»Okay«, sagte der Choleriker, der verstanden hatte. »Wir stecken auf, Lady. Aber das werden Sie noch bereuen.«
»Sie reden zuviel, junger Mann.« Agatha Simpson glitzerte den Gangster warnend an, der daraufhin seine Maschinenpistole auf dem Boden ablegte.
Kathy Porter kam um den Rover herum und wollte die Waffe aufheben. Sie sah es dem Mann an der Nasenspitze an, daß er damit gerechnet hatte, benahm sich absichtlich ungeschickt und geriet somit in die Schußlinie der Lady.
Das nutzte der Choleriker. Und nicht nur er. Auch sein Partner hatte mitbekommen, daß die Detektivin zu ihrer Begleiterin hinüberschaute. Er reagierte sofort.
Kathy Porter ließ sich jedoch nicht ins Bockshorn jagen. Als der Gereizte blitzschnell nach seiner Maschinenpistole greifen wollte, geriet sein Kinn gegen Kathy Porters vorschnellenden Fuß. Da dieser Fuß in einem flachen, soliden Straßenschuh steckte, erwies sich diese Berührung als äußerst strapaziös für den Unterkiefer. Der Choleriker stöhnte, fiel auf die Knie und rollte dann haltlos zur Seite.
Der Entwaffnete warf sich auf Agatha Simpson und bereute es Bruchteile von Sekunden später.
Agatha Simpson war eine erstklassige Sportlerin, Versiert in vielen Techniken und Disziplinen. Einen ihr zugedachten Fausthieb blockte sie mit dem Kolben der Maschinenwaffe ab, worauf sich die Finger des Angreifers kurzfristig verformten. Dann bohrte die ältere Dame dem Angreifer noch den Lauf der Waffe gegen die rechten Rippen. Der Mann verfärbte sich und brabbelte Worte, die die Lady beim besten Willen nicht verstand. Bevor sie rückfragen konnte, lag er bereits auf dem Boden und schloß die Augen.
»Diese Jugend hat kein Stehvermögen mehr«, stellte die Detektivin fest und schüttelte fast vorwurfsvoll den Kopf. »Denken Sie nur an die Motorradfahrer, die waren auch nicht viel besser. Aber kommen Sie, Kindchen, sehen wir uns den Lastwagen an. Ich hoffe, wir stoßen auf einen passablen Whisky.«
»Mylady, wir sollten vielleicht schleunigst das Feld räumen«, schlug Kathy Porter vor.
»Natürlich, meine Liebe, natürlich. Aber wir werden den Lastwagen auf jeden Fall mitnehmen.«
»Und ... und wer soll ihn fahren, Mylady?« Kathy Porter brach wieder mal der Angstschweiß aus.
»Ich natürlich, Kindchen«, verkündete Agatha Simpson. »Solch eine Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen. Einen Lastwagen wollte ich schon immer mal fahren.«
*
Gegen Eierhandgranaten hatte Josuah Parker etwas. Er mochte sie nicht. Ihre Splitterwirkung war zu groß und meist tödlich. Als sie durch die Luft auf ihn zusegelte, reagierte er automatisch.
Er benutzte seine schwarze Melone als Tennisschläger, griff blitzschnell nach der Kopfbedeckung und schlug mit der stahlblechgefütterten Wölbung nach dem lebensbedrohenden Sprengkörper, traf ihn haargenau und beförderte ihn auf diese Weise zurück ins Motorboot.
Ein glücklicher Zufall half natürlich mit. Die Eierhandgranate landete hinter dem Fahrersitz und verrollte sich dort.
Die Attraktive im Bikini hatte die Abwehrszene entgeistert beobachtet und mitbekommen, wo der Sprengkörper schließlich gelandet war. Sie fuhr herum und starrte in das Boot. Sie wußte augenscheinlich nicht, wie sie sich verhalten sollte.
»Vielleicht ist es ratsam, ins Wasser zu springen«, rief der Butler ihr höflich zu.
Die junge Frau starrte wieder den Butler an und ... hechtete dann in die aufspritzenden Fluten. Dabei berührte ihr rechter Fuß das Gasgestänge. Das Motorboot machte einen wilden Satz nach vorn und raste los. Weit kam es allerdings nicht.
Plötzlich blieb es stehen und platzte auseinander. Eine schwarze Rauchwolke schoß gen Himmel, eine dumpfe Detonation war zu vernehmen. Wrackteile wirbelten durch die Luft und landeten klatschend im Wasser.
