»Ekatarina hat sich verlobt!«
»Oh!« sagte Auguste, und es klang fast erschrocken.
»Du bist nicht begeistert?« Eliane war schockiert.
»Du liebe Zeit! Sie ist erst neunzehn!«
»Ich finde, es ist besser, die jungen Mädchen heiraten, bevor sie auf dumme Gedanken kommen!«
»Da hast du recht!« stimmte Auguste ihr zu.
»Du warst auch nicht älter!« erinnerte Eliane sie etwas spitz.
»Stimmt. Das vergißt man immer. Aber heute hat sich so vieles geändert. Die meisten wollen erst eine Berufsausbildung machen…«
»Ach, das könnte man auch, wenn man verlobt ist«, fand Eliane. »Außerdem hat Ekatarina eigentlich keine wirklichen Interessen.«
Auch das traf zu. Ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester – sie waren zweieiige Zwillinge – die eine Menge Interessen und Begabungen hatte. Fast schon zu viele, um sich für etwas zu entscheiden!
»Du fragst nicht, wer es ist?« fragte Eliane nun ungeduldig.
»Ich habe so eine Ahnung. Trifft sie zu?«
»Es ist der Erbprinz Alexander von Schönhausen!« verkündete Eliane triumphierend. Sie sah sich nach Emma um. Die knickste, wie es erwartet wurde. »Nun, Emma?«
»Da gratuliere ist aber, Frau Gräfin! So ein liebenswerter junger Herr!«
»Eine blendende Partie!« verbesserte Gräfin Eliane sie und entließ sie mit einer Handbewegung.
»Ja, er ist reizend«, stimmte auch Auguste zu. »Und er sieht gut aus. Wenn sie beide einmal richtig erwachsen sind, werden sie ein sehr schönes und elegantes Paar abgeben!«
»Und ein sehr vornehmes!« setzte Eliane hinzu.
»Wollen wir es hoffen!« Auguste lachte leise. Leider paarte sich Vornehmheit nicht immer mit Adel und Reichtum. Doch sie wollte Eliane nicht unnötig aufbringen und setzte nun hinzu, was ja auch wirklich zutraf: »Du hast recht: es ist eine blendende Partie! Sie passen sehr gut zusammen, und ich wünsche ihnen, daß sie so glücklich werden, wie dein Schwiegervater und ich es waren.«
»Und wie Gotthard und ich es sind!« setzte Eliane hinzu und hatte wahrhaftig Tränen in den Augen. Sie umarmte Auguste nochmals. »Ich kann nicht bleiben, sämtliche Schönhausens kommen heute nachmittag zu uns – du kommst doch auch? Und dann feiern wir die Verlobung und besprechen alles weitere.«
»Danke! Ich komme natürlich gerne!« versicherte Auguste. »Gegen vier Uhr?«
»Ja!« Eliane warf ihr von der Tür noch eine Kußhand zu, und dann eilte sie zurück ins Schloß.
Gräfin Auguste legte die Zeitung zur Seite. Sie hatte keine Lust mehr auf unerfreuliche politische Nachrichten. Politische Nachrichten waren leider zumeist unerfreulich.
Die kleine Ekatarina! Ach ja! Sie war ein so süßes Kind gewesen. Und natürlich war sie auch jetzt noch süß. Genau wie ihre so völlig anders geartete Schwester. Ekatarina war blond und blauäugig und sportlich elegant. Eigentlich wie Eliane – nur war sie weicher in ihrer ganzen Art. Elena kam mehr aus sich selbst hinaus: auch blauäugig, aber dunkelhaarig und kleiner. Ach ja, und der erst siebzehnjährige Aribo! Er würde einmal fabelhaft aussehen! Zum Glück kam er auf seinen Großvater und nicht auf seinen Vater. Gotthard neigte mit seinen vierundvierzig Jahren leider dazu, ziemlich dick zu werden.
Sie kannte Alexander Schönhausen natürlich. Flüchtig, wie man die Verehrer seiner Enkelinnen eben kennt! Er hatte Ekatarina bereits in der Tanzstunde eifrig den Hof gemacht. Es war eigentlich ganz ähnlich, wie es bei ihr selbst gewesen war! Wie sich alles wiederholte!
Wie alt mochte der junge Mann sein? Der Bund nach dem Abitur, Jurastudium – welches Semester? Nun, das alles würde sich heute nachmittag herausstellen.
