»Bildlose« Begegnungen mit dem Mitmenschen
Auswirkungen auf das gemeinsame Leben
Zusätzliche Hilfsmittel: Gedächtnis, Vernunft, Wille
Die Begegnung Josuas mit Nathan in Florida
Die Begegnung Josuas mit dem Vater
Die Begegnung Josuas mit Nathan im Traum
Die Praxis des Gebets der Stille
Der innere Werdegang während der Stille
Loslassen von Gedanken – das Wort aussprechen
Entscheidungen und innere Umwandlung
Einleitung
Wissen Sie, warum Ihr Herz so wichtig für Ihr Leben ist? Und dass es in allem, was Sie tun, beteiligt ist? Es mag liebend oder gleichgültig, zufrieden oder gekränkt, offen oder verschlossen sein, immer stehen wir unter seinem Einfluss! So nimmt das Verlangen unserer Herzen nach Liebe und Anerkennung eine maßgebliche Stellung im Leben ein, und es wirkt unterschwellig in unseren Worten und Handlungen. Ja, wir sind letzten Endes, was wir mit unserem Herzen geworden sind! Alles spiegelt nur seinen Zustand wider.
Dieses Buch handelt von der Rolle und den Fähigkeiten Ihres Herzens und davon, wie Sie dessen Bedürfnissen gerecht werden können. Es lädt Sie ein, sich in den Garten Ihres Lebens und in Ihr Herz zu begeben, um sich darin aufzuhalten und damit vertraut zu werden.
Zusätzlich zu den Texten zum Thema Herz finden Sie im Buch Anregungen zu Übungen sowie Erzählungen, die von einer Person namens Josua handeln. Josua macht eine geistliche Entwicklung durch und begegnet mehrere Male der mysteriösen Gestalt Nathan, die ihm zeitweise wie ein Engel vorkommt. Warum diese fast fiktive Geschichte eines Menschen und seines geistlichen Werdegangs? Nun, die Geschichte Josuas ist nicht fiktiv, denn sie spiegelt viele Begebenheiten und Ereignisse wider, die real stattgefunden haben. Sie zeigt auf, dass wir alle mit Gottes Führungen rechnen dürfen, wenn wir uns von der Sehnsucht nach ihm treiben lassen.
Durch die Berichte von Erlebnissen indischer Christen möchte ich dem Leser zudem einen Einblick in die indische Spiritualität geben, und in die Art, wie Inder mit dem Gebet der Stille umgehen.
Bernard Huber
Die Begegnung Josuas mit dem Fremden
Sommer 1994. Mit seiner Frau Nicole und ihren zwei Kindern verbringt Josua zwei Wochen Ferien in einem gemieteten Haus außerhalb von Siena. Schon seit langem hat er davon geträumt, einmal Urlaub mit seiner Familie in der Toskana zu machen, wo er schon als Jugendlicher öfters mit seinen Eltern gewesen war. Er hatte sich schon damals in die farbigen Sommerlandschaften mit ihren goldgelben Weizenfeldern verliebt, und sie wurden für ihn zum Inbegriff idealer Ferien. Auch gewisse Städte, darunter Siena, wo die Mystikerin Katharina sechs Jahrhunderte früher gelebt hatte, übten schon immer eine Faszination auf ihn aus. Er hat mehrere Bücher über diese Frau gelesen, die ihr Leben schon als Kind Gott weihte. Die Art, wie sie als Frau im Mittelalter ihr kontemplatives Leben mit politischem und karitativem Wirken verknüpfte, fasziniert ihn.
An diesem warmen Nachmittag entschließt sich Josua nun, einmal allein nach Siena zu gehen, um durch die Altstadt zu bummeln, obwohl er es gewohnt ist, während der Ferien alles gemeinsam mit seiner Familie zu unternehmen. Im Geheimen erhofft er sich etwas von diesem Ausflug, ohne genau zu wissen, was. Nicole gönnt ihm diesen, da sie beide doch ständig dabei sind, etwas mit den Kindern zu unternehmen und kaum Zeit für sich selbst finden. »Geh doch, Josh, ich weiß, dass du das brauchst!«, sagt sie liebevoll, bevor er sich in den Wagen setzt und nach Siena fährt.
Dort angekommen, findet er ausnahmsweise sofort einen guten Parkplatz nahe der Altstadt. Mit schnellem Schritt geht er durch die Gassen, bis er das Zentrum erreicht, so, als würde er verspätet zu einer Verabredung eilen. Auf der Piazza del Campo angelangt, nimmt er Platz auf einem Stuhl unter den großen Sonnenschirmen eines Cafés, gegenüber dem Rathaus. Er schaut vergnügt den vorbeiziehenden Touristen zu.
»Endlich kann ich ein wenig zu mir selbst finden!«, denkt er sich. Er setzt gerade die Tasse Kaffee an seine Lippen, als eine sanfte Stimme seine Gedanken unterbricht. »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragt ihn ein großer und schlanker Mann mit weißem Haar, gekleidet in einen hellen Anzug. Er steht lächelnd vor ihm. Josua nickt, obwohl er eigentlich keine Lust hat, sich auf ein Gespräch mit einem Unbekannten einzulassen. Aber die Art des Mannes weckt in ihm im Nu Vertrauen, sodass sie schnell in ein Gespräch verwickelt sind. Er überrascht sich selbst dabei, wie er beginnt, über seine Gottessuche zu reden. Hier ein Auszug aus dem Gespräch.
Der Fremde: »Und wenn du Gott näher kämest, womit, meinst du, könnte er dir dienen?«
Josua: »Er könnte mir sicher helfen, ein besserer Mensch zu werden, oder mindestens, mit Problemen besser umgehen zu können. Um ehrlich zu sein: Ich suche nach mehr Erfüllung im Leben und im Glauben, und bin es satt, Zeit mit Dingen zu vergeuden, von denen ich weiß, dass sie mich nicht weiterbringen.«
Der Fremde: »Aus dem, was du sagst, höre ich heraus, dass du sehr mit dir beschäftigt bist.«
Josua: »Ich gebe zu, mich quält eine gewisse Unruhe. Ich werde stets von Dingen abgelenkt