehen zu, dann versuchte er, es auf dem Platz nachzumachen“, erinnert sich Riccardi. Aber der fünfmalige Weltfußballer war nicht der einzige Star, den Kylian bewunderte. Da waren noch Ronaldinho und Zidane. Seine Freunde aus Kindertagen ziehen ihn heute noch damit auf, eines Tages beim Friseur in vollem Ernst um den gleichen Haarschnitt wie Zizou gebeten zu haben. Sie sahen ihn an, als hätte er den Verstand verloren. Jahre später versuchte Kylian, sich zu rechtfertigen: „Wenn man einen Spieler mag, möchte man alles so machen wie er. Ich wusste damals nicht, dass es eine Glatze war!“

      Mamadou Yate, technischer Leiter der Altersklassen U10 bis U17, trainiert bis spät in den Abend hinein, hat aber Zeit für einen kurzen Plausch mit den Besuchern. „Ich hörte von Kylian durch seinen Vater, der Trainer im Ort war. Er ging in die Schulen, um den Jungs Fußball nahezubringen, und er trainierte meine Freunde. Ich hörte, dass er sehr gut sei, dass der Junge Talent habe, aber als ich ihn zum ersten Mal spielen sah, haute es mich vom Hocker. Das war 2005, und ich trainierte eine Mannschaft der gleichen Altersklasse bei einem Klub hier in der Nähe, Stade de l’Est. Wir spielten ein richtiges Derby gegen Bondy. Ende der ersten Halbzeit stand es 0:0, und es lief gut für uns. Aber so ging es nicht weiter: Wir verloren, glaube ich, 1:5. Kylian muss drei Tore gemacht haben. Drei unglaubliche Tore. Er konnte Dinge anstellen, die sonst nur Erwachsene können. Er schaltete schneller als alle anderen, und wann immer er den Ball am Fuß hatte, wichen meine Jungs zurück. Sie hatten Angst, er würde an ihnen vorbeidribbeln und sie alt aussehen lassen.“

      Ein Phänomen auf dem Platz, aber eher nicht in der Schule. Nach dem Kindergarten ging Kylian Mbappé auf die Grundschule Olympe de Gouges. In einem Interview mit der Sportzeitung L’Équipe erinnerte sich Yannick Saint-Aubert, der frühere Direktor der Schule, dass er sich gemeinsam mit Kylians Lehrer Mark jeden Abend mit Fayza zusammensetzte, die erfahren wollte, wie ihr Sohn sich den Tag über gemacht hatte. Wie er sich betragen hatte, ob er seine Aufgaben erledigt hatte und wie es um seine Noten bestellt war. „Kylian wusste,