Schlaflosigkeit
Für Laien ist der Begriff Schlaflosigkeit auf den ersten Blick schnell geklärt – Schlaflosigkeit bezeichnet demnach Probleme, am Ende des Tages einzuschlafen oder aber während der Nacht durchzuschlafen. Experten können es sich natürlich nicht derart einfach machen. Hier sind eindeutigere Definitionen gefragt:
So sieht eine international anerkannte Definition von Schlaflosigkeit diese als Problem beim Einleiten oder Aufrechterhalten des Schlafes, was mit Folgen für den Tag verbunden ist und nicht auf Umwelteinflüsse oder unzureichende Schlafmöglichkeiten zurückzuführen ist. Als chronisch wird diese Störung eingestuft, wenn sie mindestens drei Monate lang mit einer Häufigkeit von mindestens drei Mal pro Woche auftritt.
Gumpert definiert Schlaflosigkeit für Laien gut verständlich als »Einschlafstörungen, häufiges Aufwachen in der Nacht oder sehr frühes Erwachen am Morgen und damit einhergehender Müdigkeit.«
Primäre Schlafstörung vs. sekundäre Schlafstörung
Außerdem unterscheidet die Forschung zwischen primärer und sekundärer Schlafstörung.
Beginnen wir zur Abgrenzung mit der sekundären Schlafstörung: Sie ist entweder Folge einer anderen medizinischen oder psychiatrischen Störung oder wird ausgelöst durch den Konsum einer konkreten Substanz (bspw. Alkohol, Drogen, Koffein).
Der Bereich medizinischer Störungen, die zu Schlaflosigkeit führen können, ist sehr umfangreich. In diesen fallen Asthma, Lungenerkrankungen, Herzerkrankungen, Arthritis, Nierenerkrankungen, Atemwegserkrankungen, Rückenprobleme, Kopfschmerzen und sogar Alzheimer.
Mögliche psychiatrische Ursachen sind Angstzustände, Depressionen, Panikstörungen, Anpassungsstörungen und Persönlichkeitsstörungen. Ohayon et al. stellten im Rahmen ihrer Forschung sogar fest, dass etwa drei von vier Patienten, bei denen krankhafte Stimmungsschwankungen (affektive Störungen) diagnostiziert wurden, auch unter Schlaflosigkeit litten.
Die Bandbreite von Medikamenten, die sich negativ auf deinen Schlaf auswirken können, ist riesig. Darunter fallen beispielsweise Antidepressiva, Antiepileptika, Entzündungshemmer, Medikamente gegen Parkinson oder vermeintlich harmlose Schilddrüsenhormone.
Dementsprechend ist sekundäre Schlaflosigkeit eher Symptom eines anderen Problems. Dies zeigt sich auch bei ihrer Behandlung. Leiden Patienten an sekundärer Schlaflosigkeit, konzentriert sich die Behandlung in der Regel auf die primäre Störung – in der Hoffnung, mit dieser auch die Schlaflosigkeit zu beheben. Das ist prinzipiell zwar eine logische Vorgehensweise, sie führt jedoch in vielen Fällen nicht zum Erfolg. Die Gründe sind naheliegend:
Wenn fälschlicherweise eine sekundäre Schlafstörung diagnostiziert wird, wird häufig lange an der vermeintlich ursächlichen Störung herumgedoktert, ohne dadurch die Schlafprobleme zu lindern. Ist zum Beispiel Alkoholkonsum nicht wie angenommen Ursache der Schlaflosigkeit, wird selbst absolute Enthaltsamkeit diese nicht lindern.
Gelingt es nicht, die identifizierte Ursache zu beheben, wird der Patient weiter unter der primären Störung – beispielsweise Depressionen – leiden UND unter Schlaflosigkeit.
Primäre Schlaflosigkeit hingegen bezeichnet Schlaflosigkeit, die anders als die sekundäre eben nicht auf eine psychiatrische Störung, Medikamente oder anderweitige Substanzen zurückzuführen ist.
In diesem Selbsthilferatgeber unterscheiden wir zwar im ersten Teil zwischen diesen Formen der Schlaflosigkeit, geben dies aber bei den Lösungsansätzen im zweiten Teil auf. Das Ziel dieses Ratgebers ist es, dir bei deinem Problem der Schlaflosigkeit zu helfen. Aus diesem Grund werde ich zahlreiche Lösungsansätze aufzeigen, die in der Praxis funktionieren. Wir werden gemeinsam eine Checkliste erarbeiten, welche der möglichen Lösungen du nach und nach umsetzen kannst. Auf diese Weise identifizierst du im Laufe der Zeit die Dinge, die für dich und deine persönliche Situation funktionieren – egal ob primäre oder sekundäre Schlaflosigkeit.
