Ich gehe wieder zu Allan an den Tisch zurück und bitte ihn darum, das Restaurant mit mir zu verlassen. Chris hat es geschafft, mir den netten Abend mit meinem besten Freund zu vermasseln. Das Einzige, was ich nun will, ist, mich auf meine Couch zu legen und einzuschlafen. Zum Glück versucht er nicht, mich umzustimmen, sondern bezahlt die Rechnung und wir gehen hinaus.
Am Eingang ruft jemand meinen Namen. Es ist Mrs. Thomas, eine Klientin, die ich vor einem Jahr vertreten habe.
„Ich warte an deinem Wagen auf dich“, informiert mich Allan.
„Danke, ich mache es kurz.“ Er nickt mir zu, ich setze ein Lächeln auf und wirbele herum. „Mrs. Thomas, schön, Sie wiederzusehen. Wie geht es Ihnen?“ Ich bin nicht in der Stimmung für Small Talk, bleibe aber so nett ich kann.
„Sehr gut, Miss Elias. Ich habe gehört, Sie sind mit Christopher Palmer liiert?“ Meine Güte, die kommt aber direkt auf den Punkt.
„Nun ja, Sie kennen doch die Klatschblätter. Die schreiben, was ihnen Geld einbringt“, winke ich ab und hoffe, so dem Gespräch ein Ende zu bereiten.
„Sie wissen doch: Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“
Ja, leider. Und an diesem Feuer habe ich mich verbrannt. Ich öffne meinen Mund, um ihr darauf zu antworten, aber ein lauter Knall hindert mich daran. Scheiben klirren, Menschen schreien. Ehe ich registrieren kann, was passiert ist, merke ich, wie ich durch die Luft fliege, gegen etwas pralle und der Parkettboden immer näher kommt. Ein höllischer Schmerz durchfährt meinen Kopf.
Kapitel 5
Christopher
Die ganze Fahrt nach Hause fluche ich vor mich hin und schlage immer wieder auf das Lenkrad ein. Sie war wieder voll in ihrem Element. Wütend, hat mir Kontra gegeben und das war … unheimlich heiß. Heißt es nicht, was sich liebt, das neckt sich? Oh ja, ich liebe sie und bin mir sicher, sie hegt die gleichen Gefühle für mich, versteckt sie aber gut, aus welchem Grund auch immer.
In meinem Penthouse gehe ich direkt zu meiner kleinen Bar und nehme eine Flasche Whiskey heraus. Ich gönne mir einen Schluck und will gerade raus auf den Balkon, da klingelt mein Handy. Auf dem Display erscheint Jeremys Name. Ich senke meine Hand, verdrehe die Augen und stöhne auf. Er will bestimmt nur checken, ob ich mich mittlerweile beruhigt habe. Die Antwort ist einfach: Nein, habe ich nicht.
„Was ist?“, knurre ich.
„Okay. Ich spare mir dann die Frage“, blafft er zurück. „Schalt Kanal 42 ein.“
„Wozu?“
„Schalt Kanal 42 ein!“
Ich nehme die Fernbedienung in die Hand und schalte den Sender, den Jeremy mir genannt hat, am Fernseher ein. Die Bilder, die ich sehe, sind von einer Livekamera. Meterhohe Flammen. Polizei und Feuerwehr befinden sich im Einsatz, und verletzte Menschen, die zu Krankenwagen geführt und verarztet werden, sind zu sehen. Doch was mein Herz zum Stillstand bringt, ist der Text, der eingeblendet wird: Explosion im La Table.
„Nein“, hauche ich.
Meine Beine geben nach und ich falle auf die Knie, als ich auf die Couch zugehen will, um mich zu setzen. Ich nehme das Telefon vom Ohr und mein Arm hängt schlaff an meiner Seite. Jeremys laute Stimme ertönt aus dem Handy, die aber Sekunden später nicht mehr zu hören ist. Mein ganzer Körper ist taub. Layla war da. Ein stechender Schmerz schießt in meine Brust und verteilt sich in meinem ganzen Körper.
Oh mein Gott, sie saß im Restaurant. Ich habe sie verloren. Sie ist tot.
Kurze Zeit später klingelt mein Handy wieder, aber meine Finger sind so darum verkrampft, dass ich meine Hand nicht heben kann, um das Gespräch anzunehmen. Die Augen habe ich immer noch auf den Fernseher gerichtet. Der Reporter erzählt und erzählt. Von vielen Schwerverletzten und einigen Toten ist die Rede. Die genaue Zahl kennen sie noch nicht. Die Feuerwehr befindet sich im Großeinsatz, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen.
