10. Der Tierdienst der Ägyptier. Die Götter zahlen dem Kaiser Tribut.
Was brauche ich ferner noch aufzuzählen die Menge der Tiere, welche die Ägyptier verehren: Kriechtiere, Haus- und wilde Tiere, Vögel und Wassertiere? Dazu noch die Becken und unanständigen Töne?19 Nennst du mir allenfalls die Griechen und die übrigen Völker, so verehren diese, wie wir zuvor gesagt haben, Steine, Holz und die übrigen Stoffe, Bilder verstorbener Menschen. Wir sehen ja, wie Phidias für die Eleer in Pisa den Olympischen Zeus, für die Athener auf der Akropolis die Athene verfertigte. Auch ich will nun an dich die Frage stellen, o Mensch: Wie viele Persönlichkeiten des Zeus gibt es denn? Denn zu allererst heißt er der Olympische Zeus, dann der latiarische (oder latinische), der kassische, der keraunische; Zeus Propator, Zeus Pannychios, Poliuchos und der kapitolinische Zeus. Und Zeus, der Sohn des Kronos, welcher König der Kreter war, hat auf Kreta sein Grab20, die übrigen wurden, scheint es, nicht einmal eines Grabes gewürdigt. Wenn du ferner die Mutter der sogenannten Götter erwähnen willst, so möchte ich meinen Mund nicht dazu hergeben, ihre Taten zu erzählen — denn es ist Sünde für uns, solche Dinge auch nur zu nennen oder die Handlungen ihrer Diener und die Gefälle und Abgaben21 alle, welche die Göttermutter und ihre Söhne dem Kaiser eintragen. Es sind ja keine Götter, sondern nur Götzenbilder, wie schon gesagt, Werke von Menschenhänden und unreine Geister. Mögen ihnen ähnlich werden, die sie machen, und die, so auf sie vertrauen!22
11. Der Kaiser also höher als sie, aber nicht Gott.
Also23 will ich lieber dem Kaiser Ehre erweisen, nicht dadurch, indem ich ihn anbete, sondern dadurch, daß ich für ihn bete. Den wirklichen und wahren Gott bete ich an, da ich weiß, daß der Kaiser von ihm bestellt ist. Du wirst mir also sagen: Warum betest du den Kaiser nicht an? Weil er nicht geschaffen ist, um angebetet, sondern um geehrt zu werden mit rechtmäßiger Ehre; denn er ist nicht Gott, sondern ein Mensch, von Gott bestellt, nicht um angebetet zu werden, sondern um ein gerechter Richter zu sein. Es ist ihm nämlich von Gott gleichsam die Verwaltung anvertraut worden. Auch er duldet ja nicht, daß seine untergeordneten Beamten sich Kaiser nennen, denn Kaiser istsein Name, und keinem andern ist es erlaubt, sich so nennen zu lassen; so auch gebührt die Anbetung einzig Gott. Daher bist du im vollen Irrtum, o Mensch! Ehre den Kaiser mit Liebe gegen ihn, sei ihm untertan, bete für ihn! Dadurch nämlich erfüllst du den Willen Gottes. Denn das Gesetz Gottes sagt: „Ehre Gott und den König, mein Sohn, und sei keinem von beiden ungehorsam, denn schnell werden sie ihre Widersacher zur Strafe ziehen“24.
12. Der Name Christ ein ehrenvoller.
Was deinen Spott über mich betrifft, indem du mich nämlich einen Christen nennst, so weißt du nicht, was du sagst. Erstens ist das Wort [Xristos]Χριστός ein süßes, gar nutzbringendes und durchaus nicht lächerliches Wort25. Denn welches Schiff ist brauchbar und kann glücklich durchkommen, ohne daß es zuerst geteert wird? Oder welcher Turm oder welches Haus ist schön und brauchbar ohne Anstrich? Welcher Mensch tritt in dieses Leben ein oder in einem Ringkampfe auf, ohne gesalbt zu werden? Welches Kunstwerk oder welcher Schmuckgegenstand ist schön ohne Firniß und Politur? Und dann ist ja die Atmosphäre und die ganze Erde gewissermaßen gesalbt von Licht und Odem. Du aber willst nicht gesalbt werden mit dem Öle Gottes? Deswegen also heißen wir Christen, weil wir mit dem Öle Gottes gesalbt sind.
