Butler Parker Staffel 13 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975722
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speziellen Fall hingegen zog sie den Mann sogar fest und besitzergreifend an sich, als habe sie es mit einem Liebhaber zu tun, der sich nur ein wenig schüchtern gibt.

      Wie richtig diese Inbesitznahme war, zeigte sich unmittelbar darauf. Ein dumpfes »Plopp« war zu vernehmen. Lorrings erhielt einen harten Schlag, den selbst Lady Simpson deutlich spürte. Dann wurde Lorrings noch schwerer.

      Lady Simpson war jedoch eine starke Frau.

      Sie ließ Lorrings nicht los, sondern benutzte ihn auch weiterhin als Schutz und Schirm. Sie rechnete mit einem zweiten, schallgedämpften Schuß, doch der blieb aus. Sie hörte das Aufrauschen eines Wagenmotors, spähte über Lorrings’ Schulter hinweg auf den Wagen und schnaufte nun doch ein wenig.

      Der Wagen schoß auf sie zu. Der Fahrer schien fest entschlossen zu sein, sie samt Lorrings zu rammen. Auf einen Mord kam es ihm dabei überhaupt nicht an. Die Situation spitzte sich zu. Nun mußte auch Lady Simpson um ihr Leben fürchten.

      Sie ließ Lorrings los und zu Boden fallen. Dann warf sie sich gegen die leichte Brettertür, vor der sie sich vom Taxifahrer hatte absetzen lassen. Vor der Ankunft der beiden Gangster hatte sie noch Zeit gehabt, den Zaun zu untersuchen. Sie wußte also sehr genau, was sie tat.

      Die Tür schwang auf und gab den Zugang frei zu einer Holztreppe, die nach unten in die Baugrube führte. Lady Simpson hörte hinter sich das unangenehm klingende »Plopp«. Dicht neben ihr wurden einige große Holzsplitter aus dem Bauzaun herausgerissen. Das Geschoß hatte sie nur um wenige Zentimeter verfehlt.

      Lady Simpson witschte gewandt um den Pfosten herum und brachte sich erst einmal aus dem Sichtfeld des Schützen. Dann bückte sie sich nach dem dicken Stein, den sie hier abgelegt hatte. Sie holte weit aus und warf ihn nach unten. Dabei stieß sie einen gekonnten, weithin zu hörenden Schrei aus, der vom Aufplatschen des Steins im Wasser jäh abgeschnitten wurde.

      Ihr Plan ging genau auf.

      Der Schütze mußte einfach annehmen, sie habe das Gleichgewicht verloren und sei in die wassergefüllte Baugrube hinunter gestürzt. Lady Simpson hörte schnelle Schritte, Keuchen, einen Fluch und sah dann den Fahrer des Wagens, der ohne Bedenken oder Mißtrauen durch die Brettertür marschierte. Für ihn trieb Lady Simpson bereits unten im Schmutzwasser herum.

      Daß dies nicht der Fall war, merkte er dann sehr nachhaltig.

      Lady Simpson vergaß für einen kurzen Moment ihre an sich erstklassige Erziehung. Sie schmetterte ihren »Glücksbringer« in das Genick des Gangsters, der nun genau das tat, was er von Lady Simpson erwartet hatte.

      Der Mann kippte leider über das Geländer der soliden Holztreppe, schrie nicht weniger gellend als Lady Agatha, segelte nach unten und vollführte in der wassergefüllten Baugrube eine völlig mißglückte Bauchlandung.

      *

      »Ich komme zufällig vorbei«, sagte Superintendent McWarden ohne jede Überzeugungskraft.

      Es ging auf zehn Uhr zu, und Lady Simpson hatte gerade ein ausgiebiges Frühstück hinter sich gebracht. Sie saß frisch und munter im Kaminzimmer und schaute McWarden ironisch an.

      »Sagen Sie schon, was Sie auf dem Herzen haben«, meinte sie fast freundlich. »Ich sehe es Ihnen doch an der Nasenspitze an, daß Sie irgendwo der Schuh drückt.«

      »In der vergangenen Nacht war eine Menge los«, sagte McWarden.

      »Hier weniger«, erwiderte die Dame genießerisch. »Oder war was, Mr. Parker?«

      Sie schaute sich nach Josuah Parker um, der gerade den Frühstückstisch abräumte. Dann wandte sie sich Kathy Porter zu, die die Morgenpost sortierte.

