LARP: Nur ein Spiel?. Daniel Steinbach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniel Steinbach
Издательство: Bookwire
Серия: Aufsatzsammlung zum MittelPunkt
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783938922408
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Einführung in die soziologische Rahmentheorie und ihren Bezug zum Live-Rollenspiel gibt Dennis Wienert-Risse. Aus dem Rahmen gefallen – Warum LARP von Klischees lebt soll einen theoretischen Unterbau bieten, um besser zu verstehen warum große Zwerge auf Gegenwind stoßen und wie LARPer es überhaupt schaffen, miteinander zu spielen.

      Viele Fragen über (gutes) LARP lehnen sich aus Sicht von Carl David Habbe an Diskurse in der Theaterwissenschaft an. Die Chancen und Grenzen dieses Ansatzes versucht er in seinem Beitrag Spieler sind auch nur Zuschauer – Was LARP von der Theaterwissenschaft lernen kann zu beleuchten.

      Bodo Jentzsch argumentiert in Theater vs. LARP dagegen, dass LARP zwar manche Gemeinsamkeiten mit dem Theater aufweise, sich letztlich aber so sehr unterscheide, dass die Ansätze der Theaterwissenschaft bei der Untersuchung zentraler Aspekte des Mediums an ihre Grenzen stoßen.

      Man muss im LARP nicht die DDR-BRD-Geschichte thematisieren oder sich mit Themen wie Gender-Rollen und Gruppendynamik in der Gesellschaft auseinandersetzen. Aber man kann – und das ist eine der Stärken von Rollenspiel allgemein. Schließlich bleibt vielleicht nicht die Frage, zu was LARP gut sein soll, sondern welche Möglichkeiten bisher nicht ausprobiert wurden. Diese Aufsatzsammlung ist daher nicht nur eine Präsentation von Ideen, sondern auch eine Einladung an andere, die Möglichkeiten und Grenzen dieses Spiels weiter ausgiebig zu testen, zu hinterfragen, zu ähnlichen oder ganz anderen Schlüssen zu kommen und darüber zu berichten!

      Viel Spaß und viele neue Erkenntnisse wünschen die Herausgeber

       Rafael Bienia und Karsten Dombrowski

       GLOSSAR

      Charakter: Die fiktive Figur, die ein Teilnehmer innerhalb der Spielwelt darstellt.

      Con: Von engl. Convention. Eine unter Live-Rollenspielern gebräuchliche Bezeichnung für LARP-Veranstaltungen.

      In-time: Wird im LARP für innerhalb des Spiels bzw. im Spiel befindlich verwendet. Siehe auch: imageOut-time.

      LARP: Abkürzung für Live-Rollenspiel (von Live Action Role Play)

      Nicht-Spieler-Charakter (abgekürzt NSC): Wird in zweierlei Bedeutung verwendet. Zum einen als Bezeichnung für eine bestimmte Kategorie von Teilnehmern, welche die imageSL bei der Durchführung des imageCons unterstützen, zum anderen als Sammelbegriff für die imageCharaktere, die diese Teilnehmer darstellen.

      Out-time: Wird im LARP für außerhalb des Spiels bzw. nicht im Spiel befindlich verwendet. Siehe auch: imageIn-time.

      Plot: Die Spielhandlung eines imageCons.

      Spieler-Charakter (abgekürzt SC): Wird wie imageNSC in zweierlei Bedeutung verwendet. Zum einen als Bezeichnung für eine bestimmte Kategorie von Con-Teilnehmern, welche unabhängig von Vorgaben der imageSL frei im Spiel agieren kann, zum anderen als Sammelbegriff für die meist selbstgewählten imageCharaktere, die diese Teilnehmer darstellen.

      Spielleitung (abgekürzt SL): Spielleiter fungieren als Ansprechpartner und Schiedsrichter während des Spiels. Unter anderem koordinieren sie die imageNSCs und den Ablauf des imagePlots und beantworten Fragen zu Regeln und dem imageCharakter.