Vor meinem inneren Auge sehe ich Laylas leblosen und blutverschmierten Körper auf einer der Bahren liegen. Ich stehe daneben und streichele ihr Gesicht, bitte sie, die Augen zu öffnen und wieder zu mir zurückzukommen. Immer und immer wieder. Vergeblich. Sie rührt sich nicht.
Ich schluchze und Tränen lösen sich aus meinen Augen. „Warum?“, schreie ich, packe meine Haare und ziehe verzweifelt daran.
Minutenlang knie ich vor dem Fernseher auf dem Boden und starre auf die Bilder. Erneut klingelt mein Handy, und diesmal schaffe ich es irgendwie, es an mein Ohr zu heben, ich bringe aber keinen Ton heraus.
„Chris?“ Jeremys Stimme ertönt am anderen Ende der Leitung. „Die Verletzten sind ins Methodist Hospital gebracht worden.“
Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich schon eine knappe Dreiviertelstunde auf dem Boden knie. Eilig stehe ich auf und muss mich sofort festhalten, da meine Beine eingeschlafen sind. Ich spüre den stechenden Schmerz, schaffe es aber trotzdem, mich auf den Weg ins Krankenhaus zu machen.
Ich stoße die Türen zur Notaufnahme auf, dränge mich durch das ganze Getümmel und suche die Information, als ich eine Stimme höre, die nach mir ruft. Sofort schaue ich mich um und sehe Luke, der auf mich zugelaufen kommt.
„Gott sei Dank. Du hast es mitbekommen.“ Er ist komplett aus der Puste und beugt sich nach vorn. „Allan hat mich angerufen. Layla ist oben auf Station.“ Er packt meinen Arm und bringt mich zu den Fahrstühlen.
In der vierten Etage steigen wir aus, gehen durch einen langen Gang und halten vor der Intensivstation an. Steht es so schlimm um sie, dass wir hier sind? Luke informiert eine Schwester, dass wir Angehörige sind und den Arzt sprechen wollen. Sie nimmt den Hörer in die Hand und tippt eine Nummer ein. Wie es aussieht, ist Layla am Leben, aber wir wissen nicht, wie es um sie steht.
„Das Wichtigste ist, dass sie lebt. Meinst du nicht auch?“, fragt mich Luke und legt die Hand auf meine Schulter.
Er hat keine Ahnung, wie schwer sie verletzt ist, und trotzdem ist er zuversichtlich, dass es ihr gut geht. Wir warten ein paar Minuten. Minuten, die nicht vergehen, mich um Jahre altern und nervös auf dem Gang auf und ab gehen lassen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erscheint endlich ein Mann in grünen Klamotten, der direkt auf uns zukommt. Er hat eine leicht dunkle Haut, ist klein, schlank und hat pechschwarze Haare.
„Sie sind Angehörige von Miss Elias?“, fragt er und bleibt vor uns stehen. Luke und ich nicken. „Ich bin Dr. Khan, Oberarzt der Neurochirurgie. Ich gehe davon aus, dass Sie noch nicht über den Zustand von Miss Elias informiert wurden.“
Was labert er da? Wir sind doch gerade erst gekommen. Natürlich hat uns keiner informiert, sonst würden wir nicht nach ihm verlangen. Die Art, wie er das sagt, lässt meinen Magen sich zusammenziehen, und ich fange an zu zittern. Vielleicht ist es so schlimm, dass er nicht die richtigen Worte findet, um es uns zu sagen.
Der Arzt rückt seine Brille zurecht und holt tief Luft. „Miss Elias hat eine distale Radiusfraktur am linken Handgelenk. Bei den MRT-Aufnahmen ist uns aufgefallen, dass sie eine Fissur des Craniums hat, weswegen wir sie ins künstliche Koma versetzen mussten. Außerdem hatte sie Blutungen, die wahrscheinlich auf einen Abort hinweisen, der aber erst von den Gynä…“
Ich verstehe nur Bahnhof!
„Woow! Woow! Doc! Stopp!“, unterbreche ich ihn, woraufhin er mich mit offenem Mund anguckt. „Wir sind nicht vom Fach, also würden Sie es bitte so erklären, dass es auch Normalsterbliche verstehen?“
Dr. Khan nimmt seine Brille ab und reibt sich die Nasenwurzel. Ich denke, er hat verstanden, dass er sich „normal“ ausdrücken muss.
„Natürlich. Verzeihen Sie. Miss Elias hat sich den Speichenknochen in der