      »Sie hatten Ungemach, Sir?« erkundigte sich Parker bei McWarden, ohne auf Lady Simpsons Frage einzugehen. »Darf man fragen, ob Mr. Findlay sich inzwischen eingefunden hat?«

      »Er ist und bleibt wie vom Erdboden verschluckt.« McWarden machte einen unglücklichen Eindruck. »Dafür ist aber die Kapsel aufgetaucht, von der er beim Abtransport aus der Loge geredet hat.«

      »Wie schön für Sie und Ihre Freunde von der CIA«, sagte Lady Simpson recht desinteressiert. Ihr war schließlich nur zu bekannt, daß ihr Butler die aufgeschnittene Kapsel samt Inhalt inzwischen bei der amerikanischen Botschaft abgeliefert hatte. Der Butler hatte dies nach dem Mord an Oscar Walmlin nachgeholt.

      »Die Kapsel war aufgeschnitten worden«, redete McWarden inzwischen weiter. »Die Leute von der CIA haben sich auch den Zettel angesehen, der in dem Ding gewesen sein muß.«

      »Damit dürfte der Fall ja erledigt sein«, stellte Lady Simpson fest.

      »Eben nicht«, widersprach McWarden. »Keinen einzigen Schritt sind wir weitergekommen.«

      »Könnten Sie dies möglicherweise ein wenig interpretieren, Sir?« bat Josuah Parker gemessen. Nachträglich gratulierte er sich zu dem Entschluß, diese Rettungskapsel abgeliefert zu haben. Nun erfuhr er aus erster Hand, was Autoritäten und Fachleute herausgefunden hatten. Deren Untersuchungsergebnisse schienen sich also mit den seinen zu decken.

      »Die Kapsel ist völlig wertlos«, sagte McWarden inzwischen. »Es handelt sich um eine ganz normale Rettungskapsel. Man nennt diese Dinger auch SOS-Kapseln. Sie enthalten medizinische Hinweise und Angaben zur Person des Täters.«

      »Verlieren Sie sich gefälligst nicht in unnötige Kleinigkeiten«, sagte Lady Simpson grimmig. »Wer überbrachte dieses wertlose Ding? Hat man wenigstens das herausgefunden?«

      »Die Kapsel war in ’nem kleinen Päckchen, das man auf der Zufahrt zur Botschaft fand. Der Hinweis darauf erfolgte anonym per Telefon.«

      »Wem, wenn man höflichst fragen darf, gehörte denn diese SOS-Kapsel?« Parker sah McWarden unschuldig an.

      »James Findlay«, lautete die Antwort. »Das konnte sehr schnell herausgefunden werden.«

      »Den Sie immer noch nicht gefunden haben«, wunderte sich die Lady nachdrücklich und schüttelte den Kopf.

      »Dieser Fall ist demnach also noch völlig offen, oder?«

      »Muß man leider sagen, Mylady«, gestand der Superintendent ein.

      »Ist das alles, was Sie uns zu sagen hatten?«

      »Vor ein paar Stunde ist eine komische Geschichte passiert, Mylady.«

      »Endlich kommen Sie zur Sache, nicht wahr?«

      »Nicht weit von hier gibt’s eine Baustelle, Mylady, die aus Geldmangel aufgegeben worden ist. Diese Baugrube ist mit Grundwasser gefüllt, und dieses Grundwasser steht etwa einen knappen Meter hoch.«

      »Sind Sie über Nacht zur Baupolizei versetzt worden?« Deutlicher Spott war in Lady Simpsons Stimme zu vernehmen.

      »An dieser Baugrube hat sich einiges getan«, meinte McWarden gereizt. »Ich will’s kurz machen. Anwohner wollen eine Dame gesehen haben, die es mit zwei handfesten Gangster aufgenommen hat. Es sollen 4uch zwei Schüsse gefallen sein, schallgedämpfte übrigens. Kurz, einer dieser Männer wollte die Dame überfahren und landete anschließend unten im Grundwasser, der zweite Mann verschwand zusammen mit der Dame. Wir haben da eine sehr genaue Beschreibung. Im Grunde, Mylady, muß die Dame wie Sie ausgesehen haben.«

      »Papperlapapp, McWarden«, sagte Lady Simpson. »Ältere und füllige Frauen wie mich gibt es hier in London zu Tausenden. Und das wissen Sie sehr genau. Trauen Sie mir etwa zu, es mit zwei Gangstern aufnehmen zu können?«

      »Unbedingt, Mylady.«

      »Vielen Dank.« Die Amateurdetektivin nickte kokett. »Sie können ja sogar galant sein. Und wie lautet die Beschreibung des Mannes, den man im Grundwasser fand?«

      »Woher wissen Sie, daß er noch lebt?« hakte der Superintendent sofort nach. Er hoffte sehr, eine schwache Stelle gefunden zu haben.

      »Ich weiß überhaupt nichts«, Lady Simpson schüttelte den Kopf.

      »Der Mann befindet sich in einem Polizeihospital«, berichtete McWarden weiter.