Privatdetektiv Joe Barry - Quittung in Blei. Joe Barry. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joe Barry
Издательство: Bookwire
Серия: Kommissar Y
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711669082
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habe die Erfahrung gemacht, daß immer, wenn ein Cop einem eine Zigarette anbietet, ein fauler Trick dahintersteckt.“

      Der Direktor lächelte.

      „Nicht bei mir, Pritchie. — Ich will ganz offen zu Ihnen sein. Ich mache mir Sorgen Ihretwegen.“

      Pritchie hob die Brauen.

      „Das tut mir aber schrecklich leid“, sagte er grinsend.

      „Es ist nicht so spaßig, wie Sie denken. — Wie alt waren Sie, als Sie bei uns eingeliefert wurden?“

      „Einundzwanzig“, sagte Pritchie mürrisch.

      Der Direktor blätterte in seinen Akten.

      „Und heute sind Sie fünfunddreißig. Das ist ein kleiner Unterschied.“

      „Wir alle werden älter.“

      Der Direktor sah den Häftling prüfend an.

      „Hören Sie zu, Pritchie. Sie haben sich nicht eben gut geführt bei uns, das wissen Sie.“

      „Ja“, knurrte Pritchie. „Ich habe mich so geführt, wie ein Mann sich eben führt, der genau weiß, daß gutes Benehmen ihm doch nichts einbringt.“

      „Aber schlechtes Benehmen schadet.“

      „Sie können meine Zeit hier nicht willkürlich verlängern, Sir“ hielt der Häftling dem weißhaarigen Mann hinter dem Schreibtisch entgegen.

      „Das ist richtig, nur“ — der Direktor machte eine Pause, dann fuhr er fort —, „Hier leben ist eine Sache — draußen sein eine andere. Draußen wird für Sie ein Eiertanz beginnen. Sie werden es nicht leicht haben. Sie sind nicht daran gewöhnt, sich in Freiheit zu bewegen Sie sind zu lange bei uns gewesen, Pritchie. Sie sind gezeichnet. — Und es kommt noch etwas hinzu: Sie werden sich doppelt zusammenreißen müssen. Sie wissen, bei Ihnen genügt die geringste Kleinigkeit, und Sie landen wieder bei uns, und zwar diesmal für immer.“

      Pritchie grinste plötzlich.

      „Wenn Sie auf die Geschichte mit dem Geld anspielen, Direktor, die hat einen Bart.“

      „Einen Bart kann man rasieren, Pritchie. Fest steht folgendes: Der Einbruch, an dem Sie damals beteiligt waren, und weswegen Sie verurteilt wurden, brachte mehr als eine halbe Million Dollar ein. Dieses Geld blieb spurlos verschwunden.“

      „Ich habe nichts damit zu tun“, sagte Pritchie.

      „Die Platte kennen wir“, knurrte der Direktor. „Sie sind unschuldig, wie alle hier im Haus. — Well, ich erwarte nicht, daß Sie sich jetzt plötzlich eines anderen besinnen und mir sagen, wo Sie das Geld versteckt haben oder wer es hat, aber ich mache Sie auf eines aufmerksam, Pritchie: Bilden Sie sich nicht ein, Sie könnten aus Scranton herauskommen und sich mit dem Geld ein feines Leben machen. Das wird Ihnen nicht gelingen. Wir werden Sie im Auge behalten. Es wäre vernünftiger, Sie machten sich das rechtzeitig klar. Vielleicht fällt Ihnen dann etwas ein, was Sie uns noch zu sagen haben, bevor Sie uns verlassen.“

      Pritchie nahm sich jetzt erst eine Zigarette aus der Packung.

      „Direktor, wenn ich etwas an Ihnen bewundere, dann ist es Ihre Ausdauer“, sagte er. „In den vergangenen Jahren haben Sie mich, wer weiß wie oft, gefragt, wo das Geld ist, und ich habe Ihnen ebenso oft geantwortet, ich wüßte es nicht. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich kein Geld versteckt habe. Wenn Sie glauben, daß ich jetzt, kurz vor meiner Entlassung, mürbe werde, dann haben Sie sich geirrt. Wie oft wollen Sie mir noch mit dieser Frage kommen?“

      Der Direktor sah ihn schräg an.

      „So oft, bis du mir die Wahrheit sagst.“

      „Da müssen Sie sich aber beeilen“, kicherte Pritchie. „Keine zwei Wochen mehr, und die Fragerei hat aufgehört.“

      Der Direktor hob die Schultern.

      „Wir werden sehen“, brummte er vierlsagend. Dann drückte er auf die Taste seines Sprechgerätes.