       Dr. Heinrich Dickerhoff

      LIVE-ROLLENSPIEL IN DER ERWACHSENENBILDUNG

      HINTERGRÜNDE – KONZEPTION – CHANCEN UND RISIKEN

      Ich war bereits über 50, als ich zum ersten Mal bei einem Live-Rollenspiel dabei war – und war gleich fasziniert. Das ist mir einige Male in meinem Leben so gegangen: als ich die erste richtige Märchenerzählerin gehört habe, als ich zum ersten Mal einen Langbogen in der Hand hielt, als ich zum ersten Mal ein Schwert führte. Lauter Erfahrungen, die man nicht braucht, so wenig wie Wein oder Musik. Und doch machen diese Erfahrungen ganz viel von meiner Lebensqualität aus.

      All diese Erfahrungen haben auch meine Weltsicht beeinflusst, bestärkt und korrigiert. Und diese Sicht auf das Leben ist für mich geprägt vom Christentum in seiner katholischen, das heißt für mich vor allem sehr sinnlich erfahrbaren Tradition. Dabei bin ich als Theologe, Historiker und psychologisch sensibilisierter Begleiter nicht unkritisch gegenüber den alten und heutigen Grenzen der institutionalisierten Kirche, wie der einzelnen Christenmenschen, den – für mich vor allem befreienden und ermutigenden – Impuls Jesu glaubwürdig zu leben; auch ich bleibe immer dahinter zurück. Aber, und darum geht es in diesem kleinen Beitrag, das Live-Rollenspiel habe ich auch als Chance zur Bildung erlebt, zur Herausbildung der eigenen Lebens-Berufung, und um diese Herausforderung geht es nach meinem Verständnis ganz wesentlich auch im Christsein.

      Seit 1978 arbeite ich in der Erwachsenenbildung, in einem großen Bildungshaus in Trägerschaft der katholischen Kirche, mittlerweile als pädagogischer Leiter. Von Anfang an setzte ich in Seminaren auch spielerische Elemente ein: Planspiele, um das Gruppenverhalten zu verdeutlichen, Rollenspiele als Training für Patienten- oder Konfliktgespräche. In religiösen Kursen arbeitete ich auch mit der Form des Bibliodrama, bei dem man sich in einen biblischen Text hineinspielt, und entwickelte in Familienseminaren Vergegenwärtigungen biblischer Erfahrungen, die sich am mittelalterlichen Mysterienspiel orientierten. Zu Beginn der 90er Jahre lernte ich erst eine Märchenerzählerin kennen und dann auch selbst das Erzählen von traditionellen Märchen und Sagen, die in traumhafter Bildersprache Lebenserfahrungen verdichten. Seither geht es in den meisten meiner Kurse um die uns ein-gebildeten inneren Bilder, die die Märchen ins Licht des Bewusstseins holen: Kopfkino und Ermutigung, auf die Kraft der eigenen Phantasie zu achten! Und ich lernte das Langbogen-Schießen kennen und schätzen, als eine großartige Möglichkeit, der eigenen Haltung und Ausrichtung nachzuspüren und das Loslassen auch körperlich zu lernen. Im Jahr 2000 nahm mein damals 12jähriger Ältester ein Tischrollenspiel mit in den Urlaub, und ein paar Jahre lang war das für mich und meine vier Kinder eine wunderbare Möglichkeit, gemeinsam auf Abenteuersuche zu gehen. Später musste ich als Chauffeur meine jüngeren Söhne an den Niederrhein fahren, zu einem Live-Rollenspiel, und aus dem milde lächelnden Fahrer-Vater wurde innerhalb von Stunden ein begeisterter Mitspieler.

      Wie beim Märchen und Bogenschießen konnte ich gar nicht anders, als eine mir lieb gewordene Lebenschance in meine Arbeit einzubinden. So gibt es nun – von Kollegen eher skeptisch beobachtet – seit drei Jahren jeweils im Juli ein Rollenspiel-Wochenende in der Katholischen Akademie Stapelfeld, und zudem Rollenspiel-Elemente in etlichen Seminaren mit Familien, mit Teams und Unternehmen.

      Ich möchte nun kurz skizzieren, wie ich das Live-Rollenspiel sehe und warum ich ihm – neben dem für mich unverzichtbaren Spaß-Faktor – auch eine durchaus sinn-volle Bedeutung abgewinnen kann.

      Live-Rollenspiel