Josuah Parker hatte sein Hausboot sicherheitshalber abgedreht und ging hinter der Brüstung in Deckung. Um das explodierte Motorboot kümmerte er sich nicht weiter. Ihm ging es um die Schönheit im Bikini. Er hoffte, daß sie von den Wrackteilen nicht erwischt wurde.
Sie tauchte gerade auf, schnappte nach Luft und tauchte wieder weg. Sie schwamm in Richtung Schilfgürtel und wollte sich in Sicherheit bringen. An einer Unterhaltung mit dem Butler war sie eindeutig nicht interessiert.
Josuah Parker gab Vollgas und wollte der Bikini-Dame den Weg abschneiden, doch sie war bedeutend schneller. Sie lag jetzt förmlich auf dem Wasser und kraulte gekonnt, erreichte das Schilf und schlug sich einen Fluchtweg durch das Dickicht.
Butler Parker hätte seinen Universal-Regenschirm als Wurfspeer verwenden können. Er hätte auch seine schwarze Melone als Wurfgeschoß einsetzen können, doch er verzichtete darauf. Er wollte die junge Frau nicht unnötig gefährden. Ihm war klar, daß er sie ohnehin früher oder später noch mal wiedersehen würde.
Sie verschwand bereits im Schilf und war Sekunden später nicht mehr zu sehen. Parker drehte erneut bei, wendete das Hausboot und hörte dann zu seiner Überraschung einen schrill sirrenden Außenborder, der sich der hinteren Flußbiegung näherte.
Dann war das kleine wendige Boot bereits zu sehen. Es raste um die Biegung und hielt genau auf Parkers Hausboot zu. Erst jetzt schien der Sportsmann am Steuer zu merken, daß nicht das Hausboot, sondern das Motorboot in die Luft geflogen war. Der Mann kurbelte am Steuerrad herum, legte sein kleines Boot in eine verwegene Kurve und jagte zurück zur Biegung.
Parker hatte bereits genug gesehen.
Mr. John Bartlett saß am Steuer, und das konnte kaum ein Zufall sein.
Butler Parker kümmerte sich nicht weiter um John Bartlett, der ohnehin bereits verschwunden war. Eine Verfolgung wäre sinnlos gewesen. Parker ignorierte auch die Bikini-Schönheit, die sich tief im Schilfgürtel verkrochen hatte. Er ging wieder auf den alten Kurs und schipperte weiter, als sei nichts passiert.
Natürlich war ihm klar, daß es um mehr ging als nur um Schmuggel. Mord stand im Drehbuch, das die Gegenseite schrieb. Josuah Parker war fest entschlossen, diese mörderische Herausforderung anzunehmen. Gegner, die mit Eierhandgranaten nach ihm warfen, mußten seiner bescheidenen Ansicht nach so schnell wie möglich aus dem Verkehr gezogen werden.
*
Der große Sattelschlepper füllte die Höhle fast aus. Er war mit sehr viel Fingerspitzengefühl in dieses Versteck hineinbugsiert worden.
Die Absicht der Straßenräuber war es gewesen, den Eingang zu tarnen. Agatha Simpson und Kathy Porter fanden rechts vom Sattelschlepper roh zusammengeschlagene Gestelle, die mit Tarnmatten bedeckt waren. Die beiden Männer waren wahrscheinlich im letzten Moment daran gehindert worden, diese Gestelle aufzurichten.
Hinter einer Baubaracke stand ein Gabelstapler, auf dessen Ladehörnern ein dicker Felsklotz lag. Wozu dieser Gabelstapler dienen sollte, war der älteren Dame sofort klar.
»Sie wollten den Zugang zum Steinbruch blockieren«, sagte sie zu der langbeinigen Kathy Porter. »Sehr geschickt, diese Lümmel, Kindchen. Wer würde schon in diesem Steinbruch nach dem verschwundenen Sattelschlepper suchen?«
»Sie wollen ihn tatsächlich hinüber zur Straße bringen, Mylady?« erkundigte sich Kathy sicherheitshalber noch mal.
»Natürlich, Kindchen. Ich möchte diesen Mister Higgins überraschen. Ich freue mich schon jetzt auf sein dummes Gesicht.«
»Solch ein Sattelschlepper ist nicht leicht zu fahren, Mylady.«
»Für einen Laien ganz sicher nicht, meine Liebe.« Agatha Simpson nickte zustimmend. »Aber ich bin ja schließlich technisch versiert. Ich habe mir sagen lassen, daß man solche Sattelschlepper wie einen normalen Personenwagen bewegen kann.«
Agatha Simpson war an diesem Thema nicht weiter interessiert. Sie widmete sich der zweiteiligen Ladetür und studierte die aufgerissene Plombe. Zusammen mit Kathy Porter