Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: James Fenimore Cooper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027209774
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seinen grauen Haaren und seinem Alter nicht hätte erwarten dürfen. Der Kundschafter aber verzog, bis die Hitze des Liebhabers sich ein wenig gelegt hatte, und wußte ihn dann von der Thorheit vorschnellen Handelns in einer Sache zu überzeugen, welche die kaltblütigste Ueberlegung und die äußerste Seelenstärke erfordere.

      »Es wäre am besten,« fügte er hinzu, »wir ließen diesen Mann wieder hineingehen, daß er in ihrem Lager bliebe und den Mädchen Kunde von unserer Annäherung brächte, dann rufen wir ihn wieder durch ein Signal zu weiteren Berathungen. Ihr könnt doch das Geschrei einer Krähe von dem Pfeifen des Windsängers unterscheiden?«

      »‘s ist ein unterhaltender Vogel,« antwortete David, »und hat einen so sanften und melancholischen Ton, obwohl sein Takt zu schnell und regellos ist.«

      »Er meint den Wish-ton-wish,« sagte der Kundschafter; »nun gut, wenn euch jenes Pfeifen gefällt, so soll das euer Signal seyn. Merkt’s euch denn, wenn Ihr den Ruf des Windsängers dreimal hört, so kommt Ihr in die Büsche, wo Ihr den Vogel vermuthet« –

      »Halt!« unterbrach ihn Heyward; »ich will ihn begleiten.«

      »Ihr!« rief der erstaunte Hawk-eye; »seyd Ihr müde, die Sonne auf-und untergehen zu sehen?«

      »David ist ein lebendiger Beweis, daß die Huronen nicht immer unbarmherzig sind.«

      »Ja, aber David kann seine Kehle benützen, und kein anderer Mensch, der bei Sinnen ist, wird sie so mißbrauchen.«

      »Auch ich kann den Narren, den Wahnsinnigen, den Helden spielen, kurz Alles, wenn es gilt, sie, die ich liebe, zu befreien. Nennt keine Einwendungen mehr; ich bin entschlossen.«

      Hawk-eye, sah den jungen Mann einen Augenblick mit sprachlosem Erstaunen an. Aber Duncan, der aus Achtung vor dem Geschick und den Diensten des Andern bisher beinahe blindlings gefolgt war, nahm jetzt die Miene des höheren Ranges an, auf eine Weise, der man nicht leicht widerstehen konnte. Er winkte mit der Hand, zum Zeichen, daß er jede Gegenvorstellung verschmähe, und fuhr dann mit ruhigerer Stimme fort:

      »Ihr habt die Mittel, mich zu verkleiden; wandelt mich um, bemalt mich, wie es euch beliebt, kurz, macht einen andern Mann aus mir, einen Narren, wenn Ihr wollt.

      »Für einen, wie ich bin, ziemt es sich nicht, zu sagen, daß er, der bereits durch die mächtige Hand der Vorsehung gebildet ist, eine Umwandlung nöthig habe,« murmelte der unzufriedene Kundschafter. »Wenn Ihr eure Abtheilung in den Krieg schicket, so findet Ihr es wenigstens gerathen, Plätze und Abzeichen für ein Lager zu bestimmen, damit die, welche auf eurer Seite fechten, wissen, wann und wo sie einen Freund zu erwarten haben.«

      »Hört mich an,« unterbrach ihn Duncan; »Ihr habt von diesem getreuen Begleiter der Gefangenen gehört, daß die Indianer von zwei verschiedenen Stämmen, wo nicht Nationen sind. Bei einem, den Ihr für einen Zweig der Delawaren haltet, ist sie, die Ihr Schwarzhaar nennet, die andere und jüngere der Ladies befindet sich unstreitig bei unsern erklärten Feinden, den Huronen. Meiner Jugend und meinem Range kommt es zu, das letztere Abenteuer zu bestehen. Während Ihr daher mit euern Freunden die Befreiung der einen Schwester unterhandelt, will ich die andere erlösen, oder sterben!«

      Neuerwachtes Feuer glühte in den Augen des jungen Soldaten und seine ganze Gestalt erhielt unter diesem Einflüsse etwas Ehrfurchtforderndes. Hawk-eye, welcher den Scharfsinn der Indianer zu gut kannte, um nicht die Gefahr eines solchen Unternehmens vorher zu fühlen, wußte gleichwohl nicht recht, wie er diesen plötzlichen Entschluß bekämpfen sollte.

      Es lag vielleicht in diesem Gedanken etwas, was seiner eigenen kühnen Natur und jener geheimen Vorliebe für verzweifelte Abenteuer zusagte. Diese war mit seiner Erfahrung gestiegen, bis Wagniß und Gefahr ihm gewissermaßen zum Lebensbedürfniß geworden waren. Statt dem Plane Duncans sich weiter entgegenzusetzen, schlug seine Stimmung plötzlich um und er bot sich zur Mithülfe an.