      „Leutnant, führen Sie den Mann in seine Zelle zurück.“

      Der Leutnant war eine Viertelstunde später wieder im Office des Direktors. Er warf sich in den Ledersessel unter dem Präsidentenbild, streckte die Beine aus und schob sich die Mütze in den Nacken.

      Der Direktor sah ihn verdrossen an.

      „Sie mit Ihren famosen Methoden!“ knurrte er wütend. „In den vergangenen Monaten habe ich mir Pritchie mindestens zehnmal kommen lassen. Meinen Sie, der Kerl hätte sich auch nur darüber aufgeregt? Keine Spur! Der hat eine Haut wie ein Panzernashorn.“

      Der Leutnant massierte sich den Nacken.

      „Ich weiß nicht recht“, brummte er. „Je länger ich den Burschen beobachte, desto sicherer bin ich, daß er das Geld da draußen irgendwo versteckt hat.“

      „Sie vergessen nur eines dabei“, erwiderte der Direktor. „Wenn der Verdacht der Polizei richtig ist, hatte Pritchie damals Komplicen, und die werden sich in all den Jahren um das Geld gekümmert haben, darauf können Sie Gift nehmen.“

      „Möglich“, gab der Leutnant zu „Aber wenn er Komplicen hatte, dann ist ebenso sicher, daß er der Chef war, und ich glaube kaum, daß die Burschen es gewagt haben, das Geld durchzubringen. Sie konnten sich leicht ausrechnen, wann Pritchie wieder herauskommt. Bei dem Ruf, den er hatte, werden sie nicht gewagt haben, die Bucks zu verjubelnd. Glauben Sie mir, das Geld ist irgendwo, und mit meiner Taktik kriegen wir heraus, wo er es hat!“

      Der Direktor schwang in seinem Drehstuhl herum.

      „Wie weit ist Ihr Mann?“ erkundigte er sich dann.

      Der Leutnant hob die Schultern.

      „Es geht langsamer als ich geglaubt hatte“, gab er zu. „Pritchie ist ein mißtrauischer Knabe. Ihm einen Spitzel in die Zelle zu schmuggeln, war nicht einfach. Ich habe lange gesucht, bis ich den richtigen Mann gefunden habe. Dan Reno ist der richtige Mann. Natürlich schafft er es nicht auf Anhieb. Bei einem so mißtrauischen Kaliber wie Pritchie dauert das seine Zeit; aber ich bin völlig sicher, daß unser Freund keine Ahnung davon hat, daß sein Zellengenosse ein Spitzel ist.“

      „Ausgerechnet Dan Reno“, sagte der Direktor mißbilligend. „Ich habe dem Burschen nie recht getraut.“

      „Er ist höllisch scharf darauf, auf Bewährung freigelassen zu werden“, sagte der Leutnant. „Er wird alles tun, um uns zufriedenzustellen. Dan Reno ist eine richtige kleine Ratte. Auf den paßt die hübsche Bezeichnung: klein aber mies.“

      Dan Reno war ein kleiner Ganove. Er hatte ein halbes Dutzend Vorstrafen. Sein Strafregister reichte von Unterschlagung bis zum Taschendiebstahl. Daß er in Scranton einsaß, also in einem Zuchthaus, verdankte er der Tatsache, daß sein letztes Abenteuer mit Falschgeld zu tun hatte, und auf Falschmünzerei steht überall in der Welt Zet. Dan war seit zwei Jahren in Scranton; er hatte noch ein Jahr vor sich, und als professionellem Gefängniskunden behagte ihm die Zuchthausluft überhaupt nicht. Er wollte raus, um jeden Preis.

      — Der Leutnant, der lange überlegt hatte, wen er zu Pritchie in die Zelle stecken sollte. war schließlich auf ihn verfallen. Seit drei Monaten saß Dan mit Pritchie zusammen, aber in dieser Zeit hatte er noch nichts erreicht.

      „Ihr Plan leuchtet mir ein“, sagte der Direktor und trommelte nervös mit den Fingern auf die Tischplatte. „Sie sind überzeugt davon, daß Pritchie eine ganz bestimmte Vorstellung davon hat, was er tun wird, wenn er heraus kommt. Möglich, daß Sie recht haben, aber ich bezweifle, daß Sie mit Ihrer Methode herausfinden werden, was er vorhat.“

      Der Leutnant strömte unerschütterlichen Optimismus aus.

      „Ich tue lange genug in Zuchthäusern Dienst“, sagte er. „Ich kenne die Leute hier; ich weiß, wie ein Mann aussieht, der fünf oder zehn Jahre im Zuchthaus sitzt. — Glauben Sie mir, Pritchie hat ein Ding vor. Bestimmt nichts Gutes. Ich weiß nicht, ob er nur auf das Geld scharf ist, das er vielleicht irgendwo versteckt hat.