TRIXIE. Dean Koontz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dean Koontz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783954473267
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den ein Pyromane entworfen haben musste. Ein großes Glasgefäß mit Brennflüssigkeit wurde zu diesem Zweck auf den Kopf gestellt, um Tropfen für Tropfen mithilfe der Schwerkraft einen Ring rings um einen Docht zu tränken. Es war eine verrückte Gerätschaft mit äußerst wackeligem Aufbau, und ich rechnete jederzeit damit, dass ein Feuerball durch das Haus schießen und uns in menschliche Fackeln verwandeln könnte.

      Lebhafte Fantasie ist für einen Schriftsteller ein wahrer Segen, doch sie kann auch ein Fluch sein. Im Kohlenverschlag fragte ich mich manchmal, ob es diesmal passieren würde, dass meine Schaufel die bleiche Hand eines Leichnams zutage fördern würde, die bislang unter der Kohle verborgen gewesen war. Da mein Vater stets zur Gewalttätigkeit neigte, hatte ich ihn für die Rolle des Mörders vorgesehen.

      Allerdings kann ich über den Keller zwei positive Dinge sagen: Erstens konnte man dort aus einem Hahn warmes Wasser beziehen, während man an der Küchenspüle nur kaltes Wasser bekam, das man von Hand aus einem Brunnen pumpen musste. Zweitens krochen im Keller zwar Spinnen herum, aber es gab dort nicht so viele achtbeinige Anschleicher wie auf dem Plumpsklosett im Anbau.

      Als ich elf war, erhielt meine Mutter eine bescheidene Summe aus dem Nachlass meines verstorbenen Großvaters. Sie nutzte das Geld vor allem dazu, das Haus mit sanitären Installationen ausstatten zu lassen. Anstelle der Handpumpe an der Küchenspüle hatten wir nun ein kleines Badezimmer mit fließendem warmem und kaltem Wasser. Außerdem ließ sie die Teerpappe des Daches durch Asphaltschindeln ersetzen. Uns kam es so vor, als wären wir in einen Palast umgezogen. Schließlich hatten wir nun eine blitzblanke Keramiktoilette anstelle einer Holzbank mit einem Loch darin, unter der Spinnen lauerten.

      Wir besaßen zwar nur wenig, doch ständig bestand für uns die Gefahr, auch dieses Wenige zu verlieren. Der Grund für unser ständiges Herumjonglieren mit dem Geld und die Drohung wirklicher Armut war die Überzeugung meines Vaters, es sei reine Verschwendung, seinen Arbeitslohn für die Begleichung von Rechnungen oder die Abzahlung der Haushypotheken zu verwenden. Schließlich könne er sein Geld beim Pokern oder Würfelspiel doch an einem einzigen Abend vervierfachen, meinte er. Falls ihn die Karten oder der Würfel im Stich ließen, suchte er Trost in irgendeiner Kneipe. Sobald er nämlich an der Theke eine Runde für die Kumpel ausgab, konnte er sich vormachen, der wohlhabende Mann zu sein, der er so gern gewesen wäre.

      Wenn er nicht gerade in Bars oder bei Glücksspielen herumhing, arbeitete er. Im Laufe von fünfunddreißig Jahren brachte er es auf vierundvierzig verschiedene Jobs, viele davon im Verkauf, vor allem als Versicherungsagent. Mehr als einmal wurde er gefeuert, weil er seinen Chef zusammengeschlagen hatte (was der beruflichen Laufbahn bekanntlich niemals förderlich ist) oder auch einen Arbeitskollegen, der ihn beleidigt hatte. Manchmal kündigte er auch von sich aus, weil er sich nicht genügend gewürdigt fühlte, und vermutlich auch dann, wenn auf seiner gegenwärtigen Arbeitsstelle niemand war, den er gern verprügelt hätte – denn das machte den Arbeitstag langweilig.

      Obwohl meine Mutter gertenschlank, hübsch und herzensgut war, stieg mein Vater anderen Frauen nach. Mindestens zwei von ihnen waren weibliche Ringer. In den 1950er Jahren waren Ringkämpferinnen ebenso rar gesät wie Banjospieler ohne Arme, und diese Frauen waren keineswegs die Bikini-Schönheiten, die sich während der 1970er Jahre wechselseitig in den Schlamm schleuderten. Mein Vater hatte Liebschaften mit Ringerinnen, die einen größeren Bizeps und tiefere Stimmen als er selbst besaßen.

      Wenn bei uns nach Mitternacht das Telefon läutete, entpuppte sich der Anrufer stets als irgendein Barkeeper, der berichtete, mein Vater habe sich bis zur Bewusstlosigkeit betrunken und müsse aus der Bar geschafft werden, ehe sie schließe. Wenn die Bar nur wenige Kilometer von unserem Haus entfernt lag, zogen meine Mutter und ich zu Fuß los und verfrachteten meinen Vater in sein Auto. Einmal fragte eine an der Theke hockende Frau bei einer solchen Gelegenheit, ob meine Mutter sie auf der Rückfahrt zu Hause absetzen könne. Ihr Date habe sie im Stich gelassen. Die dralle Blondine hatte eine so straffe Dauerwellenfrisur, dass diese ein brauchbarer Stoßdämpfer gewesen wäre, hätte ihr jemand mit einem Vorschlaghammer eins über den Kopf gezogen. Und ich spürte, dass meine sanfte Mutter tatsächlich bedauerte, keinen Vorschlaghammer dabei zu haben.