»Hatschi!« Du liebe Zeit, was war denn das? Sie nieste nochmals. Wie ärgerlich! War das jetzt eine Erkältung, oder reagierte sie auf irgend etwas allergisch? »Hatschi!«
Nun, etwas Gutes hatte es: sie konnte sich bald zurückziehen, wenn die zukünftigen Schwiegermütter in Festvorbereitungen schwelgten.
»Hatschi! Hatschi!«
»Gesundheit, liebste Omama!« Ekatarina kam zur Türe herein und hinter ihr gleich Elena.
»Eigentlich bin ich wütend!« rief sie und umarmte ihre Großmutter. »Ich wollte es doch selbst sagen – aber du kennst ja Mama!«
»Eben«, erwiderte Auguste und wischte sich die plötzlich tränenden Augen. »Mein Liebling! Ich wünsche dir so viel Glück! Alexander ist wirklich sympathisch…«
»Und eine so gute Partie!« setzte Elena lachend hinzu und küßte nun ihrerseits auch die Großmutter.
»Richtig!« Auguste lachte gleichfalls.
»Sollte es mich stören?« fragte Ekatarina ärgerlich.
»Natürlich nicht«, fand Auguste. »Es ist gut, wenn alles rundherum zusammenpaßt. Dann kommen zu den üblichen ehelichen Schwierigkeiten nicht noch andere!«
»Siehst du!« sagte Ekatarina und streckte ihrer Schwester die Zunge heraus.
»Ich hoffe, du bleibst noch ein bißchen länger bei uns!« Auguste wandte sich an ihre andere Enkelin.
»Garantiert. Ich möchte Archäologie studieren!« erklärte die.
»Ein sehr interessantes und aussichtsloses Studium«, fand Auguste vergnügt.
»Aber mit unseren Beziehungen und denen der Schönhausens könnte ich zum Beispiel Direktorin in einem großen Museum werden«, erläuterte Elena ihre Zukunftspläne. »Oder in ein Versteigerungshaus wie Sotheby’s. Oder in einem entsprechenden in den USA. Dort lieben sie Titel!«
Auguste mußte lachen.
»Ausgezeichnet. Wir bereden es, wenn es soweit ist. Jetzt widmen wir uns erst einmal dem jungen Liebesglück.«
»Du kommst doch heute nachmittag?« drängte Ekatarina.
»Garantiert! Ich muß mir Alexander jetzt doch genauer ansehen, wo er mein Enkel wird!«
»Ach, ich bin so glücklich!« flüsterte Ekatarina. »Ich könnte die ganze Zeit weinen!« Und prompt fing sie an zu schluchzen.
»Hatschi!« nieste Gräfin Auguste erneut. »Diese Mal war es, weil ich auch so gerührt bin!« behauptete sie und nieste gleich noch ein paarmal.
»Völlig überdreht, das Mädchen!« bemerkte Elena betont von oben herab. Doch Ekatarina lachte schon wieder.
»Wir müssen gehn! Wie müssen uns wunderschön machen, Omama! Du dich bitte auch!«
»Omama ist sowieso wunderschön!« erinnerte Elena ihre Schwester.
»Klar«, sagte die friedfertig. »Noch wunderschöner!«
»Ich werde mir Mühe geben!« versicherte Auguste lachend und benieste es gleich nochmals.
*
Daß Alexander, der Erbprinz von Schönhausen, blendend aussah, fand nicht nur die verliebte Ekatarina. Sie hatte fragend zu ihrer geliebten Omama hingesehen, als Alexander sich über deren Hand beugte, und die hatte ihr zugelächelt und geblinzelt.
Ekatarina strahlte! Nicht, daß sie unbedingt die Bestätigung brauchte – aber es war sehr schön, sie zu erhalten! Natürlich hatte sie von ihren Eltern seit der Verlobung nur überschwenglichstes Lob gehört, aber das nahm sie nicht ernst. Es würde nicht viel anders ausfallen, wenn August klein, krumm und dumm wäre – solange er der Erbprinz von Schönhausen blieb.
Aber er war nicht klein, dumm und krumm! Er war groß und schlank, ein erstklassiger Skifahrer und Reiter – was man ihm auch ansah. Er hatte dunkles, leicht