Seewölfe - Piraten der Weltmeere 701. Fred McMason. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Fred McMason
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881234
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ruhig. „Sie haben ein Schiff geklaut und sich damit abgesetzt. In der Zeit, in der sie hier waren, haben sie nichts über den Seewolf erfahren. Und die Schatzhöhlen kennen sie auch nicht.“

      „Da bin ich mir nicht ganz so sicher“, meinte Siri-Tong. „Die Ansammlung der Schätze mögen sie vielleicht nicht entdeckt haben, aber als Engländer wissen sie längst, wer sich hier aufhält. Ich bin mir jetzt auch fast sicher, daß die beiden Schiffe nicht zufällig durch einen Blitzschlag bei dem Unwetter in Brand gerieten. Jetzt gibt mir doch einiges sehr zu denken.“

      „Du glaubst, die Kerle haben die günstige Gelegenheit bei dem Gewitter genutzt und die Galeonen in Brand gesteckt?“ fragte Thorfin Njal fassungslos.

      „Hat jemals auf Great Abaco ein Blitz eins unserer Schiffe getroffen, obwohl hier häufig viel schlimmere Gewitter toben?“ entgegnete die Rote Korsarin. „Ich werde den Eindruck nicht los, als seien die Kerle ziemlich planvoll Vorgegangen.“

      „Und die englische Galeone, die im Sturm gesunken ist?“

      „Das war natürlich ein Unglück, eine Katastrophe, ein reiner Zufall. Erst als sie hier an Land waren, haben die Engländer vermutlich etwas gemerkt und sind dann zielstrebig vorgegangen. Es gab auch zwei Tote unter Hesekiels Männern, ein Vorfall, der rätselhaft erschien und nie ganz aufgeklärt wurde.“

      Der Boston-Mann, ein Korsar wie aus dem Bilderbuch, schüttelte nachdenklich den Kopf.

      „Was wollten sie damit bezwecken?“

      „Schwächung der Kampfkraft“, erwiderte die Eurasierin. Ihre dunklen Mandelaugen blieben kühl und beherrscht, obwohl sie sich der ganzen Tragweite des Geschehens bewußt war. „Kleine Nadelstiche, eine Taktik, die wir ja auch immer wieder bei den Spaniern anwenden, und die schließlich zu großen und tödlichen Wunden führt. Wir haben jetzt zwei Schiffe weniger.“

      „Drei“, knurrte Thorfin, „denn die ‚Empress‘ haben die triefäugigen Kanalläuse ja ebenfalls geklaut.“

      Der Wikinger sah jetzt aus wie der nordische Gott Thor, wenn er voller Wut seinen Hammer schleuderte. Sein Gesicht war so grimmig und verzogen, daß es nur noch aus drohenden Augen und einem rötlichgrauen Bart zu bestehen schien.

      Er wandte den Kopf und sah Don Antonio, der sich eins der Fässer auf die Schulter gewuchtet hatte und damit über die Stelling zum Strand gehen wollte.

      Der Blick des Wikingers wurde jetzt sehr wachsam und mißtrauisch.

      „Steckt dieser Schmachtlappen vielleicht dahinter?“ fragte er leise und drohend. „Dem Kerl habe ich noch nie getraut, damals nicht und heute auch nicht. Vielleicht sollte man ihn doch ein bißchen aufhängen, um zu erfahren, ob er nicht doch noch etwas zu beichten hat.“

      „Verrenne dich nur nicht wieder in diese verrückte Idee“, sagte die Rote Korsarin. „Aus dem Saulus ist längst ein Paulus geworden.“

      „Saulus – Paulus?“ fragte der Wikinger mißtrauisch. „Ich denke, der Schmachtlappen heißt Antonio.“

      „Das war nur ein biblischer Vergleich, Thorfin. Ihn kannst du getrost ausklammern, er hat sich immer sehr zurückgehalten. Die sieben Kerle haben das alles allein bewerkstelligt und ganz sicher niemanden in ihre Pläne eingeweiht.“

      Der Wikinger war bekannt für seine Sturheit und seinen Eigensinn. Daher schüttelte er zweifelnd den Kopf, auf dem der gewaltige und blankpolierte Kupferhelm saß, von dem Carberry immer behauptete, der Nordmann züchte darunter eine besondere Art von Riesenläusen.

      „Dem Kerl traue ich alles zu, alles, bei Odin und seinen Raben! Der kriegt es fertig und beklaut noch einen toten Priester.“

      „Er hat nichts damit zu tun“, versicherte auch der Boston-Mann. „Du kannst dein Mißtrauen ihm gegenüber vergessen.“

      Der Stör, der immer gern die letzten Worte nachquatschte, wenn er sie für wichtig hielt, wollte gerade den Mund auftun, doch er schloß ihn schnell wieder, als er den grimmigen Blick sah. Zwei Kopfnüsse hatte er heute schon weg, und auf die dritte wollte er gern verzichten.