      Aber damals war ich noch zu jung, um mir zusammenzureimen, dass der Dating-Partner der Blondine sie nicht sitzengelassen hatte, sondern aus den Latschen gekippt und mein Vater war. Diese Erkenntnis erfolgte bei mir erst am folgenden Abend, während ich im Bett lag und hörte, wie sich meine Eltern im Erdgeschoss wegen der Blondine mit der Betondauerwelle stritten.

      Aufgrund solcher nachmitternächtlichen Exkursionen zur Bergung meines Vaters und anderer demütigender Erlebnisse, die mit dessen Verhalten zu tun hatten, waren meine Kindheit und Jugend von Scham geprägt. Da die Schwächen meines Vaters weithin bekannt waren, zuckte ich jedes Mal zusammen, wenn man mich fragte, ob ich der Sohn von Ray Koontz sei. Statt direkt zu antworten, erwiderte ich dann, meine Mutter sei Florence Koontz, denn mit ihr verband niemand irgendetwas Peinliches.

      Von dem Moment an, als mich zwei meiner Tanten in der Wiege erblickten, waren sie davon überzeugt, dass ich sicher genauso ein Nichtsnutz wie mein Vater werden würde. Wenn sie mich mit meinen sieben Jahren zufällig dabei erwischten, dass ich verträumt in der Sommersonne lag und faulenzte, bewölkten sich ihre Gesichter und sie erklärten feierlich: »Ganz der Vater!« – so als würden andere Siebenjährige bereits ihre ersten einhundert Dollar als Bedienung an einem Limonade-Stand verdienen oder in einem Pflegeheim als Freiwillige Bettpfannen leeren.

      Das mangelnde Interesse meines Vaters an mir, seine Anfälle von Tobsucht und Gewalttätigkeit, wenn er getrunken hatte, seine Drohungen, sich – und uns – umzubringen, der Kummer und die Angst, die er meiner Mutter machte: Nichts davon setzte mir so zu wie die Scham, die meine Mutter und ich empfanden, weil er sich in aller Öffentlichkeit betrank, den Frauen nachstellte, oft ungeheuer angab und noch andere Dinge tat, die ihn zum Gegenstand von Klatsch und Gespött machten.

      In meiner Highschool-Zeit war ich ein schüchterner, unsicherer Junge und kompensierte meine Minderwertigkeitskomplexe dadurch, dass ich schlagfertig war, Witze riss und den Klassenclown spielte. Meine Sprachfähigkeiten waren mir Schutz und Schild.

      Nirgendwo in meinem damaligen Leben trat meine Schüchternheit so offen zutage wie im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Wenn ich ein Mädchen um ein Treffen bat und sie ablehnte, fragte ich grundsätzlich kein zweites Mal. Vielleicht tat ihr die Absage sogar aufrichtig leid. Es mochte sich sogar als wahr herausstellen, dass ihre Mutter im Krankenhaus lag, ihr Vater wegen einem doppelten Beinbruch bewegungsunfähig war und ihre geliebte Schwester im 23. Jahrhundert festsaß, nachdem sie an einem geheimen Zeitreise-Experiment der Regierung teilgenommen hatte. Aber ich ging in jedem einzelnen Fall davon aus, dass sie, wenn sie mich ansah, meinen Vater vor Augen haben musste und lieber ihre Haare angesengt hätte, als meine Einladung zum Schultanz auf Socken in der Turnhalle, gefolgt von Milkshakes im Dairy Queen, anzunehmen.

      Doch dann tauchte in meinem Abschlussjahr in der Highschool Gerda Cerra auf. Schon vorher hatten mich bestimmte Mädchen angezogen, bezaubert und fasziniert, aber nie zuvor hatte mich jemand so verzückt und geradezu hingerissen. Eigentlich hielt ich es ja bei jedem, der nach 1890 geboren war, für unmöglich, von einem Menschen hingerissen zu sein. Gerda jedoch war zierlich, anmutig, schön und hatte eine so weiche Stimme, dass jedes Wort von ihr vertraulich und sogar romantisch wirkte. Sogar wenn sie sagte: »Dir hängt irgendetwas aus der Nase«, schlug mein Herz schneller. Und nicht zuletzt kam mir ihre unerschütterliche Gelassenheit nicht von dieser Welt vor.

      Dass ich ihr so schüchtern, wie ich war, in meiner Verliebtheit ständig nachlief, und zwar von der ersten Verabredung in der zwölften Klasse bis zum Heiratsantrag, zeigt, welche Wirkung sie auf mich hatte – insbesondere wenn man bedenkt, dass sie mich vier Mal abwies. Zum ersten Mal geschah das, als sie hörte, an welchem Abend ich sie ins Kino ausführen wollte. Sie behauptete, an diesem Abend müsse sie in einer Reinigung arbeiten. Hätte bei meinen früheren Annäherungsversuchen ein Mädchen ein Treffen mit der Begründung abgelehnt, sie sei wegen ihres Gipskorsetts bewegungsunfähig, wäre ich selbst in einem solchen Fall davon ausgegangen, dass sie mich abstoßend finden müsse. Und danach wäre ich ihr aus dem Weg gegangen. Doch Gerda lud ich eine Woche später ein zweites Mal ein.

      Diesmal teilte Gerda mir mit, an