13. Analogien der Auferstehung aus der Mythologie und Natur.
Und nun deine Leugnung der Auferweckung der Toten. Du sagst nämlich: Zeige mir auch nur einen, der von den Toten auferweckt worden ist, damit ich sehe und glaube26. Fürs erste: Was ist es Großes, wenn du das glaubst, das du gesehen hast? Und dann glaubst du auf der einen Seite, daß Herakles, der sich verbrannt hat, jetzt lebt, und daß Asklepios, der vom Blitze erschlagen worden, wieder sei auferweckt worden; auf der andern Seite bist du voll Unglauben den Aussprüchen Gottes gegenüber. Ich dürfte dir auch einen Verstorbenen, der von den Toten erweckt worden ist und lebt, vorzeigen, und du würdest auch da nicht glauben. Gott nun gibt dir viele Beweisgründe hierfür, auf daß du ihm glaubest. Denn betrachte gefälligst, wie die Jahreszeiten, die Tage, die Nächte ebenfalls endigen und wieder erstehen. Findet nicht auch bei den Samen und Früchten eine Wiederauferstehung statt, und zwar zum Nutzen der Menschen? Zum Beispiel das Getreidekorn oder das Korn anderer Samen wird in den Boden gelegt, erstirbt zuerst und zerfällt, dann aber wird es wieder auferweckt und wird zur Ähre. Bringen nicht ferner die Wald- und Fruchtbäume nach göttlicher Anordnung zu ihrer Zeit ihre Früchte, da, wo zuvor nichts sich zeigte und zu sehen war? Ferner sogar verschluckt manchmal ein Sperling oder irgendein anderer Vogel einen Apfel- oder Feigen- oder irgendeinen andern Kern, setzt sich auf einen felsigen Hügel oder auf ein Grabdenkmal, und gibt ihn dort wieder von sich; und der Kern schlägt Wurzeln und wächst zum Baume heran, obwohl er zuvor verschluckt worden und durch soviel Wärme durchgegangen ist. Das alles wirkt die göttliche Weisheit, um auch hierdurch zu zeigen, daß Gott die Macht hat, die allgemeine Auferstehung aller Menschen zu bewirken. Wenn du aber ein noch wundervolleres Schauspiel sehen willst, das zum Beweis der Auferstehung geschieht, nicht bloß auf Erden hier, sondern am Himmel, so betrachte die Auferstehung des Mondes, die allmonatlich eintritt: wie er nämlich abnimmt, verschwindet und wieder aufersteht. Höre weiter, o Mensch, auch von der Tatsache der Auferstehung, die in dir selbst vorgeht, wenn du sie auch nicht merkst. Du bist nämlich vielleicht schon einmal in eine Krankheit gefallen und hast dadurch die Fülle deines Körpers, die Kraft und das gute Aussehen verloren; aber du hast von Gott wieder Erbarmen und Heilung erlangt und damit wieder dein volles Fleisch, das gute Aussehen und die Kraft gewonnen. Und wie du zuvor nicht gewußt hast, wohin dein Fleisch gekommen, als es verschwunden war, so weißt du auch jetzt nicht, woher es dir wieder geworden oder gekommen ist. Du wirst freilich sagen: „Aus der Nahrung und den in Blut verwandelten Säften“. Gut! Aber dies ist auch ein Werk Gottes, der es so eingerichtet hat, und nicht irgend eines anderen.
14. Dringliche Ermahnung zum Glauben, um der ewigen Strafe zu entgehen.
Sei also nicht ungläubig, sondern gläubig, denn auch ich habe einst nicht geglaubt, daß es also sein wird. Jetzt aber habe ich die Sache erwogen und glaube, weil mir zugleich auch die hl. Schriften der hl. Propheten in die Hände kamen, die da im Geiste Gottes voraussagten die Vergangenheit, wie sie war, die Gegenwart, wie sie ist, und die Zukunft, wie sie sein wird. Da ich nun die Gegenwart und die Weissagungen derselben als Zeugnis habe, bin ich nicht mehr ungläubig, sondern glaube, gehorsam gegen Gott. Und diesem gehorche doch auch du im Glauben, damit du nicht, jetzt ungläubig, einst zu deinem Schmerze, in den ewigen Strafen nämlich, glauben mußt! Von jenen Weissagungen durch die Propheten über diese Strafen haben die Dichter und Philosophen, die ja später waren, aus den hl. Schriften gestohlen, damit ihre Aussprüche glaubwürdig würden. Aber gut ists, daß auch sie (gleich den Propheten) die über die Gottlosen und Ungläubigen ergehenden Strafen vorhergesagt haben, damit dies Zeugnisse seien für alle und niemand sagen könne: „Davon haben wir nichts gehört noch gewußt“27. So nimm denn auch du mit gutem Willen und ehrfurchtsvoll die prophetischen Schriften zur Hand, und sie werden dir deutlicher den Weg zeigen, wie du den ewigen Strafen entfliehen und die ewigen Güter Gottes erlangen kannst. Denn derjenige, der den Mund gegeben zum Sprechen, der die Ohren gebildet zum Hören und die Augen