      Während der Schwarze Segler weiter entladen wurde, faßten sie noch einmal kurz die Geschehnisse zusammen.

      Sieben Engländer hatten die Strandung überlebt und waren aufgenommen worden, weil sie absolut hilflos gewesen waren. Gedankt hatten sie es den Korsaren, indem sie eine Menge Ärger verursacht hatten – Schiffe in Brand gesteckt und wahrscheinlich zwei Männer ermordet.

      Siri-Tong vermutete, daß die beiden Männer unliebsame Zeugen bei irgendeiner nächtlichen Aktion gewesen und deshalb umgebracht worden waren.

      Die Engländer hatten es allerdings so geschickt eingefädelt, daß es aussah, als wären die beiden mit Messern übereinander hergefallen und hätten sich gegenseitig umgebracht.

      Einen Haken hatte die Sache allerdings, denn ausgerechnet die beiden waren dicke Freunde gewesen, die sich nie gestritten hatten.

      „Da haben wir uns sieben dicke Läuse in den Pelz gesetzt“, sagte Thorfin etwas bekommen. „Eines Tages werden sie hier wieder aufkreuzen, wenn wir sie nicht bald schnappen. Ich könnte mir selbst in den Hintern treten, daß ich sie gesehen und nicht sofort verfolgt habe.“

      Dabei traf den Stör wieder ein eisiger Blick, der ihn erschauern ließ.

      „Immer ich“, murrte er. „Ich bin an allem schuld, egal ob es Schnapphähne waren oder ehrliche Männer. Ich bin auch schuld, wenn dein Helm nicht richtig poliert ist.“

      „Einer muß die Schuld haben“, knurrte der Wikinger. „Ich als Kapitän habe die Verantwortung, und wenn etwas schiefgeht, dann bist du daran schuld. Das war schon seit allen Zeiten so.“

      Siri-Tong ließ den wunderlichen Kauz von Nordmann brummeln und grummeln. Sie kannte ihn ja zur Genüge. Der nordische Poltermann, der selbst in der Hitze der Karibik nie seine rauchgrauen Felle ablegte und herumlatschte wie ein Relikt aus grauer Vorzeit, würde noch eine Weile herummeckern und dann mit seinem Viermaster zur Suche nach den Kerlen aufbrechen.

      „Gehen wir zum Schwarzen Segler hinüber“, schlug sie vor. „Wenn wir mithelfen beim Löschen, sind wir schneller fertig.“

      Thorfin Njal überhörte das glatt.

      Ohne ein Wort zu verlieren, drehte er sich um und ging mit großen Schritten dorthin, wo einst an der kleinen Holzpier die „Empress of Sea II.“ gelegen hatte.

      Jetzt lag da nur noch ein Nachen, und auf dem Holzsteg hockte Martin Correa, der Steuermann der „Empress“, der mit wahrer Engelsgeduld die Marotten des Old O’Flynn über sich hatte ergehen lassen. Martin war der Bootsmann und Navigator der „Empress“ gewesen.

      „Ist dir eigentlich nicht aufgefallen“, polterte der Wikinger los, „daß man dir den Kahn direkt unter dem Hintern weggeklaut hat?“

      Martin, dunkelblond und grauäugig, schreckte hoch. Er war ein ruhiger und besonnener Mann mit einer Geduld, die sogar Old Donegal manchmal erschüttert hatte.

      „Ja, das ist mir schon aufgefallen“, sagte er.

      „Und jetzt hockst du da und pennst vor dich hin. Davon kehrt das Schiffchen aber auch nicht zurück.“

      „Ich denke scharf nach.“

      „Aha, er denkt scharf nach“, höhnte Thorfin. „Willst du vielleicht warten, bis Odins Raben hier aufkreuzen und dir den Kurs der ‚Empress‘ zeigen?“

      „Odins Raben sind fort“, sagte Martin seelenruhig. „Und Odin selbst ist längst untergegangen. Hugin und Munin sind davongeflogen, weil dein beknackter Odin sie falsch behandelt hat.“

      „Beknackter Odin“, fragte der Wikinger entgeistert. „Du willst dich wohl versündigen, was?“

      Martin grinste den Wikinger an.

      „Munin war die Erinnerung und Hugin der Gedanke“, sagte er. „Und genau das vollziehe ich jetzt im Geiste nach. Ich versuche mich in die Lage