Zahlen, Daten, Fakten– die Sicht der Forschung
Verbreitung
Eine Analyse unterschiedlicher epidemiologischer Studien zeigt, dass zwischen zehn Prozent und dreißig Prozent aller erfassten Personen an Schlaflosigkeit leidet. Da die wissenschaftliche Definition von Schlaflosigkeit jedoch sehr eng gefasst ist, muss davon ausgegangen werden, dass noch deutlich mehr Menschen von Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen betroffen sind.
Eine Studie der Forschergruppe um Dr. Robert Schlack des Robert-Koch-Instituts bringt interessante Fakten zum Vorschein:
Demnach leiden mehr als elf Prozent aller Erwachsenen an Einschlafstörungen und haben drei Mal oder häufiger pro Woche Probleme, abends einzuschlafen. Weniger als die Hälfte der erfassten Personen hat generell keine Probleme mit dem Einschlafen.
Noch häufiger als Einschlafstörungen sind laut Studie Probleme beim Durchschlafen. Etwa ein Viertel der erfassten Personen gibt an, drei Mal oder häufiger pro Woche von Durchschlafstörungen betroffen zu sein. Lediglich ein Drittel kennt diese Probleme nicht.
Fast jeder vierte in der Studie erfasste Erwachsene beurteilt die eigene Schlafqualität als ziemlich schlecht oder sehr schlecht. Für mehr als drei Viertel der Befragten stellt die Schlafqualität keinen Grund zu klagen dar. Sie beurteilen die Qualität des eigenen Schlafes als gut oder sehr gut.
Etwa achtzig Prozent der erfassten Personen geben an, zwischen sechs und acht Stunden pro Nacht zu schlafen. Dabei nimmt die Schlafdauer ab dem vierzigsten Lebensjahr kontinuierlich ab.
Eine weitere Erkenntnis der Studie von Schlack et al. ist, dass mehr als fünf Prozent der Befragten in den letzten vier Wochen Schlafmittel eingenommen oder verschrieben bekommen haben. Dies stützt die Erkenntnis, dass du mit deinem Problem nicht allein bist und dass Schlafprobleme einen enormen Leidensdruck verursachen können.
Folgen von Schlaflosigkeit
Dass fehlender Schlaf unsere körperliche Verfassung negativ beeinflusst, steht außer Frage. Doch auch die Auswirkungen von Schlaflosigkeit auf unsere psychische und seelische Verfassung und sogar auf unser Sozialleben werden zunehmend erforscht. So führt beispielsweise eine Untersuchung der britischen Mental Health Foundation zu interessanten Ergebnissen:
Demnach leiden Menschen, die von Schlaflosigkeit betroffen sind, verglichen mit anderen …
vier Mal häufiger an Beziehungsproblemen,
drei Mal häufiger an schlechter Laune,
drei Mal häufiger an Konzentrationsschwäche,
doppelt so häufig an Energiemangel,
drei Mal so häufig an Problemen, ihre Arbeit erfolgreich zu erledigen.
Außerdem steht Schlafmangel beispielsweise in engem Zusammenhang mit Übergewicht, Adipositas und Bluthochdruck, weshalb es nicht überrascht, dass Menschen mit Schlafstörungen deutlich früher sterben als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Die auf Schlafstörungen zurückzuführenden individuellen Auswirkungen und Probleme liegen auf der Hand. Deutlich seltener jedoch ist der Gedanke, dass Schlaflosigkeit auch gewaltige volkswirtschaftliche Auswirkungen haben kann. Während für Deutschland hier keine konkreten Daten vorliegen, liefert eine Studie aus den USA hier Anhaltspunkte und schockierende Einblicke. Sie stellt fest, dass die Behandlung von Schlaflosigkeit, aber auch durch Schlafstörungen verursachte Krankheitstage und Leistungsabfall zu Kosten in Höhe von einem Prozent des Bruttosozialprodukts führen. Auf Deutschland übertragen wären dies über 30 Milliarden Euro!
Einflussfaktoren auf deinen individuellen Schlaf
So komplex das Gebilde Mensch und sein Bewusstsein auch ist, so komplex ist auch der menschliche Schlaf. Deshalb ist es nicht überraschend, dass Schlaflosigkeit keine Folge eines Faktors ist, sondern in den meisten Fällen multikausale