      »Kommt,« sprach er wohlwollend lächelnd; »dem Bock, der in’s Wasser will, muß man vorangehen, nicht folgen. – Chingachgook hat so viele Farben, als die Frau eines Ingenieuroffiziers, der die Natur auf Papierschnitzel malt, so daß die Berge wie Haufen verdorbenen Heues aussehen, und man den blauen Himmel mit den Händen erreichen könnte. Der Sagamore kann auch gut damit umgehen. Setzt euch da auf den Baumstamm, und ich wette meinen Kopf, er macht noch schneller einen natürlichen Narren aus euch, so daß Ihr euch selbst gefallen sollt.«

      Duncan gehorchte, und der Mohikaner, welcher der Unterredung aufmerksam zugehört hatte, unterzog sich gerne dem Geschäft. Lange geübt in all den feineren Künsten der Eingebornen, zog er mit großer Gewandtheit und Schnelligkeit jene fantastischen Schattenlinien, welche die Wilden als ein Zeichen fröhlicher und scherzhafter Gemüthsstimmung zu betrachten pflegen. Jeder Zug, der möglicher Weise auf eine geheime Neigung zum Kriege hätte bezogen werden können, wurde sorgfältig vermieden, während er auf der andern Seite auf jede Nuance achtete, die eine freundliche Gesinnung bekräftigen konnte.

      Kurz, er opferte gänzlich den Krieger der Mummerei des Narren. Solche Erscheinungen waren bei den Indianern nicht ungewöhnlich; und da Duncan bereits durch seine Kleidung zur Genüge unkenntlich war, durfte man mit einigem Grund annehmen, er werde sich bei seiner Kenntniß des Französischen für einen Gaukler von Ticonderoga ausgeben dürfen, der unter den verbündeten und befreundeten Stämmen umherschwärme.

      Als er sich gehörig bemalt glaubte, gab ihm der Kundschafter manchen freundlichen Rath, verabredete Signale und bezeichnete den Ort, wo sie sich im Falle gegenseitigen Erfolges treffen wollten. Munro’s Trennung von seinem jungen Freunde war schwerer, und doch ergab er sich mit einer Gleichgültigkeit darein, die bei seiner natürlichen Wärme und seinem Edelmuth sich nur aus einer so gedrückten Stimmung erklären ließ. Der Kundschafter führte Heyward bei Seite und theilte ihm mit, daß er den Veteranen unter dem Schutze Chingachgook’s an einem sicheren Orte unterbringen wolle, während er und Uncas unter dem Volksstamm, den sie mit Grund für Delawaren halten durften, Nachforschungen anstellen wollten. Nachdem er ihm wiederholt seinen Rath ertheilt und die nöthigen Vorsichtsmaßregeln angegeben hatte, sprach er endlich in feierlichem Ton und mit einer Wärme des Gefühls, die Duncan tief bewegte: »Und nun segne Euch Gott! Ihr habt einen Muth gezeigt, wie ich ihn liebe; er ist das Angebinde der Jugend, mehr noch eines warmen Blutes und kühnen Herzens. Aber glaubt der Warnung eines Mannes, der Gründe genug für die Wahrheit seiner Worte hat. Ihr werdet all eurer Mannheit und schärferen Verstandes bedürfen, als man aus den Büchern lernt, um einen Mingo zu überlisten, oder seinen Muth zu übertreffen. Gott segne Euch! Wenn die Huronen Herren Eures Skalpes werden, so verlaßt Euch auf das Wort eines Mannes, der zwei tapfere Krieger in seinem Rücken hat; sie sollen ihren Sieg theuer bezahlen – ein Leben für jedes Haar. Noch einmal, junger Herr, die Vorsehung segne Eure gute Sache, vergeßt nicht, daß, um diese Schelme zu täuschen, Dinge erlaubt sind, für die ein Weißer sonst nicht geschaffen ist.«

      Duncan schüttelte seinem würdigen und widerstrebenden Gefährten mit Wärme die Hand, empfahl den betagten Freund auf’s Neue seiner Fürsorge und gab, seine freundlichen Wünsche erwiedernd, David das Zeichen zum Aufbruch. Hawk-eye sah dem hochsinnigen, abenteuerlichen jungen Manne mehrere Augenblicke mit unverholener Bewunderung nach, schüttelte dann bedenklich das Haupt, wandte sich und begab sich mit seinen Begleitern in den Schutz des Waldes.

      Der Weg, den Duncan und David gingen, führte gerade über die Lichtung längs des Biberteiches hin. Als Heyward sich allein mit einem Menschen sah, der, bei seiner Einfalt, so wenig im Stande war, in Fällen der Noth Beistand zu leisten, fing er an, der Schwierigkeiten seiner Aufgabe sich erst recht bewußt zu werden. Das verschwindende Tageslicht erhöhte noch das düstere Aussehen der öden und rauhen Wildniß, die sich nach jeder Richtung hin erstreckte, und selbst die Stille der kleinen, so stark bevölkerten Hütten hatte etwas Unheimliches. Während er diese staunenswerthen Baue und die wundervollen Vorsichtsmaßregeln ihrer scharfsinnigen Bewohner betrachtete, drang sich ihm auf, daß selbst die Thiere in dieser weiten Wildniß einen Instinkt besäßen, der sich beinahe der Vernunft des Menschen vergleichen dürfe, und konnte nicht ohne Bangigkeit an den ungleichen Kampf denken, in den er sich so unbesonnen gestürzt hatte. Dann trat wieder in glühenden Farben Alicens Bild, ihr Unglück, die Gefahr, in der sie schwebte,